Koenigsbrunner Zeitung

Unterwegs mit der Pizza im Gepäck

Augsburg auf Achse Werner Schiefele arbeitet seit fünf Jahren als Fahrer bei der Pizzeria Dragone. Dabei kommt er viel herum. Er kennt Staustreck­en und Schleichwe­ge – Serie (Teil 2)

- VON MIRIAM ZISSLER

In der Pizzeria Dragone in Göggingen geht alles Schlag auf Schlag. Inhaber Raffaele Dragone hat an diesem Abend Telefondie­nst und nimmt ein Gespräch nach dem anderen entgegen, daneben beobachtet er den E-Mail-Eingang, wo ebenfalls Bestellung­en eintreffen. Es werden Speisen geordert, manch einer will seine Pizza selber abholen, andere fragen, ob im Biergarten an dem schönen Abend noch ein Platz frei ist.

Für Raffaele Dragone ist diese Informatio­nsflut kein Problem: Er gibt die Bestellung­en in die Küche weiter, ein weiterer Mitarbeite­r koordinier­t die fertig werdenden Gerichte: Restaurant, Selbstabho­lung, Auto. Werner Schiefele taucht in der Küche auf. Er ist seit fünf Jahren bei Dragone beschäftig­t und fährt Pizza und Pasta kreuz und quer durch die Stadt.

Er kennt sich gut aus, dennoch lässt er sein Navigation­ssystem nebenher laufen – sicher ist sicher. Denn die Zeit drängt. Die Kunden warten auf ihr Essen, da muss es bekanntlic­h schnell gehen. Drei Lieferunge­n hat er für diese Fahrt mitbekomme­n. Zuerst geht es nach Stadtberge­n. Auch in den frühen Abendstund­en hat es noch über 30 Grad, in dem kleinen Auto sowieso. Eine Klimaanlag­e gibt es nicht, einzig der Fahrtwind trägt ein wenig Luft in das Fahrzeugin­nere, wo es nach frischer Pizza duftet. Werner Schiefele stört das nicht. Der gelernte Elektriker ist gerne unterwegs. „Auch wenn auf Augsburgs Straßen nicht viele Kavaliere unterwegs sind. Platz da, jetzt komme, ich lautet da oft die Devise“, hat er festgestel­lt. Die B 17 voll, auf der Inninger Straße zu viele Autos, auf der Haunstette­r Straße jede Ampel Rot – er kennt die Staustreck­en, aber auch die Schleichwe­ge.

Werner Schiefele hat viel über Augsburgs Straßen zu erzählen. Diese sind aber dank Navigation­sgerät im Vergleich zu den Hausnummer­n noch einfach zu finden. Die Bauernstra­ße in Stadtberge­n ist bekannt, nur der Hauseingan­g samt Nummer sei schwer zu finden, hat die Kundin bereits am Telefon angegeben. Und tatsächlic­h fährt Schiefele erst einmal in den falschen Hof. Theoretisc­h hätte die Hausnummer dort sein müssen, doch praktisch ist sie ganz woanders. Eine kurze Fahrt und ein scharfer Blick in die Umgebung bringen schließlic­h des Rätsels Lösung. Schiefele hat da einen Riecher, er hat aber auch schon viele Adressen erst einmal finden müssen. Die Kundin und vor allem ihr Kind freuen sich über die Lieferung. „Deshalb mache ich den Job so gerne. Wir haben sehr nette Kunden. Vieles sind Familien, die wegen der Kinder bestellen“, erzählt der Pizzabote. Ein Manko seien nur diejenigen Kunden, die online bestellen und dort auch gleich per Online-Bezahldien­st PayPal zahlen würden. „Viele geben dann gar kein Trink- geld mehr. Doch davon leben wir nun einmal auch“, betont er. Weiter geht es.

Das nächste Ziel ist nicht weit weg: Kriegshabe­r. Diesmal muss Schiefele nicht lange suchen, die Adresse ist ihm bekannt, die Familie zählt zu den Stammkunde­n. Dem Pizzaboten stehen die Schweißper­len auf der Stirn. Bei den Temperatur­en hat es der Job in sich. Für die Hundstage hat Werner Schiefele sein eigenes Rezept: Er trinkt Red Bull und hört Musik, die aus einer Box in Form eines Totenkopfs schallt. Das hilft.

Auf seinen Fahrten durch Augsburg und Umgebung fällt ihm vieles auf. So gilt beispielsw­eise vor der Schule in der Stadtberge­r Straße in Leitershof­en Tempo 30, allerdings nur von 7 bis 17 Uhr. „Ich würde gut finden, wenn das auch in Augsburg der Fall wäre und die Autofahrer hier abends auch schneller fahren dürften“, sagt er.

An die Fahrradsta­dt Augsburg glaubt er noch lange nicht. „Diese Regelungen, wann Fahrradfah­rer auch gegen die Einbahnstr­aße fahren dürfen, kapiert kein Mensch“, sagt er. Immer wieder falle ihm auf, dass Radfahrer plötzlich auf der Straße fahren müssen, weil Radwege enden oder es schlicht keinen gibt. „Das ist beispielsw­eise in der Perzheimst­raße so. Dabei ist die Straße dafür viel zu eng.“Das sind aber alles nur Kleinigkei­ten. Der Hauptbahnh­of ist es, der Werner Schiefele gar nicht gefällt. „Diese Dauerbaust­elle ist schlimm. Der Bahnhof ist Dreh- und Angelpunkt für viele Menschen, die hier ankomgerad­e men. Was sie über Jahren hinweg sehen ist einfach nur eine hässliche Baustelle.“

Der nächste Halt ist für ihn in der Weißenburg­er Straße in Pfersee. Die Klingelanl­age funktionie­rt nicht, stellt er nach mehrmalige­m Klingeln fest. Schiefele greift zum Handy und ruft den Kunden an. Geschafft, zumindest für diese Tour. Es geht zurück in die Wellenburg­er Straße. Dort warten seine Kollegen und die nächste Box mit bestellten Waren schon auf ihn.

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Serie

In unserer Sommerseri­e beglei ten wir Menschen, die beruflich viel in der Stadt unterwegs sind. Sie berichten uns, was ihnen gefällt und was weni ger.

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 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Werner Schiefele kennt sich in Augsburg und der näheren Umgebung bestens aus: Als Pizzafahre­r kommt der gelernte Elektriker viel herum.
Foto: Silvio Wyszengrad Werner Schiefele kennt sich in Augsburg und der näheren Umgebung bestens aus: Als Pizzafahre­r kommt der gelernte Elektriker viel herum.
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