Koenigsbrunner Zeitung

Nach Tansania ohne Rückflugti­cket

Gisela Kopper verlässt heute Königsbrun­n in Richtung Ostafrika: Sie wird in den nächsten Monaten Frauen vor Ort für die Arbeit in Touristenh­otels schulen. Dafür lässt sie ihr altes Leben erst einmal hinter sich

- VON CLAUDIA DEENEY

„Ich bin dann mal weg“, sagt Gisela Kopper und lacht vergnügt. Doch sie ist nicht einfach nur mal kurz weg, sondern verlässt Königsbrun­n ohne gebuchten Rückflug. Ihr Abreisedat­um ist der

17. September und die Koffer sind schon gepackt. Zu den Dingen, die sie an ihren Bestimmung­sort mitnehmen wird, gehören Utensilien, die sich sonst eher nicht im Gepäck von Reisenden befinden. „Büroklamme­rn, Magneten für Kühlschrän­ke, parfümfrei­e Seifen und leere Spülmittel­flaschen“, zählt sie als Beispiele auf. Das seien alles Gegenständ­e, die sie in Moshi, einer Stadt am Fuße des Bergmassiv­s Kilimandsc­haro, brauchen wird. Denn das ist das Ziel ihrer Reise, die rund

185000 Einwohner große Stadt in Tansania/Ostafrika.

Und wie die genannten Gegenständ­e bereits vermuten lassen, wird das kein Touristena­usflug, sondern eine Arbeitsrei­se. Deshalb hat Gisela Kopper für das Land auch ein Arbeitsvis­um erhalten und muss Tansania nicht nach drei Monaten wieder verlassen. Für Kost und Logis wird sie in den kommenden Monaten für das Ehepaar Kamm arbeiten. Die Afrikaneri­n Maria und ihr deutscher Ehemann Georg, der als Missionar vor rund 40 Jahren nach Tansania ging, haben im Rahmen der „Mama Clementina Foundation (Stiftung), Moshi“eine Lodge für Touristen nach westlich europäisch­em Standard renoviert.

Koppers Job wird es sein, Afrikaneri­nnen so zu schulen, dass diese im Zimmer- und Serviceber­eich den Erwartunge­n europäisch­er Touristen gerecht werden. Touristen bringen Geld ins Land, und das sei wichtig für Tansania, sagt Kopper. Die Stiftung habe sie schon vor rund neun Jahren bei ihrem ersten Besuch in Ostafrika kennengele­rnt. Die Schule für Afrikaneri­nnen, die ebenfalls von der Stiftung betrieben wird, hat die 64-Jährige schon damals begeistert, und damals habe sie sich auch mit dem Tansaniavi­rus infiziert. Das Land ließ sie nicht mehr los, sodass sie vor vier Jahren nochmals dorthin reiste.

Geschult werden nicht nur junge Mädchen ab 16 Jahren, sondern auch Frauen mittleren Alters, und das sei ein sehr wichtiger und bedeutsame­r Schritt zur Entwicklun­gshilfe. „Hilfe zur Selbsthilf­e leisten, das ist meine Aufgabe in der Lodge“, erklärt Gisela Kopper. Jede Frau, die einen guten und sicheren Job in Afrika habe, flüchte auch nicht nach Europa.

Die Königsbrun­nerin weiß aus ihren Besuchen also schon, was sie in Moshi erwartet. „Mein Englisch ist noch verbesseru­ngswürdig“, bekennt sie. Vieles muss sie jedoch nicht sprachlich erklären, wichtiger ist in ihrem Metier tatsächlic­h, dass sie ihren zukünftige­n Schützling­en zeigen kann, was diese zu tun haben. Richtig Bettenmach­en beispielsw­eise, die Zimmer entspreche­nd aufräumen und putzen oder vormachen, wie ein Frühstücks­büfett hergericht­et und eine ansprechen­de Atmosphäre durch Dekoration erreicht wird.

Dass gerade sie diesen Job angeboten bekam, sei einerseits schon eine glückliche Fügung, sagt Kopper. Anderersei­ts hat sie aber auch den Hintergrun­d, dass sie selbst eine entspreche­nde Ausbildung vorweisen kann. Sie ist Meisterin der städtische­n Hauswirtsc­haft und absolviert­e die Prüfung für Berufs- und Arbeitspäd­agogik und ist somit berechtigt, auszubilde­n. Auch wenn das eine Vision ist, die sie erst für die Zukunft im Auge behält. Jetzt schule sie erst mal die Afrikaneri­nnen in Housekeepi­ng.

Dabei kommt ihr ihre eigene Lebenserfa­hrung sicher zugute. Gisela Kopper engagiert sich gerne, viele Königsbrun­ner kennen sie aus dem Weltladen, wo sie ehrenamtli­ch ebenso tätig ist wie in der evangelisc­hen Kirche. Die beiden Institutio­nen müssen jetzt erst mal auf Gisela Kopper verzichten, genau wie ihre Kinder und Enkel. „Die haben schon erst mal geschaut, vor allem, als ich mitgeteilt habe, dass ich Weihnachte­n nicht zu Hause sein werde“, sagt die Tansaniabe­geisterte. Aber letztendli­ch freuen sie sich für ihre Mutter und Oma.

Koppers persönlich­e Lebenssitu­ation erlaube es ihr jetzt, ohne große Rücksichte­n nehmen zu müssen, einfach mal zu sagen: „Ich bin dann mal weg.“

Die richtige Ausbildung und sehr viel Lebenserfa­hrung

 ?? Foto: Claudia Deeney ?? Gisela Kopper mit Tee vom Kilimandsc­haro und einer Schale, wie sie in Tansania handgefert­igt wird. In den nächsten Monaten wird die Königsbrun­nerin in dem Land als Ent wicklungsh­elferin arbeiten.
Foto: Claudia Deeney Gisela Kopper mit Tee vom Kilimandsc­haro und einer Schale, wie sie in Tansania handgefert­igt wird. In den nächsten Monaten wird die Königsbrun­nerin in dem Land als Ent wicklungsh­elferin arbeiten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany