Warum Wespen nun besonders aggressiv sind
In den Bäckereien auf dem Stadtmarkt lässt sich gerade schwer arbeiten. Verkäuferin „Polly“wurde diese Woche schon sechs Mal gestochen. Wie man sich die Tiere, etwa mit Backpapier, vom Leib halten kann
Die Woche ist noch nicht vorbei und Polly wurde bereits sechs Mal von einer Wespe gestochen. Die Bäckereiverkäuferin auf dem Stadtmarkt nimmt das mit Humor. Der aber lindert die Schmerzen nicht. Im Moment sind die Wespen besonders lästig, sagt Erika Bißle vom Bund Naturschutz. Grund sei, dass sie im Spätsommer die Aufzucht der Maden abgeschlossen haben. „Sie sind jetzt quasi arbeitslos und deshalb frustriert und aggressiver“, sagt die Geschäftsstellenleiterin der Kreisgruppe Augsburg.
Während der Aufzuchtphase hatten sie es auf Wurst und Schinken abgesehen, nun ist Zucker ihr Treibstoff. Bißle empfiehlt, eine Schale mit Zuckerwasser in einiger Entfernung zum Gartentisch aufzustellen, will man in Ruhe dort essen. Dieses Ablenkungsmanöver funktioniere in den Bäckereiständen auf dem Stadtmarkt aber nicht. Zu groß ist hier das Angebot an Gebäck. „Ob wir ruhig stehen bleiben oder mit den Händen wedeln, ist egal. Die Wespen sind gerade sehr aggressiv“, sagt Polly von der Bäckerei Knoll. Für alle Fälle hat sie Arnikatinktur, die sie aus dem Kraut und mit Alkohol ansetzt. „Das nimmt bei einem Stich den Schmerz und lässt ihn nicht anschwellen.“
Was laut Erika Bißle vom Bund Naturschutz auch hilft: Den Stich mit einer Zwiebel einreiben. Um Wespen fernzuhalten, könne man aus braunem Backpapier ein Knäuel formen und aufhängen oder auf einen Tisch legen. „Das sieht aus wie ein Wespennest. Die Wespen denken sich, da sind schon welche und ziehen weiter.“Stadtmarkthändlerin Irena Fritzsche probiert genau das aus. In ihrem Stand „Irenas Stadtmarktspezialitäten“, in dem sie selbst gemachte Kuchen und Marmeladen verkauft, hängen sechs Backpapierkugeln. „Ich habe das Gefühl, dass es an der Verkaufstheke schon besser geworden ist.“Sie empfindet die Wespen in diesem Sommer als schlimm. Seit drei Wochen hat die Händlerin deshalb ihre Marmeladenproduktion eingestellt. „Beim Kochen landeten ständig Wespen in der Marmelade.“Auf den aktuellen Verkauf wirkt sich das nicht aus. Frietzsche hat noch Vorräte. „Nur habe ich einen Stand am Christkindlesmarkt und müsste jetzt schon mit der Produktion anfangen. Aber die Viecher halten mich ab.“
Die „Viecher“mögen derzeit für viele lästig sein, erschlagen darf man sie nicht. Nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Umwelt sind die Gemeine und die Deutsche Wespe vom Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Demnach ist es verboten, sie ohne vernünftigen Grund zu töten. Eine Missachtung könnte teuer werden. Dem Bußgeldkatalog zufolge kostet das Verletzen oder Töten von Wespen in Bayern bis zu 5000 Euro. Die Kreiselwespe, die Kopfhornwespe so- wie Hornissen stehen sogar unter besonderem Schutz. Im Bußgeldkatalog wird angegeben, dass bei diesen Arten bis zu 50 000 Euro fällig sein können.
Gleiches gilt für das Beschädigen der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten. Ein Laie kann die Wespenarten kaum unterscheiden. „Aber nur die Deutsche und die Gemeine Wespe fliegen an menschliche Nahrungsmittel“, sagte unlängst ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Umwelt in einem Interview mit unserer Redaktion.
Damit die Wespen nicht an ihre Kuchen fliegen oder ihre Gäste nerven, hat sich Margherita Messina vom Café Espressuno am Moritzplatz (im Kaufhaus Wöhrl) etwas Besonderes einfallen lassen: Sie hat Insektenfallen aufgestellt. Die gelben Plastikgefäße mit Löchern locken die Wespen an. In Messinas Kuchentheke tummeln sich die schwarz-gelben Tiere seitdem kaum auf Süßigkeiten, sondern in den gelben Behältern. „Abends stelle ich die Gefäße auf die Terrasse und lasse die Wespen wieder frei“, erklärt Messina. Vielleicht wäre das auch eine Option für Bäckereiverkäuferin Polly, auf die die Wespen fliegen. „Vergangenes Jahr hatte ich mal 17 Stiche in einer Woche.“