Bayern will das Buhlen um Lehrer nicht mitmachen
Bundesländer zahlen teilweise deutlich mehr. Kultusminister Sibler geht andere Wege
Augsburg Unter den Bundesländern ist der Wettbewerb um gut ausgebildete Lehrer in vollem Gang. Vor allem Grundschulkräfte fehlen, denn die Schülerzahlen sind über Jahre hinweg deutlich schneller gestiegen, als Politiker es erwartet hatten. Die Länder wollen Lehrer nun vor allem mit Geld und beruflicher Sicherheit locken. Bis auf Berlin sind alle zur lukrativen Verbeamtung zurückgekehrt. In der Hauptstadt, wo zuletzt hunderte Plätze in den Lehrerzimmern leer blieben, bekommen angestellte Grundschullehrer jetzt ein Einstiegsgehalt von 5300 Euro brutto – weit mehr als mancher Arbeitnehmer auf dem Höhepunkt seiner Karriere.
Bayerns Kultusminister Bernd Sibler will nicht mit Geldscheinen wedeln, um Nachwuchskräfte zu gewinnen. Dass bayerische Absolventen jetzt reihenweise in andere Bundesländer abwandern, befürchtet der CSU-Politiker nicht. Ein lediger Grundschullehrer mit Beamtenstatus starte in Bayern mit einem Einstiegsgehalt von 3520 Euro brutto. Generell verdiene ein verbeamteter Lehrer in Bayern durchschnittlich zehn Prozent mehr als in vielen anderen Bundesländern.
Besonders schlimm ist die Situation deutschlandweit an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Nach einer aktuellen Prognose werden allein an den Grundschulen im Freistaat bis
2020 etwa 560 Lehrer fehlen – wegen der Zuwanderung, steigender Schülerzahlen und dem Ausbau des Ganztagsunterrichts. Der Deutsche Lehrerverband schätzt, dass bereits jetzt in der Bundesrepublik 10000 Stellen unbesetzt sind – und weitere
30000 nur notdürftig, etwa mit Quereinsteigern ohne pädagogische Ausbildung.
Volker Kauder, Fraktionschef der Union im Bundestag, warnte, dass „unser Land in Gefahr ist, langsam in einen Bildungsnotstand hineinzulaufen“. Kauder zufolge vergraulen die Bundesländer viele motivierte Kräfte durch Zeitverträge ohne jede Sicherheit. „Es ist nicht akzeptabel, wenn Länder Lehrer nur bis zu den Sommerferien anstellen und sie dann in die Arbeitslosigkeit schicken.“Wer sich so verhalte, dürfe sich nicht wundern, wenn die Lehrkräfte im September nicht mehr bereitstünden.
Auch in Bayern sind fünf Prozent der Lehrer befristet angestellt. Das will der Kultusminister ändern, voraussichtlich zum Schuljahr 2019/20. „Lehrer, die langfristig befristete Verträge hatten und sich bewährt haben, sollen die Möglichkeit einer Verbeamtung bekommen.“Dazu würden bereits Gespräche geführt. Zum Beispiel stehe die Frage im Raum, wie lange die Kandidaten vorher befristet angestellt sein müs- sen. Das ist auch vor dem Hintergrund spannend, dass gerade ein Augsburger Lehrer gegen den Freistaat klagt; er unterrichtet mit dem siebten Jahresvertrag an einer Realschule – ohne jede Planungssicherheit im Leben. Solche Fälle soll es nach Siblers Vorstellungen in Zukunft nicht mehr geben.
Um den Lehrermangel aufzufangen, schafft die Staatsregierung auch 700 neue Studienplätze für das Grundschullehramt – vor allem in Städten, in denen das Bevölkerungswachstum boomt. Für Lehrer steigt damit die Chance, nach dem Referendariat nicht von einer Ecke Bayerns in die andere versetzt zu werden. Denn genau diese Befürchtung schreckt viele Bewerber ab. Sibler: „Wir schaffen die Studienplätze da, wo der Bedarf steigt – in München, Nürnberg oder Augsburg zum Beispiel. Das hilft, Versetzungen in ganz andere Regionen zu vermeiden – auch wenn ich keine Garantie dafür geben kann, dass jeder dortbleiben darf, wo er studiert hat.“
10000 Lehrerstellen sind unbesetzt