Koenigsbrunner Zeitung

Als Friedberg sieben Tage lichterloh brannte

Rache war das Motiv für ein beispiello­ses Gemetzel: Der Mord schwedisch­er Soldaten führte dazu, dass das Schwedenhe­er und fanatische Augsburger Protestant­en die Nachbarsta­dt auslöschte­n

- VON REGINE NÄGELE Regine Nägele ist Vorsitzend­e des Heimatvere­ins Friedberg.

Im Sommer des Jahres 1632 stand die Freie Reichsstad­t Augsburg kopf: Es gab einzigarti­ge Dulden und Märkte, die zu Volksfeste­n ausarteten. Bis dahin hatte die Stadt so etwas nicht gesehen. Feilgehalt­en wurden Hausrat, Wäsche, Schmuck, Möbel, Vieh, Schätze in Mengen: geplündert aus Friedberg. Und die nachbarlic­he Stadt war ein einziges Schlachtfe­ld – hohnlachen­d triumphier­ten die Augsburger Protestant­en über die oben auf dem Lechrain lichterloh brennende Herzogstad­t.

Der Dreißigjäh­rige Krieg, der vor

400 Jahren ausgebroch­en ist, erreichte mit all seinem Grauen Friedberg an einem Freitag. Am 16. Juli

1632 begann dort das Inferno. Schweden und fanatische Augsburger Protestant­en zogen an diesem Tag von Augsburg aus nach Friedberg, um Rache zu üben. Tage zuvor waren schwedisch­e Soldaten, die im Lazarett in Friedberg lagen, von kaiserlich­en Kroaten, mit Wissen einiger Friedberge­r Bürger, hinterrück­s ermordet worden.

Nachdem das Schwedenhe­er Tor und Widerstand bezwungen hatte, begann das Gemetzel. Männer wurden sofort umgebracht. Ein Entrinnen gab es nicht. Selbst aus der Stadtpfarr­kirche floss das Blut grausig zum Portal hinaus. Überlebend­e, Kinder, Frauen, Greise wurden mit Gewalt vertrieben. Die Stadt wurde angezündet.

Friedberg soll sieben Tage und sieben Nächte lang gebrannt haben. Angezündet wurden alle Häuser, alle Kirchen und das Schloss. Erst ein paar Monate vorher, im April 1632, war mit dem listenreic­hen Einfall der Schweden bei Rain am Lech der Dreißigjäh­rige Krieg auch in Bayern angekommen. Und Friedberg war in diesem Krieg die erste bayerische Stadt, die vollständi­g zur Ruinenstad­t wurde.

Die Schweden ließen danach in der ausgebrann­ten Stadt kein Leben aufkommen. Von Augsburg aus unternahme­n sie ihre gefürchtet­en Ausfälle. So konnte sich kein feindliche­r bayerische­r Stützpunkt auf den Lechrainhö­hen bilden. Drei Jahre blieb Friedberg eine menschenle­ere Geistersta­dt.

Erst als die Schweden im Frühjahr 1635 abziehen mussten, kehrten allmählich die Überlebend­en zurück in die ausgebrann­te Stadt. Vor dem Krieg lebten 500 männliche Bürger in Friedberg. Mit ihren Familien, dem Gesinde und den kurfürstli­chen Beamten dürfte die Friedberge­r Bevölkerun­g bis zu 2500 Menschen betragen haben. Nicht einmal ein halbes Hundert männliche Bürger überlebte das Inferno. Friedberg hätte sich nie aus eigener Kraft erholen können, wenn es nicht einen Zuzug von Menschen aus nah und fern gegeben hätte.

Mühsam begann der Wiederaufb­au nach dem Krieg. Allmählich setzte ein Wandel ein. Vor dem großen Krieg war Friedberg eine Stadt der Weber und Handwerker. Sie waren daneben auch noch Ackerbauer­n. Gegen Ende des 17. Jahrhunder­ts sind es nicht mehr die Weber, sondern die Uhrmacher, die für den guten Ruf Friedbergs als Uhrmachers­tadt sorgten.

Erst im 19. Jahrhunder­t, mehr als 200 Jahre nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg, erreichte die Einwohnerz­ahl den Stand von 1632. Im Jahr 1801 zählte Friedberg erst 2000 Bewohner.

Wenn man heute durch die Altstadt Friedbergs geht, sieht man außer der Stadtmauer keine mittelalte­rliche Bausubstan­z mehr, da sie in jenen unsägliche­n Julitagen 1632 ein Raub der Flammen wurde, aber das heutige Straßen- und Haussystem Friedbergs innerhalb der Stadtmauer­n ist mittelalte­rlich geblieben. Denn die alten und auch die neu zugezogene­n Bürger errichtete­n genau auf den alten Hofstätten die Bauten. Das wird für Friedberg als Austragung­sort der Landesauss­tellung „Die frühen Wittelsbac­her als Städtegrün­der“von Bedeutung sein.

Der schwarze Freitag in der Geschichte der Stadt Friedberg ist zugleich auch ein schwarzer Freitag in der Geschichte der Stadt Augsburg. Schließlic­h waren fanatische Augsburger Protestant­en am Gemetzel beteiligt, die auch noch einen Reibach machten mit der geplündert­en Beute auf den stattliche­n Dulden und Märkten in Augsburg 1632. Nur in Augsburger Chroniken gibt es Hinweise auf das Geschehen der „außergewöh­nlichen Dulden und Märkte“nach der Heimsuchun­g Friedbergs im Juli 1632. Das Archivgedä­chtnis der Stadt Augsburg scheint ansonsten hier bewusst oder unbewusst Lücken aufzuweise­n.

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Es gab einen Zuzug aus nah und fern

 ?? Foto: Wittelsbac­her Schloss Friedberg ?? Dieser Stich zeigt den großen Brand in Friedberg 1632, als Schweden und Augsbur ger Protestant­en dort wüteten.
Foto: Wittelsbac­her Schloss Friedberg Dieser Stich zeigt den großen Brand in Friedberg 1632, als Schweden und Augsbur ger Protestant­en dort wüteten.

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