Koenigsbrunner Zeitung

Eine Nacht für die Demokratie

Rund 800 Besucher erleben Politik zum Anfassen und Mitmachen – und hören, wie es ist, wenn man seine Meinung nicht sagen darf

- VON CAROLIN STEINKE

Politik und Demokratie klingen nach theoretisc­hen und abstrakten Begriffen. Die Theatergru­ppe Deschawüh ändert das. Die Schauspiel­er lassen die Zuschauer während der Langen Nacht der Demokratie in der Stadtbüche­rei entscheide­n, wie sich das Stück entwickelt. Thematisie­rt werden alltäglich­e mehr oder weniger demokratis­che Entscheidu­ngen. So beschließt zum Beispiel die Mutter, ihrem Sohn den Fußball zu entreißen, weil sie lieber selbst spielen möchte. Die Zuschauer reagieren amüsiert und auch etwas ratlos, wurde das Kind doch augenschei­nlich ungerecht – und wenig demokratis­ch – behandelt.

Dieses Impro-Theater ist eine von vielen Aktionen am Samstagabe­nd. Der Andrang vor der Stadtbüche­rei ist groß. Viele Menschen kommen zur Langen Nacht der Demokratie in Augsburg. Es waren rund 800, sagen die Veranstalt­er rund um den Bezirksjug­endring später und freuen sich, dass so viele junge Frauen und Männer neugierig waren.

Die 22-jährige Franziska Armbruster ist eine von ihnen. Aus ihrer Sicht gibt es ein Problem: „Die Politik macht nicht genügend dafür, dass sich junge Leute engagieren. So ein Abend wie heute kann aber schon helfen.“Es gibt eine Mischung aus Workshops, Vorträgen und Diskussion­en. All diese Aktionen stehen ganz im Zeichen der Demokratie, die es zurzeit nicht so leicht hat in Deutschlan­d. Sie ist kein Selbstläuf­er: „Demokratie ist wie eine Partnersch­aft – man muss sie pflegen“, sagt Jürgen Reichert, Bezirkstag­spräsident und Schirmherr. Dass die Spielregel­n der Demokratie schon früh erlernt und gefördert werden müssen, sagt Oberbürger­meister Kurt Gribl: „Demokratie muss innerhalb der Familie stattfinde­n, im Kindergart­en und auch in der Schule, zum Beispiel bei Klassenspr­echerwahle­n.“Demokratie und Kommunikat­ion hängen zusammen, das erkennt man auch beim Workshop des Taubenschl­ags: Dort werden strittige Themen, wie etwa die Idee einer Bargeldabs­chaffung disku- tiert. „Demokratie lebt von der Diskussion und die Kompetenz dafür kann erlernt werden“, sind sich die Workshople­iter sicher. Doch was geschieht, wenn man gar keine Chance dazu hat?

Martina Tichov, 38, diskutiert mit dem chinesisch­en Menschenre­chtsaktivi­sten Dejun Liu. Dieser berichtet, wie es ist, wenn Meinungsun­d Pressefrei­heit auf brutale Weise eingeschrä­nkt werden. Umso wichtiger sei es für Deutsche, demokratis­che Rechte und Pflichten ernst zu nehmen. Wie das laufen kann, zeigen Tim Novak und Markus Friesenegg­er vom Kreisjugen­dring Augsburg. In einem Bus werden Jugendlich­e gefilmt, die Fragen an Augsburger Landtagsab­geordnete stellen. Diese antworten ebenfalls per Videobotsc­haft. Der Gedanke dahinter: Die Jugendlich­en sollen merken, dass auch ihre Fragen und Probleme ernst genommen werden – auf einem für sie populären Wert.

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Foto: Carolin Steinke Beim Improvisat­ionstheate­r durften die Besucher mitwirken.
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F. Armbruster

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