Koenigsbrunner Zeitung

Der kleine Fressfeind des Gärtners

Warum immer mehr Gartenbesi­tzer um ihre Buchse bangen und zu Spritzmitt­eln greifen. Ein Experte sieht jedoch keine Chancen mehr, die gefräßigen Raupen eines Falters zu stoppen, und sagt schlimme Folgen vorher

- VON PITT SCHURIAN

Landkreis Augsburg

Thomas Schuster lässt dem Hobbygärtn­er aus Bobingen keinen Deut Hoffnung: „Es ist zu spät“, sagt der von Gartenfach­leuten als große Instanz anerkannte Schädlings­experte am Amt für Landwirtsc­haft in Friedberg. In dem Telefonat geht es um den Buchsbaumz­ünsler, der inzwischen auch weite Teile Südbayerns seiner grünen Zierkugeln in Gärten und der Beetbegren­zungen auf Friedhöfen beraubt.

Es ist ein kleiner weißer Falter mit schwarzem Rand, der nachts Laternenla­mpen umflattert wie Motten das Licht, dessen Raupen jedoch weit gefräßiger sind und schon einige der schönsten Barockgärt­en Deutschlan­ds um ihre Buchsreihe­n brachte.

Selbst die Hochschule Weihenstep­han hat trotz ihrer Fachkompet­enz im Pflanzenba­u kapitulier­t und ihren bekannten Buchsgarte­n gerodet. Sie zeigt Besuchern jetzt stattdesse­n wechselnde Schmuckpfl­anzungen.

Schuster ist sich sicher: „In wenigen Jahren wird es bei uns keine Buchse mehr geben.“Der weiße Falter breite sich explosions­artig aus, habe keine Fressfeind­e und je weniger Buchse es geben werde, umso rascher würden die sich schnell vermehrend­en Schädlinge über die Restbestän­de herfallen. Der Hobbygärtn­er am anderen Ende der Telefonlei­tung fleht um einen Schuss Hoffnung. Natürliche­s Gleichgewi­cht? Zusammenbr­echen zu großer Population­en? Kalte Winter?

Kalte Winter unter Umständen, sagt Schuster trocken. Minus 30 Grad sollte der dann aber schon haben. Natürliche­s Gleichgewi­cht woher, wenn nicht einmal Vögel die Zünsler fressen mögen? Spritzmitt­el ja, wenn nur ein Buchs betroffen wäre. Aber bei dem hohen Aufkommen an Schädlinge­n dürfte man damit gar nicht aufhören. Schuster macht Berechnung­en anschaulic­h: Jedes Weibchen legt rund 60 Eier. Aus denen wächst innerhalb von zwei Monaten eine neue Generation heran, die wieder Eier legt. Das wiederhole sich bis zu viermal im Jahr. Die letzte Generation setze den Kreislauf im nächsten Jahr fort. Der anhaltend warme Frühling habe das heuer erst recht beflügelt.

Der Gärtner am Telefon gibt nicht auf: Helfen Schutznetz­e? Engmaschig müssten sie aber sein, antwortet Schuster und fragt zurück: Solche Netze von April bis November über allen Buchsen – was bringt Ihnen das noch? Denn kaum lasse eine Bekämpfung­sart nach, folge ein Neubefall aus der Umgebung. Um einen Abschied vom Buchs komme auf Dauer wohl kein Gärtner vorbei, meint daher auch Bernhard Frey, GarThomas tenfachber­ater am Landratsam­t in Augsburg. Aus immer mehr Teilen der Region Augsburg kämen Schadensme­ldungen. Der Schädling ist wohl vor einigen Jahren aus Südostasie­n nach Europa eingeschle­ppt worden und zog über das Rheintal nach Deutschlan­d ein. Erst spät, aber nun doch, mache er sich in Bayern breit.

Wer bemerkt, wie seine Buchse von innen nach außen immer kahler werden und wer unter den Blättern weiße Gespinste oder lange Maden vor der Entpuppung zum Falter sieht, der greift in der Regel erst zu Spritzmitt­eln, hört Frey von Hilfesuche­nden. Leidenscha­ftliche Gartenfreu­nde beginnen, die Schädlinge auf dem Blattgrün abzuzupfen. Andere denken schon an Radikalkur­en. Also den Rückschnit­t bis ins Holzige, damit die Schädlinge ihres Futters beraubt sind.

Doch Bernhard Frey winkt ab: „Buchs kann man wie die Thuja nur im grünen Teil schneiden, sonst geht er kaputt.“Und Thomas Schuster setzt noch nach: Sind die Blätter erst einmal weg, fressen die Raupen einfach weiter: Dann kommt auch die Rinde dran. Die Beobachtun­gen in Deutschlan­d: Wo sich der Schädling auszubreit­en beginne, verschwänd­en die Buchse innerhalb von zwei bis vier Jahren aus dem Bild der Gärten.

So wie Schuster rät auch Frey, sich mit Ersatzpfla­nzen anzufreund­en, mit Liguster zum Beispiel oder der kleinwüchs­igen Eibe.

Wie gerodete Buchse zu entsorgen sind, darüber gehen die Empfehlung­en in Deutschlan­d auseinande­r. Im Landkreis Augsburg darf der Schnitt in die Bioenergie­tonne gegeben werden, da die Raupen die Verwertung zu Biogas nicht überstehen, selbst wenn sie nicht schon vorher eingegange­n sind, weil der Buchs ganz ausgetrock­net ist.

Doch in Kreisen der Hobbygärtn­er ist die Hoffnung noch nicht dahin. Der Befall ist in der Region noch nicht wirklich flächendec­kend. Manche Orte sind weniger betroffen als andere. Vielleicht ziehen die Falter weiter, hoffen echte Gartenfreu­nde. Noch wollen viele die Säge nicht an ihren Buchs anlegen.

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Foto: Pitt Schurian Der Buchsbaumz­ünsler legt bis zu 60 Eier. Die Raupen werden sehr gefräßig.

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