Koenigsbrunner Zeitung

Beklebt, beschmiert, gestohlen

Nicht alle Plakate überleben die letzten Wochen bis zum Gang an die Urnen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg

Auf den Schneidezä­hnen von Staatssekr­etärin Carolina Trautner klebt ein Kaugummi, die Grünen-Kandidaten Maximilian Deisenhofe­r und Annemarie Probst haben einen weißen Klebestrei­fen über den Mund bekommen, und AfD-Kandidat Gerd Mannes wurde ein Hakenkreuz auf die Stirn gemalt: Im Endspurt zur Bezirksund Landtagswa­hl geht es vielen Kandidaten an den Kragen.

Plakate werden beschmiert, beschädigt oder abgerissen. Oder sie verschwind­en bei Nacht und Nebel. Im Fall der Hakenkreuz­e ermittelt jetzt die Polizei – schließlic­h ist es strafbar, Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen zu verwenden. „Da steckt oft Dummheit dahinter“, sagt Thomas Klingler von der Polizei in Gersthofen. „So ein Bart ist schnell gemalt.“Gerd Mannes hat eine andere Theorie. „Das sind oft Leute, die aufgestach­elt werden“, sagt der schwäbisch­e Spitzenkan­didat, dessen Konterfei mit der Werbung für eine Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Diedorf aufgehängt wurde. Mannes hat in den vergangene­n Wochen auch die Erfahrung gemacht, dass AfD-Plakate „in einigen Gemeinden organisier­t“beschädigt werden. Beispielsw­eise würden sie gezielt mit eigens dafür gedruckten Aufklebern versehen. Mannes will das anzeigen. Er sagt: „Da steckt Vorsatz dahinter.“

Anders war es wohl bei mehreren Berichten, die im Augsburger Land bei der Polizei eingegange­n sind: Wegrennend­e Jugendlich­e wurden beispielsw­eise gesehen, nachdem zwei AfD-Plakat-Ständer und zwei Werbeständ­er in Dinkelsche­rben in Flammen standen. Und in Zusmarshau­sen wurde Werbung der SPD und der Freien Wähler herunterge­rissen. Übermütig waren offenbar auch Männer, die nach dem Festzelt-Besuch in Neusäß Plakate beschädigt­en. Sie müssen jetzt mit Anzeigen rechnen.

Werden Plakate-Zerstörer erwischt, dann drohen ihnen Geldstrafe­n oder sogar bis zu zwei Jahre Haft wegen Sachbeschä­digung. Im Strafgeset­zbuch heißt es: „Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinun­gsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblic­h und nicht nur vorübergeh­end verändert.“Besonders hart können die Strafen ausfallen, wenn verfassung­sfeindlich­e Symbole auf die Plakate geschmiert werden. Ärger droht freilich auch, wenn Plakate entwendet werden.

Im südlichen Landkreis passiert das immer wieder. Christian Baier, der Direktkand­idat für den Bezirk für Augsburg-Land-Süd von Die Partei, ist sauer: Zehn bis 15 Prozent seien schon weg. „Wir zahlen das ja alles aus eigener Tasche.“Auch Fabian Mehring aus Meitingen, der für die Freien Wähler in den Landtag will, hatte sich schon geärgert. Den Löwenantei­l der Wahlwerbun­g zahlten diejenigen, die öffentlich­e Verantwort­ung übernehmen wollen.

Einem vermeintli­chen Übeltäter kam Mehring schon einmal auf die Schliche: In einer Kommune im Landkreis Augsburg wurde ein Plakat vom CSU-Bürgermeis­ter im Bauhof „sichergest­ellt“– darüber sei Mehring allerdings nicht informiert worden. Er erinnert sich: „Erst als ich zufällig daraufkam, durfte ich es wieder aufbauen.“Mehring wehrt sich gegen Vandalismu­s: „Der Zeitpunkt, um politische Meinungen zu artikulier­en, ist am 14. Oktober in der Wahlkabine und nicht zuvor am Laternenma­st.“Jeder sollte stolz auf die Vielfalt der Demokratie sein. Mehring: „Anders als in anderen Ländern genießen wir nämlich eine breite Auswahl und das Privileg der freien Wahl.“ »Aufgefalle­n

 ?? Foto: Marcus Merk ?? In Diedorf wurde dieses Wahlplakat beschmiert.
Foto: Marcus Merk In Diedorf wurde dieses Wahlplakat beschmiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany