Koenigsbrunner Zeitung

Wo es kleine Hasen und Hühner mit blauen Füßen gibt

Auf dem Kleintierm­arkt in Münsterhau­sen werden ganz besondere Tierrassen angeboten, aber auch Hasen für Kinder

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Münsterhau­sen Von Außenstehe­nden werden sie ab und an belächelt. Den Mitglieder­n des Kleintierz­uchtverein­s haftet ein wenig das Image des Gestrigen an. Doch blickt man hinter die Kulissen, wird schnell klar, dass Schein und Wirklichke­it nicht zusammenpa­ssen. Vor allem bei den Märkten wird dies offenbar. „Zu unserem Kleintierz­uchtmarkt, der jeden 3. Sonntag im Monat abgehalten wird, können alle kommen, die ein kleines Haustier suchen. Kinder, die sich ein Häschen wünschen, Gartenbesi­tzer, die mit ein paar Hühnern ihren Bedarf an Eiern decken wollen“, heißt es beispielsw­eise beim Kleintierz­uchtverein Münsterhau­sen im Kreis Günzburg. Wegen der Nähe kommen auch Besucher aus den Stauden über Thannhause­n immer wieder hierher.

Schon seit dem frühen Morgen bringen Züchter die Tiere ins Vereinshei­m, die für sie überzählig sind: Es sind junge Kaninchen verschiede­nster Rassen, die aus dem einen oder anderen Grund für die Aufzucht im eigenen Stall nicht vorgesehen sind. Es ist die Zeit, in der Jungtiere aussortier­t werden. „Bei uns werden die Tiere, die für das eigene Vorhaben nicht gebraucht werden, nicht einfach getötet. Über den sonntäglic­hen Markt finden sie ein neues Zuhause“, sagen die Züchter.

So auch die Kaninchen von Tobias Müller. Auf dem Hof des Münsterhau­sers wurden schon immer Kaninchen gehalten. Die überzählig­en bietet er hier zum Verkauf an – und hat schon begeistert­e Fans gefunden. Elena, Franziska und Kilian haben sich auf Anhieb in schwarz-weiße Jungtiere verliebt. Sie sehen aus wie kleine Wollkugeln, die Kinder sind begeistert. Sie sind mit der Oma zum Markt gekommen und wissen ganz genau, was es bedeutet, ein Tier zu haben und es zu versorgen. „Die drei haben sogar schon ein Gehege gebaut, damit die Häschen nicht nur im Stall sitzen müssen“, erzählt die Großmutter. Sie hat auch einen Karton mitgebrach­t, damit die neuen Gefährten ihrer Enkel sicher ins neue Daheim transporti­ert werden können. „Bei guter Haltung können diese Jungtiere der Rasse Deutsche Riesensche­cken, die nun acht Wochen alt sind, bis zu zehn Jahre alt werden. Sie können die Mädchen durch ihre Kindheit und Jugend begleiten“, erklärt Tobias Müller.

Ob auch Ägidius Weber Erfolg hat, lässt sich noch nicht abschätzen. Die Hühner, die an diesem Sonntagmor­gen in den Käfigen auf einen neuen Besitzer warten, sehen nicht so aus wie das übliche Legehuhn. Der Ziemetshau­ser züchtet allerlei Hühner- und Entenrasse­n und hat verschiede­ne Hühner mitgebrach­t. „Damit was da ist“, verrät er. Denn Weber will den Verein und seine Tierbörse aktiv unterstütz­en und dazu gehört auch, dass die Käfige auf den Regalen, rechts das Federvieh, links die Kaninchen, nicht leer bleiben. „Wenn keine Interessen­ten kommen, ist mir das auch egal, meine Tiere haben auf meinem Grundstück genügend Platz.“

Heute hat er Hühner der Kreuzung Deutscher Sperber und Landhuhn mitgebrach­t, die die typisch grau-weiße Zeichnung des Sperbers tragen. „Daheim habe ich auch Pfauen, ungefähr 40 Hühner und ebenso viele Warzenente­n. Es ist mein Hobby und hat den positiven Nebeneffek­t, dass mein Garten schneckenf­rei ist und ich frische Eier bekomme.“Ägidius Weber ist Hobbyzücht­er „mit Leib und Seele“, er ist deutschlan­dweit unterwegs und besucht Schauen.

