Neustart ohne Sami Khedira
Löw verzichtet für die Spiele gegen Frankreich und Peru auf den altgedienten Weltmeister. Dafür nominiert er mit Havertz, Kehrer und Schulz drei Neulinge
München
Joachim Löw hat auf die WM-Blamage von Russland mit der Versetzung von Co-Trainer Thomas Schneider, dem Verzicht auf Ex-Weltmeister Sami Khedira und der Berufung von drei Talenten reagiert. Zudem nominierte der Bundestrainer am Mittwoch für den Saisonauftakt der deutschen Nationalmannschaft am 6. September in München gegen Weltmeister Frankreich und drei Tage später in Sinsheim gegen Peru in Leroy Sané, Jonathan Tah und Nils Petersen die drei Feldspieler, die er kurz vor der WM noch gestrichen hatte. Insgesamt sind beim Neubeginn noch 17 Spieler aus dem WM-Kader dabei. Dazu kommen die Länderspiel- zu normalen Länderspielen sieben Personen weniger im Einsatz sein, wie Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff am Mittwoch in München erklärte. Löw räumte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Vorrunden-K.-o. in Kasan eigene Fehleinschätzungen ein. „Mein allergrößter Fehler war, dass ich geglaubt habe, dass wir mit unserem dominanten Stil durch die Vorrunde kommen. Wenn wir dieses Spiel spielen, müssen alle Rahmenbedingungen stimmen, damit wir dieses hohe Risiko auch tolerieren können. Diese Rahmenbedingungen haben in diesen Spielen bei uns nicht gepasst“, sagte der Bun- destrainer. Bierhoff sieht das Fehlen der richtigen Einstellung als einen Hauptgrund für das historische Scheitern in Russland. Erstmals bei einer WM war ein DFB-Team schon in der Vorrunde gescheitert. „Wir sind selbstgefällig aufgetreten, wir haben die Unterstützung der Fans für zu selbstverständlich gehalten“, sagte Bierhoff.
Mit Blick auf Ilkay Gündogan appellierte Löw an die Fans, den Profi nicht mehr auszupfeifen. „Ich hoffe auf das Verständnis von allen Fans. Er hat unter der Situation sehr gelitten“, sagte Löw und fügte hinzu: „Ilkay hat sich nochmals bekannt zu den deutschen Werten, zur Mannschaft.“Eine Nichtberücksichtigung des Profis von Manchester City sei kein Thema gewesen. „Ich sehe in ihm einen Spieler, der den Durchbruch bei uns schafft“, sagte Löw. Die Tür steht auch weiterhin Rio-Held Mario Götze offen, auch wenn dieser derzeit außen vor ist. „Er ist bei uns nicht abgeschrieben. Er hat ein gutes Alter und man weiß, dass er gute Qualitäten hat“, sagte Löw. Er solle sich in Dortmund mal wieder richtig zeigen, dann werde er mit Sicherheit wieder ein Thema. » Randbemerkung
Das Aufgebot für die Länderspiele gegen Frankreich und Peru:
Tor Neuer (Bayern München), ter Stegen (FC Barcelona)
Abwehr Boateng (Bayern München), Gin ter ( Mönchengladbach), Hummels, Kim mich (beide FC Bayern ), Rüdiger (FC Chel sea), Süle (Bayern München), Tah (Lever kusen), Hector (1. FC Köln), Kehrer (Paris Saint Germain), Schulz (1899 Hoffenheim)
Mittelfeld/Angriff Brandt (Bayer Lever kusen), Draxler (Paris Saint Germain), Gündogan (Manchester City), Kroos (Real Madrid), Sané (Manchester City), Werner (RB Leipzig), Müller (Bayern München), Goretzka (Bayern München), Reus (Borus sia Dortmund), Petersen (SC Freiburg), Ha vertz (Bayer Leverkusen) (dpa) hältnisse sogar schonungslos. So, wie es vor der WM nötig gewesen wäre. Aber was hilft das jetzt? Der Geist einer Mannschaft entsteht nicht auf Podien. Die Personalwechsel an den Rändern sind unbedeutend. Das Vorhaben, den aufgeblasenen Mitarbeiterstab zurückzufahren, könnte der FamilienIdee wieder auf die Beine helfen. Die Spieler näher an die Fans heranzurücken und dem Eindruck der Dauervermarktung entgegenzuwirken wäre zudem hübsch. Einen dringend notwendigen treffsicheren Klose-Nachfolger gibt es dafür aber nicht.
Dass der Ex-Weltmeister mehr Qualität besitzt, als er in Russland gezeigt hat, ist unbestritten. Ohne Hingabe und Leidenschaft ist diese Klasse aber wenig Wert. Es ist die Aufgabe des Bundestrainers, seinen Spielern diesen Geist neu zu vermitteln. Schafft er das in den nächsten beiden Länderspielen nicht, wird es bald die nächste große DFB-Pressekonferenz geben. Dann aber ohne Joachim Löw.
„Wir sind selbstgefällig auf getreten, wir haben die Un terstützung der Fans für zu selbstverständlich gehal ten.“