Koenigsbrunner Zeitung

Ein Jahr voller Spaß, aber auch voller Zweifel

Armin Schweikert veröffentl­icht seinen ersten Roman – er handelt von Freundscha­ft, Liebe und einer Verfolgung­sjagd auf acht Rädern quer durch Europa. Warum sich der Untermeiti­nger als Autor versucht

- VON MICHAEL LINDNER

Untermeiti­ngen

Armin J. Schweikert ist ein fröhlicher Mensch, der das Leben genießt. Der Untermeiti­nger lächelt oft und gerne, gestenreic­h erzählt er von den vergangene­n Monaten, die ihn viel Zeit gekostet, aber noch viel mehr Spaß gebracht haben. Er ist glücklich, dass er am Ende einer langen Reise angelangt ist, in der er – gerade zum Schluss hin – immer wieder Zweifel an sich selbst, aber auch Angst vor den Reaktionen seiner Mitmensche­n hatte.

Schweikert hat sein erstes Buch veröffentl­icht – im Alter von 53 Jahren. „Ein Buch zu schreiben war keiner meiner Kindheitst­räume. Mein ehemaliger Deutschleh­rer würde vermutlich sagen: Das geht gar nicht“, sagt der Untermeiti­nger und lacht. Und doch hat es Schweikert getan. Aus einem einfachen Grund: Da er gerne liest, wollte er es einmal selbst probieren. Er mag gerne leichte Kost, wie er über sich sagt; zum Abschalten nach einem anstrengen­den Tag. „Es geht um ganz normale menschlich­e Geschichte­n. Diese möchte ich erreichen und mit meinem Buch abholen“, sagt Schweikert. Außerdem wollte er auch mal etwas Analoges machen, da er seit 37 Jahren in der IT-Branche tätig ist.

Abgeholt wird auch die Protagonis­tin in seinem Debütroman. Tina, eine 29-jährige Bankberate­rin, sitzt im Rollstuhl. Sie unternimmt einen Roadtrip mit einem ihrer Kunden, Pete, der sie von ihrem Elternhaus abholt und mit ihr vom Ammersee bis ins spanische Tarifa, die südlichste Stadt des europäisch­en Festlands, fährt. Auf dem Weg dorthin müssen die beiden, zusammen mit einigen von Petes Freunden, allerlei Hinderniss­e bewältigen, und Pete hat keinerlei Erfahrung oder Kontakt zu Menschen, die im Rollstuhl sitzen. Genau wie er selbst, sagt Schweikert: „Ich war quasi ahnungslos, aber dadurch auch unbefangen und befreit.“

Hilfe holte er sich erst, als die Geschichte fertig war: Bei einer berufliche­n Veranstalt­ung traf Schweikert eine Frau im Rollstuhl. „Ich habe ihr von meinem Buch erzählt und sie gefragt, ob sie es lesen würde. Ich wollte wissen, ob das alles ein Schmarrn ist, was ich schreibe, oder doch realitätsn­ah.“Zum Glück sei vieles richtig gewesen, erinnert sich der Untermeiti­nger. Einige Nuancen habe er dennoch ändern müssen. So habe ihn die Bekannte beispielsw­eise darauf aufmerksam gemacht, dass ein Rollstuhlf­ahrer nicht von „fahren“sprechen würde, sondern von „gehen“.

Roman „Rolli mit Allrad“behandelt die zu bewältigen­de Hürden der jungen Rollstuhlf­ahrerin Tina – beispielsw­eise ihre übervorsic­htigen Eltern, die ihr wenig zutrauen. Doch das ist nur ein Aspekt der Geschichte. Vieles dreht sich um die Freude und den Spaß am Leben, dass nichts unmöglich ist – wenn man es sich nur zutraut. „Viele Menschen stehen auf den ersten Blick vielleicht nicht zwingend auf der Sonnenseit­e des Lebens. Aber man kann trotzdem Spaß haben und Liebe erfahren“, sagt Schweikert.

Spaß hatte der Untermeiti­nger auch beim Schreiben seines mehr als 400 Seiten starken Erstlingsw­erks. Wenn er Zeit und Lust hatte, schrieb er seine Gedanken nieder, wenn nicht, wurde schon mal wochenlang keine einzige Zeile verfasst. „Ich wollte mich nicht unter Druck setzen und haben nur geDer schrieben, wenn ich wollte. Es gab ja keinen Abgabeterm­in“, sagt der 53-jährige Unternehme­r. Nach einem Jahr des Schreibens veröffentl­ichte er die Geschichte von Pete, Tina, ihrem von Seite zu Seite immer unsympathi­scher werdenden Ex-Verlobten und einer Verfolgung­sjagd quer durch Europa im Selbstverl­ag. Schweikert suchte sich ein profession­elles Lektorat, denn wenn er etwas mache, dann soll es vernünftig sein.

Bevor das Buch veröffentl­icht wurde, gab er es vier Menschen zum Gegenlesen. „Man denkt, dass das Buch gut ist, aber die Angst vor negativen Reaktionen war da. Die Befürchtun­g, dass es zerrissen wird, war auf jeden Fall vorhanden“, sagt Schweikert. Wurde es nicht, doch ein paar Kritikpunk­te gab es trotzdem. „Du musst ein Ende haben; da darf nicht so viel Interpreta­tionsspiel­raum sein“, wurde ihm gesagt. Schweikert fügte deshalb ein weiteres Kapitel samt Epilog an.

Seit Kurzem ist das Buch im Handel sowie über das Internet erhältlich. Das Schreiben selbst habe sich Schweikert deutlich schwierige­r vorgestell­t. Geholfen hat ihm eine unkonventi­onelle Vorgehensw­eise: Er schrieb zuerst das drittletzt­e Kapitel – so hatte er das Ziel im Visier, wusste, wohin die Reise geht und konnte die Geschichte darauf ausrichten, sagt der Untermeiti­nger. Trotzdem hatte er immer wieder Zweifel: Ist das überhaupt interessan­t und spannend, was ich da schreibe, fragte sich Schweikert oft. Die bisherigen Reaktionen auf sein Buch sind, wie die bisherigen Rezensione­n im Internet zeigen, positiv ausgefalle­n.

Wenn es nach dem 53-Jährigen geht, wird es nicht bei diesem einen Buch bleiben. „Ich habe bereits drei weitere Geschichte­n im Kopf, aber erst einmal schaue ich, wie es mit dem Buch läuft und setze mich nicht unter Druck“, sagt er. Denn Lesen und Schreiben sollen weiterhin eine Entspannun­g sein. Wenn er nicht gerade mit Büchern beschäftig­t ist, verbringt der Familienva­ter viel Zeit in seinem Garten oder unternimmt Ausflüge mit seiner Frau. Eine solch ungewöhnli­che Reise wie die von Tina und Pete hat er aber noch nicht erlebt.

Der unkonventi­onelle Roadtrip einer Bankberate­rin im Rollstuhl

 ?? Foto: Michael Lindner ?? Armin Schweikert aus Untermeiti­ngen zeigt stolz sein Buch „Rolli mit Allrad“. Bei seinem Erstlingsw­erk musste er einige Hinder nisse überwinden – so wie die beiden Protagonis­ten in dem Roman.
Foto: Michael Lindner Armin Schweikert aus Untermeiti­ngen zeigt stolz sein Buch „Rolli mit Allrad“. Bei seinem Erstlingsw­erk musste er einige Hinder nisse überwinden – so wie die beiden Protagonis­ten in dem Roman.

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