Wetterforscher: Bahn hält bei Sturm zu wenig aus
Klaus Hager aus Neusäß ärgert sich über Verspätungen. Seine Theorie: Nicht das Wetter ist schuld, sondern das Staatsunternehmen. Jetzt sei die Kanzlerin am Zug
Landkreis Augsburg
Der erste Herbststurm des Jahres hat in Bayern große Schäden angerichtet. „Fabienne“legte vor allem den Bahnverkehr lahm: Weil Bäume in Gleise fielen oder Äste in Oberleitungen krachten, wurden zahlreiche Strecken gesperrt. Der Neusässer Meteorologe Klaus Hager sieht sich jetzt bestätigt: Die Bahn durchforstet seiner Meinung nach zu wenig entlang der Gleise. Deshalb komme es immer wieder zu Ausfällen und Verspätungen – eine Situation, die Hager bitter aufstößt. Er sagt: „Das ist eine verkehrspolitische Schande.“Er hat deshalb einen Brief an die Bundeskanzlerin geschrieben.
Der frühere Leiter der Geophysikalischen Beratungsstelle des Jagdbombergeschwaders 32 auf dem Lechfeld, der auch Mitglied mehrerer meteorologischer Gesellschaften ist, bittet Angela Merkel, das „Dilemma bei der Bahn“zur Chefsache zu machen. Als eine der führenden Industrienationen könne sich Deutschland den Ärger nicht leisten. Den hatte er vor einigen Tagen selbst – wieder einmal.
Hager war auf dem Weg zu einem Meteorologen-Treffen in Euskirchen bei Bonn. Um pünktlich zu sein, nahm er extra einen Zug früher. Sicher ist sicher – doch denkste: Der Zug hatte am Frankfurter Flughafen schon 105 Minuten Verspätung. Hager brach die Reise ab und setzte sich in den nächsten Zug zurück nach Augsburg. Auch Hagers Frau hatte Pech: Sie wollte nach Berlin, wo sie trotz eines Sturms auch ankam. Allerdings erst sechs Stunden später. Hager schimpft: „Fast bei jeder zweiten Fahrt gibt’s etwas.“Das hat der Meteorologe auch in seinem Brief an die Bundeskanzlerin festgehalten. Alleinige Schuld trage die Politik mit ihrer „Privatisierungswut“. Sie habe die falschen Weichen gestellt. Mit der Bahn und der fehlenden Durchforstung sei es wie bei einem Haus: Wer es nicht pflege, der müsse eben nach Jahren mit vielen Reparaturen rechnen.
Ein Sprecher der Bahn verweist auf den „Aktionsplan Vegetation“der Bahn: Ziel sei es demnach, die Schiene sturmsicherer zu machen. Das Programm sieht mehrere Schwerpunkte vor: Einmal im Jahr sowie nach Bedarf wird zum Beispiel die Vegetation mindestens sechs Meter rechts und links der Gleise entfernt. Bäume, die außerhalb des Rückschnittsbereichs stehen, werden regelmäßig kontrolliert. Dafür werden 2018 noch mehr Förster und Fahrwegpfleger zur
eingesetzt. Und: Neuralgische Stellen entlang des 33 000 Kilometer langen Schienennetzes stehen besonders im Fokus.
Die Häufung der Zugausfälle könnte laut einem Bahnsprecher auch daran liegen, dass es heute mehr elektrifizierte Strecken gibt. Logisch: Deren Oberleitungen sind labiler.
Die Bahn sieht sich außerdem als Opfer des Klimawandels: Nach einer Untersuchung des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung wird das Unternehmen von den Auswirkungen stark betroffen sein. Tage, die früher als extrem und selten galten, würden häufiger auftreten – sie könnten ab der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts zur neuKontrolle en Normalität gehören. Und: Der Klimawandel sei nicht zu leugnen. Den Kohledioxid-Ausstoß zu reduzieren, müsse zentrales Anliegen für jeden sein. Das sieht Hager wiederum anders. Er behauptet: Der vom Menschen verursachte Klimawandel werde sich als Klimablase herausstellen. Klimawandel und Klimaschutz seien ideologisch beladen. „Fabienne“sei ein normaler Herbststurm gewesen, der etwas stärker ausgefallen sei.
Im Landkreis Augsburg traf er vor allem Autofahrer: Über 30 Einsätze hatten die Feuerwehren, überwiegend mussten sie Bäume von Straßen entfernen (siehe Info). In Neusäß wurde das Volksfest früher beendet. »Kommentar