Koenigsbrunner Zeitung

Welche Gefahr geht von giftigen Ködern aus?

Dem Tierschutz­verein werden sehr häufig mutmaßlich­e Anschläge auf Tiere gemeldet. Dort hält man die Lage für problemati­sch. Warum es keine belastbare­n Zahlen gibt und weshalb die Verfolgung der Täter schwierig ist

- VON EVA MARIA KNAB

Fall eins: Eine Frau geht mit ihrem Hund im Augsburger Stadtteil Lechhausen spazieren und findet einen gefährlich­en Köder im Gebüsch – eine Wurst, die mit Tackernade­ln präpariert ist. Fall zwei: Im Augsburger Umland frisst ein Hund im Garten ein Fleischstü­ck, das mit Schneckenk­orn vergiftet ist. Ein Unbekannte­r hat es offenbar ins Grundstück geworfen. Beide Fälle haben sich innerhalb von wenigen Tagen ereignet. Blickt man auf die vergangene­n Monate zurück, ließe sich die Liste solcher Attacken in der Region weiter fortsetzen. Viele Hundehalte­r sind in großer Sorge. Aber wie groß ist das Problem wirklich?

Harte Fakten zu Giftanschl­ägen auf Haustiere gibt es wenige. Aber es gibt Einschätzu­ngen von Fachleuten. Beim Augsburger Tierschutz­verein hält man die Lage mittlerwei­le für problemati­sch. Dort gibt es zu Giftködern zwar keine Statistik. Mitarbeite­r schätzen aber, dass jährlich an die 100 Mitteilung­en von Tierhalter­n eingehen, die einen Verdacht auf präpariert­e Köder oder nachgewies­ene Fälle melden. Geschäftsf­ührerin Sabina Gaßner spricht von einem „absoluten Problem“. Denn sie geht davon aus, dass die Dunkelziff­er noch größer ist. Längst nicht alle betroffene­n Besitzer von Hunden und Katzen würden sich beim Tierheim melden.

Belastbare Zahlen für die Stadt und Region Augsburg gibt es bislang nicht – auch nicht beim Polizeiprä­sidium Schwaben Nord. Dort werden präpariert­e Lockmittel für Tiere in der elektronis­chen Datenerfas­sung nicht eigens verschlagw­ortet. „Eine Auswertung im Sinne einer polizeilic­hen Kriminalst­atistik ist zu diesen Vorgängen deshalb nicht möglich“, teilt Stefan Faller von der Pressestel­le mit. Auch die Frage, ob solche Vorfälle zunehmen, könne damit nicht beantworte­t werden.

Polizeimel­dungen über Anschläge mit Lockmittel­n auf Hunde gibt es allerdings immer wieder. Anfang Juli fraß eine Hündin in Gersthofen einen Köder mit Rattengift und musste vom Tierarzt gerettet werden – und das zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten. Ende Juni entdeckte eine Hundehalte­rin in Meitingen ein Stück Wurst mit abgebroche­nen Teppichmes­ser in ihrem Garten. Im März starb ein Hund in Sielenbach an einem unbekannte­n Gift.

Der neueste Fall in der Lechhausen­er Fraunhofer­straße ging gerade noch gut aus. Die Besitzerin des Hundes konnte ihm die Wurst mit Tackernade­ln rechtzeiti­g aus dem Maul nehmen. Und Tierärztin Dr. Antje Steinke von AniCura Kleintiers­pezialiste­n Augsburg erzählt, dass auch der mit Schneckenk­orn vergiftete Hund aus dem Umland noch gerettet werden konnte. „In der Regel kann man helfen, wenn der Besitzer schnell kommt“, sagt sie. Der Therapieer­folg hänge aber vor allem davon ab, wie stark das Gift ist und wie lange es schon im Körper des Tieres ist.

In der Augsburger Kleintierp­raxis gab es in diesem Jahr bislang rund 40 Fälle, die auf eine Vergiftung hindeuten – vor allem bei Hunden und Katzen. Sicher nachweisen lässt sich ein solcher Verdacht aber nicht immer. Denn häufig zeigen vergiftete Tiere unspezifis­che Symptome wie Durchfall, Erbrechen oder Apathie. Genaue Analysen sind teuer und werden von Tierbesitz­ern nicht immer veranlasst. Veterinäri­n Steinke verweist auch darauf, dass es nicht immer präpariert­e Köder sein müssen, wenn sich Hunde oder andere Haustiere vergiften. Die Tiere fressen mitunter auch schädliche Pflanzen in ihrer Umgebung. Mit Kunstdünge­r könne es ebenfalls Probleme geben, wenn Hunde daran lecken.

Was treibt Menschen dazu, Haustiere mit tödlichen Lockmittel­n zu schaden? Beim Tierschutz­verein hat man Vermutunge­n. Gaßner verweist darauf, dass es immer mehr Hunde und Katzen in den Haushalten gibt. Nach den neuesten Zahlen der Stadt sind in Augsburg über 8500 Hunde gemeldet – rund 350 mehr als noch vor sechs Jahren. Enteinem sprechend gebe es auch viele Beschwerde­n über Haustiere, sagt Gaßner. Die häufigsten Klagen gebe es wegen Lärmbeläst­igung, Tierkot oder schlechter Tierhaltun­g. Bei Katzen würden sich viele Nachbarn darüber ärgern, dass sie Vögel fangen. Die Geschäftsf­ührerin des Tierschutz­vereins sagt aber auch: „Heimtückis­ch präpariert­e Köder auszulegen, ist keine Art, Konflikte zu lösen.“Bei Problemen müsse miteinande­r geredet und gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden, auch wenn das nicht immer einfach sei.

Die Täter, die hinter Giftanschl­ägen auf Tiere stecken, sind in der Regel nicht leicht zu finden. Die Verfolgung dieser Taten sei der Polizei aber ein großes Anliegen, sagt Polizeikom­missar Stefan Faller. Und er sagt auch, warum: Von Giftködern gehe nicht nur eine Gefahr für Tiere jeglicher Art aus, sondern auch für Menschen und besonders

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