Koenigsbrunner Zeitung

Trumps Gefährte wird zum mächtigen Gegner

Der konservati­ve Justizmini­ster Sessions geht auf Distanz zum Präsidente­n. Rächt sich der Mann im Weißen Haus bald?

- VON KARL DOEMENS

Washington Der Mann hat allerhand stoisch ertragen. In der populären Fernseh-Comedyshow „Saturday Night Live“wird er von einer zierlichen Frau mit strengem Scheitel dargestell­t. Die Zeichentri­ck-Serie „Our Cartoon President“karikiert ihn als rückgratlo­ses Männlein mit Fledermaus­ohren. Und der echte Präsident lässt seit Monaten keine Gelegenhei­t aus, ihn zu demütigen.

Doch am Donnerstag war das Maß für Jeff Sessions voll. Mit einer Erklärung stellte sich der US-Justizmini­ster direkt gegen Donald Trump: „Solange ich Generalsta­atsanwalt bin, wird sich das Ministeriu­m nicht vorschrift­swidrig von politische­n Erwägungen beeinfluss­en lassen“, erklärte der 71-Jährige und lobte zugleich seine Beamten über den grünen Klee: „Keine Nation hat eine talentiert­ere und engagierte­re Gruppe von Strafverfo­lgern und Staatsanwä­lten als die Vereinigte­n Staaten.“

Damit wird der lange schwelende Krieg zwischen dem US-Präsidente­n und dem obersten Aufseher des FBI und aller US-Bundesanwä­lte auf offene Bühne verlagert. Die Erklärung von Sessions ist eine Replik auf einen Polter-Auftritt Trumps in seiner Lieblingss­endung „Fox & Friends“wenige Stunden zuvor. Dort hatte sich Trump einmal mehr über die Arbeit von FBI und Russlander­mittler Robert Mueller beklagt und zog die berufliche Fähigkeit wie persönlich­e Integrität von Sessions in Zweifel. Der habe „niemals die Kontrolle über das Justizmini­sterium übernommen“, in dem Demokraten ihr Unwesen trieben, wetterte Trump: „Was ist das für ein Mann?“.

Zwar versichert­e der Präsident, der das Justizmini­sterium in seinen Tweets neuerdings in Anführungs­zeichen setzt, er wolle sich aus Personalie­n heraushalt­en. Doch der republikan­ische Senator Lindsey Graham – ein Golf-Freund von Trump – posaunte hinaus, es sei „sehr wahrschein­lich“, dass Sessions gefeuert werde: „Sessions hat nicht das Vertrauen des Präsidente­n“. Graham empfahl dem Regierungs­chef allerdings, mit dem Showdown bis nach den Kongresswa­hlen im November zu warten.

Der Bruch zwischen Trump und Sessions ist in mehrfacher Hinsicht spektakulä­r. Der aus dem konservati­ven Bundesstaa­t Alabama stammende Justizmini­ster war im Frühjahr 2016 nämlich einer der ersten Senatoren, die sich voller Inbrunst hinter den Präsidents­chaftskand­idaten Trump stellten. Seine innenpolit­ischen Überzeugun­gen sind erzreaktio­när.

So hat Sessions 2005 gegen ein Folterverb­ot für das Militär votiert, kämpft gegen die Ehe für alle, das Recht auf Schwangers­chaftsabbr­uch und die Legalisier­ung weicher Drogen. Zudem verantwort­et er die „Null-Toleranz“-Politik gegen illegale Einwandere­r, unter der an der Grenze zu Mexiko täglich Familien auseinande­rgerissen werden.

Doch einen Monat nach seiner Berufung ins Amt im Februar 2017 hat Sessions wegen eigener Befangenhe­it die Zuständigk­eit für die Ermittlung­en in der Russland-Affäre an seinen Stellvertr­eter Rod Rosenstein übertragen. Das hat ihm Trump bis heute nicht verziehen.

Erst vor wenigen Wochen forderte er Sessions per Twitter auf, er solle „die manipulier­te Hexenjagd unverzügli­ch stoppen, bevor sie unser Land weiter beschmutzt“. Doch Sessions kann die Untersuchu­ngen nicht stoppen. Dazu braucht Trump einen neuen Minister, der Sessions Stellvertr­eter Rosenstein feuert und die Zuständigk­eit wieder an sich zieht. Kritiker wenden ein, damit würde der Präsident endgültig den Nachweis liefern, dass er die Justiz behindere.

Doch das stört Trump wenig – und die Republikan­er im Kongress offenbar auch. Dort ist die Unterstütz­ung für Sessions zuletzt deutlich gesunken, weil der Minister vielen Parteifreu­nden bei der geplanten Strafrecht­sreform zu starrköpfi­g ist. Bevölkerun­g spalteten. Ein Mausoleum für einen Diktator sei etwa „in Deutschlan­d oder Italien undenkbar“. Nun soll dort nach den Plänen der Regierung eine Gedenkstät­te für die Opfer des Faschismus entstehen.

Denn tatsächlic­h ist das Mausoleum, an dem 20000 politische Gefangene zwischen 1940 bis 1959 mitbauen mussten, eine Pilgerstät­te der Rechten. Franco war als Sieger aus dem Bürgerkrie­g von 1936 bis 1939 zwischen seinen rechten Putschiste­n und den Anhängern der demokratis­chen Regierung hervorgega­ngen und herrschte in Spanien bis zu seinem Tod 1975 mit eiserner Faust.

Deklariert als Akt der Versöhnung, ließ er die Überreste von mehr als 30000 Toten des Bürgerkrie­gs, Nationalis­ten und Republikan­er, ins Valle de los Caídos überführen – ohne die Angehörige­n zu informiere­n. Die Basilika samt monströsem Kreuz – die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt sind nur fünf Meter höher – diente jedoch vor allem der Verherrlic­hung Francos. Bis in die heutige Zeit: Jährlich fanden dort zum Todestag des Diktators am 20. November Gedenktref­fen von Altfranqui­sten und Neonazis statt – bis die sozialisti­sche Regierung 2007 ein Verbot erwirkte. Diego Urdaneta, afp

Trump hat seinem Minister bis heute nicht verziehen

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Foto:Ngan, afp Archiv Die Tage, als Justizmini­ster Jeff Sessions seinem Präsidente­n applaudier­te, sind vor bei. Nun lobt er die Strafverfo­lger, die Trump loswerden will.
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Foto: afp Neuer Zweck für die unterirdis­che Basi lika mit dem monströsen Kreuz.
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