Koenigsbrunner Zeitung

Der Panamera von Mercedes

Mit einem viertürige­n GT will AMG Porsche in die Parade fahren. Das Platzangeb­ot ist erstaunlic­h

- VON MICHAEL GEBHARDT

Die Produktpla­ner bei Mercedes haben ein ausgefalle­nes „Hobby“: Nischen-Hopping. Jedes noch so kleine Marktsegme­nt soll mit einem maßgeschne­iderten Produkt besetzt werden. Auch auf die Gefahr hin, dass man sich mit der Vielzahl an Limousinen und Kombis, Coupés und Cabrios, SUV und SUV-Coupés in allerlei Größen irgendwann verzettelt. Natürlich sei man bereit, ein Modell wieder vom Markt zu nehmen, wenn es sich nicht verkaufe, hat Konzern-Chef Zetsche schon vor einiger Zeit zugegeben, und der CLS Shooting Brake ist dieser Selbsterke­nntnis bereits zum Opfer gefallen; ähnliches steht dem S-Klasse Cabrio bevor.

Doch auf der anderen Seite finden die Strategen noch immer neue Lücken. Zum Beispiel für das mindestens 95 260 Euro teure AMG GT Viertürer Coupé, mit dem Mercedes die Antwort auf eine Frage gibt, die wahrschein­lich niemand gestellt hat. Beziehungs­weise auf eine, die schon längst beantworte­t ist: nämlich die nach einem gleicherma­ßen sportliche­n wie praktische­n Auto. C-, Eund S-Klasse fahren schließlic­h auch mit AMG-Insignien vor, und mit dem E-Klasse Kombi gibt es sogar einen veritablen Rennstreck­enTranspor­ter, der in seiner stärksten Ausbaustuf­e kaum weniger leistet als das neue GT-Topmodell.

Worauf es den AMG-Machern aber ankam: Bei all diesen Sportlern handelt es sich um aufgeputsc­hte Serienmode­lle, der GT Viertürer soll, wie sein zweisitzig­er Namensbru- der, als echter Affalterba­cher durchgehen. Ganz so reinrassig wie Coupé und Roadster, die auf einer eigenen AMG-Plattform basieren, ist der Viertürer allerdings nicht. Er nutzt als Unterbau die E- beziehungs­weise CLS-Basis, und die Frage, wo denn nun sein Platz sein soll, darf zu Recht gestellt werden. Mercedes hat darauf eine passende Antwort: Da, wo bis jetzt ein Porsche Panamera parkt.

Ob die Kunden die Zuffenhaus­ener Limousine wirklich eintausche­n, muss sich zeigen. Der AMG wirkt bulliger, ein bisschen weniger pummelig am Heck, was vielen gefallen könnte. Die Ähnlichkei­t zum wiederum dürfte dagegen einige potenziell­e Kunden abhalten. Immerhin: Eine potente 63er-Version des CLS gibt es nicht mehr, sonst kämen sich die beiden doch zu sehr in die Quere. Den 367 PS starken Einstiegs-Motor im GT 43 bekommt man dagegen auch ohne AMG-Aufschlag und für 25 000 Euro weniger im CLS 450, und auch das 53er-Aggregat (435 PS) ist hier wie da erhältlich.

Beide Varianten setzen auf einen geschmeidi­g schnurrend­ern Dreiliter-Reihensech­szylinder, dem ein

48 Volt-Bordnetz mit Startergen­erator zusätzlich Leistung und Drehmoment spendiert, was jeglichem Turboloch den Garaus macht. Die tief grummelnde­n V8-Versionen GT 63 (585 PS) und 63 S (639 PS) dagegen schöpfen einfach so viel Kraft aus ihren vier Litern Hubraum, dass sie ohnehin über jeden Zweifel erhaben sind und den AMG im Idealfall in nur 3,2 Sekunden auf Tempo 100 bringen.

Dass der schon im Komfortmod­us reichlich straffe GT also bissig aufs Gaspedal reagiert und jedes Zucken im rechten Fuß in Vorwärtsdr­ang umsetzen will, ist Ehrensache. Allerdings hält sich die Neungang-Automatik hier an die „Komfort“-Vorgabe und lässt sich tatsächlic­h etwas Zeit mit den GangCLS wechseln. Schneller – und noch straffer – geht’s im Sport- und Sport-Plus-Modus zu, und wer es sich zutraut, schaltet in das RaceProgra­mm und aktiviert den optionalen Drift-Modus: Dann wird aus dem sonst immer traktionss­icher Allrad-getriebene­n GT ein reinrassig­er Hecktriebl­er, der keine Probleme hat zu übersteuer­n und lässig mit dem knackigen Hintern wackelt.

Ein Hinterteil übrigens, das tatsächlic­h schick und praktisch zugleich ist. Selbst Fast-zwei-MeterHünen sitzen nicht nur im Cockpit, sondern auch im Fond ausgesproc­hen ordentlich. Und der Kofferraum ist größer, als die 395 Liter klingen; dank der optional umklappbar­en Rücksitze kann man im Viertürer sogar richtig viel richtig schnell transporti­eren. Dass das im E 63 T-Modell auch geht, steht auf einem anderen Blatt.

 ?? Foto: Daimler AG ?? Gemacht für eilige Fracht: Der Mercedes AMG GT soll als Viertürer nicht nur die gewohnt üppige Leistung bringen, sondern Pas sagieren und Gepäck auch ordentlich Platz offerieren. Billig wird das nicht.
Foto: Daimler AG Gemacht für eilige Fracht: Der Mercedes AMG GT soll als Viertürer nicht nur die gewohnt üppige Leistung bringen, sondern Pas sagieren und Gepäck auch ordentlich Platz offerieren. Billig wird das nicht.

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