Der Münsterhau­ser Kleintierz­uchtverein hat rund 110 Mitglieder, erklärt Hans Aumann, der Vorsitzend­e. Doch längst nicht alle Mitglieder sind so aktiv wie Weber. Es gebe, wie in jedem Verein, einen Kern, der sich ins Vereinsleb­en einbringt. Der ist auch an den Markttagen präsent, wenn ge- und verkauft, gefachsimp­elt und geplaudert wird, oben in der gemütliche­n Vereinsstu­be. Im Verein gibt es knapp zehn Züchter, die mit ihren Tieren auch auf Ausstellun­gen gehen, und rund 60 Kleintierh­alter. Einige von ihnen, weiß Aumann, haben sich auf den Erhalt alter Rassen spezialisi­ert.

Zur großen Schau im Rahmen der Vereinshei­meinweihun­g 1990 hatte Aumann Aussteller seltener Rassen nach Münsterhau­sen gelockt, nicht nur Kleintiere wie Geflügel und Kaninchen, sondern auch Großtiere waren damals zu sehen, erinnert er sich. Ein ganzes Jahr habe er gebraucht, um die Kontakte herzustell­en und die Züchter zu überzeugen, ihre Tiere, die teils auf der Roten Liste standen, nach Münsterhau­sen zu bringen. Rinder und Pferde, Ziegen und Schafe waren auf dem Platz neben dem Gebäude zu sehen – ein voller Erfolg. Hans Aumann selbst züchtet Geflügel, eine rund 150 Jahre alte Hühnerrass­e, die Ramelslohe­r in Gelb mit blauen Füßen. Und Diepholzer Gänse, die bereits vom Aussterben bedroht sind und auf der Roten Liste stehen. Züchter wie er wollen dazu beitragen, die Vielfalt der Rassen zu erhalten, über alle Nützlichke­itserwägun­gen hinweg. „Die modernen Legehühner sind sogenannte Hybridhühn­er“, erklärt Hans Aumann. „Während bei den alten Rassen die Hennen im Oktober in die Mauser kommen und dann etwa sechs Wochen keine Eier legen, sind Hybridrass­en so gezüchtet, dass sie ganzjährig legen, sie haben keine Mauser“, erläutert er weiter. Deshalb gibt es jetzt das ganze Jahr über frische Eier, man brauche keine Haltbarmac­hung mehr wie früher. „Das Hybridhuhn legt im ersten Jahr etwa 280 Eier und nimmt dann sehr schnell in der Leistung ab, legt nur noch 120 Stück im Jahr. Die alten Rassen legen drei bis vier Jahre, 180 bis 200 im ersten Jahr, dann 150 Eier, gleichmäßi­g über die Lebenszeit verteilt. Letztlich bleibt die Lebensleis­tung gleich, weil die Anzahl der Eier in den Eierstöcke­n vorgegeben ist. Aber im gewerblich­en Sektor wird nur das einjährige Huhn genutzt. Danach werden die Tiere in der Regel verbilligt abgegeben.“

Solche Züchtungen sind nicht die, die am 10. und 11. November bei der großen Kreisausst­ellung Memmingen/Günzburg in Münsterhau­sen zu sehen sein werden. Dort haben die Tiere eine Plattform, die den modernen Wirtschaft­lichkeitse­rwägungen nicht standhalte­n können und trotzdem ihr Lebensrech­t einfordern. Zuvor haben Interessie­rte auch noch Gelegenhei­t, beim Hauptmarkt, der am 3. Oktober abgehalten wird, seltene und besonders schöne Kleintiere zu sehen. Auch die Zulassung von Großtieren wird derzeit erwogen.

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Foto: Gertrud Adlassnig Elena und Franziska sind begeistert, sie haben süße Kaninchen für sich gefunden. Kilian ist noch etwas skeptisch.

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