Auto-Riesen: Die fetten Jahre sind vorbei
Nach Volkswagen und Daimler kracht es auch bei BMW. Die Branche steht vor harten Umbrüchen
Auf sieben fette Jahre folgen für die deutschen Autohersteller nun wohl nicht sieben magere, aber sicher einige harte Jahre. Auf noch hohem Absatzniveau ist vernehmlich Sand ins Getriebe gekommen.
Die Hauptursache vieler Probleme ist die Dieselkrise oder konkreter gesagt, der Skandal, dass Hersteller wie VW und auch Daimler es mit der Wahrheit nicht genau genommen haben. Vor allem Volkswagenund Audi-Manager enthielten Käufern vor, wie viele gesundheitsgefährdende Stickoxide ihre Autos wirklich ausstoßen.
Die Verbraucher wurden unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Irre geführt, also betrogen. Nachdem der Kriminalfall aufflog, mussten die Hersteller Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten beordern, um eine neue, die AbgasWahrheit widerspiegelnde Software aufzuspielen. Die Anbieter unterziehen ihre Fahrzeuge nun dem neuen Prüfstandard WLTP. Das aufwendige Verfahren hat Produktionsausfälle und Verzögerungen zur Folge. Um Kunden dennoch Fahrzeuge liefern zu können, produziert VW auf Halde. Letztlich führt das zu einem von dem Wolfsburger Riesen angezettelten Das belastet Konkurrenten wie BMW. So verwundert es nicht, dass die Münchner jetzt mit einer Gewinnwarnung endgültig einräumen, dass selbst bei ihnen die Welt nicht mehr heil ist.
Daimler musste schon im Juni erstmals seit 2012 die Aktionäre mit einer derartigen Gewinnwarnung erschrecken. Experten wie Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler schließen nicht aus, dass es zu solcher Achtungsrufe an die Börsianer kommt. So müssen die lange von Erfolg zu Erfolg rasenden Spitzenmanager gestehen, nicht über Wasser gehen zu können.
In derartigen Fällen bitterer Selbsterkenntnis und im Bewusstsein, dass die Renditen zwar noch gut, aber nicht mehr ausgezeichnet ausfallen, setzt ein allzu menschlicher Mechanismus ein: Die erfolgsverwöhnten Auto-SonnenköniPreiskampf. ge geben den Druck nach unten weiter. Dort sitzen neben den Zulieferern die Autohändler, beides von den Konzern-Herren traditionell hart rangenommene Gruppen. Viele Autohäuser müssen schon lange bei hohen Investitionen um ihr Auskommen kämpfen. Daher mucken BMW-Händler auf. Sie wirken nicht bereit, neue, ihnen noch mehr abverlangende Verträge zu unterschreiben.
Ohne ein Pessimist zu sein, lässt sich die Prognose wagen, dass die deutschen Hersteller sich zwar noch nicht in einer Krise befinden, aber auf eine solche zusteuern könnten. Denn die Diesel-Affäre ist nur ein Problemthema. Der Wirtschaftszweig sieht sich zusätzlich einem harten Strukturwandel ausgesetzt: Die Unternehmen müssen Milliarden in die E-Mobilität und das autonome Fahren stecken, ohne zu wissen, ob die Verbraucher darauf abfahren. Bereits jetzt fallen also für die Unternehmen enorme Kosten an. Wann diese wieder eingespielt werden können, ist ungewiss.
Hinzu kommt ein weltpolitisch denkbar unsicheres Umfeld: Die US-Zollpolitik trifft die in China produzierenden deutschen AutoGrößen natürlich auch. Als würde das Pulverfass Trump nicht reichen, herrscht auch noch Unklarheit, wie es mit dem wichtigen Auweiteren tomarkt Großbritannien weitergeht. Der Brexit drückt auf die Stimmung. Angesichts all der immensen Gefahren und Unwägbarkeiten hat Daimler-Chef Dieter Zetsche genau die richtige Entscheidung getroffen, 2019 das Vorstandsamt aufzugeben. Er ist schon jetzt 65 Jahre alt und hat sich um den Stuttgarter Konzern große Verdienste erworben. Der Mann mit dem Walrossbart musste die Scherben aufkehren, die ihm der Draufgänger Jürgen Schrempp nach der gescheiterten Fusion von Daimler und Chrysler hinterlassen hat.
Diese Herkulesaufgabe erledigte Zetsche ausgezeichnet. In einem zweiten Kraftakt gelang es ihm, das Mercedes anhaftende RentnerImage abzustreifen und schnittige Autos für junge Käufer produzieren zu lassen. Doch auch den Wundermann holte die Abgasaffäre ein. Er lag mit seiner Behauptung, „bei uns wird nicht betrogen, bei uns wurden keine Abgaswerte manipuliert“, daneben. Am Ende seiner Karriere ist Zetsche in einen dunklen Tunnel eingefahren. Insofern wäre es ungeschickt, wenn er nach einer Anstandsphase von zwei Jahren 2021 auf den Posten des Aufsichtsratschefs wechselt. In dieser Funktion würde ihn die Abgasaffäre sicher einholen. Besser Zetsche verzichtet auf den Job.