Koenigsbrunner Zeitung

Einpacken wie ein Weltmeiste­r

Ex-Fußballnat­ionalspiel­er Paul Breitner ist einer von vielen Ehrenamtli­chen, die bei Amazon in Graben im Namen der Tafel Schulrucks­äcke für bedürftige Kinder packen. Was den Ex-Fußballsta­r dabei antreibt

- VON UWE BOLTEN

Graben In 80 großen Pappkarton­s warten 2000 Schulrucks­äcke darauf, mit Trinkflach­en, Brotboxen, Schreibwar­en und Etuis gepackt zu werden. In einer großen Halle des Amazon-Stützpunkt­es führt Jochen Stepczynsk­i, stellvertr­etender Standortle­iter in Graben, die freiwillig­en Helfer zu ihren Packstatio­nen. Die Aktion wird in Zusammenar­beit mit dem Sozialrefe­rat der Stadt München sowie Tafeln aus München und Augsburg sowie freiwillig­en Helfern aus dem Unternehme­n durchgefüh­rt. Unter ihnen ist ein ehemaliger Fußball-Weltstar.

Paul Breitner, der sich zusammen mit seiner Ehefrau Hildegard bei der Münchner Tafel engagiert, nimmt seinen Einsatz sehr ernst. Während an anderen Packstelle­n mal geplaudert und gescherzt wird, arbeitet Breitner in seinem Bereich konzentrie­rt. „Ich bin durch meine Frau zur Tafel gekommen. Während ich mich anfangs eher unregelmäß­ig eingebrach­t habe, mach ich es nun seit Jahren regelmäßig wie viele Ehrenamtli­che auch“, sagt der Fußballwel­tmeister von 1972 im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Die sogenannte Schere zwischen Arm und Reich zeigt sich besonders in der Großstadt wie München. Während man sich auf dem Land noch im Kreis der Familie und Bekannten unterstütz­en kann, funktionie­rt das in der Stadt nicht. Die Distanz der Reichen zu den Bedürftige­n wird immer extremer. So betreuen wir etwa 22 000 Menschen in München“, berichtet Breitner. Als eine der Ursachen der Bedürftigk­eit, gerade bei den älteren Bürgern, sieht Paul Breitner in der verfehlten Sozialpoli­tik der 70er-Jahre. „Die Notwendigk­eit sozialer Organisati­onen, wie beispielsw­eise die Tafelbeweg­ung, ergibt sich aus meiner Sicht durch fehlende Visionen bei der Veränderun­g in der Altersstru­ktur und der damit verbundene­n sicheren Altersvers­orgung. Ich werde zornig beim Satz: Die Renten sind sicher. Da war keine Rede von der Höhe der Rente“, sagt er.

„Wir führen im Rahmen von Amazon gemeinsam häufiger solche Aktionen durch, die jedoch nicht alle kommunizie­rt werden“, berichtet Pressespre­cher Ole Wulff. Wenn eine Weile nichts durchgefüh­rt werde, meldeten sich schon die Mitarbeite­r, wann es wieder losginge, lobte Wulff die Bereitscha­ft zur Hilfe in Belegschaf­t. „Wir sind dankbar für die Unterstütz­ung durch Amazon und auch der Familie Breitner“, sagt Hannelore Kiethe, Mitbegründ­erin und Vorsitzend­e der Münchener Tafel, die ebenfalls ins Lechfeld gekommen ist. „Ihr Engagement als prominente Persönlich­keiten machen sie zum glaubhafte­n Botschafte­r der Tafelbeweg­ung“, fügt Kiethe hinzu.

Fritz Schmidt, Vorsitzend­er der Tafel Augsburg, schwitzt. Zusammen mit anderen Helfern befördert er gepackte Schulrucks­äcke in große leere Kartons. „Ein Kubikmeter“ist auf der Seite der Behältniss­e zu lesen. Wenig später bugsiert ein Stapler zwei dieser Kartons in das Fahrzeug der Augsburger Tafel. „Wir haben in unserem Bereich etwa 150 Kinder der sechsten und siebten Klassen in bedürftige­n Familien. Somit kommen die von Amazon geder stifteten Schulrucks­äcke zum Schulbegin­n gerade recht“, sagt Schmidt und tüftelt mit einem Kollegen an der besten Position im Transportf­ahrzeug, welches für die sperrige Last nicht geeignet erscheint. Letztendli­ch gelingt es, und der Verteilung der Spenden an den Ausgabeste­llen der Tafel, ebenfalls unter Mitwirkung von Freiwillig­en, auch aus Reihen der Amazon-Mitarbeite­r, steht nichts mehr im Wege.

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Foto: Uwe Bolten Paul Breitner und Hannelore Kiethe, die Vorsitzend­e der Münchner Tafel, arbeiten im Team.

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