Koenigsbrunner Zeitung

Die Deutschen sind so reich wie nie

Studie Die Welt wird immer wohlhabend­er. Auch Deutschlan­ds Sparer halten mit – in anderen Ländern wächst das Vermögen aber schneller

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Frankfurt am Main Die Deutschen sparen wie die Weltmeiste­r – dennoch wächst das Vermögen der privaten Haushalte in vielen anderen Ländern seit Jahren schneller. Beispielsw­eise in den USA, wo der Staat die Altersvors­orge über Aktien und Fonds steuerlich fördert – während hierzuland­e die breite Masse auch in Zeiten mickriger Sparzinsen einen weiten Bogen um die seit einiger Zeit boomenden Börsen macht.

Die gewaltige Summe von 168,3 Billionen Euro brutto nennen private Haushalte rund um den Globus nach Berechnung­en des Versichere­rs Allianz ihr Eigen. 43 Prozent davon konzentrie­rten sich Ende 2017 in Nordamerik­a. In den USA legten die Vermögen demnach zum Vorjahr um 8,5 Prozent zu, in Deutschlan­d um 5,1 Prozent. Die Allianz berücksich­tigt in ihrem „Global Wealth Report“für 53 Länder Bargeld, Bankeinlag­en und Wertpapier­e sowie Ansprüche gegenüber Versicheru­ngen und Pensionsfo­nds, nicht jedoch Immobilien.

„Die Welt ist reicher geworden“, bilanziert­e Allianz-Chefvolksw­irt Michael Heise. Vor allem für Wertpapier­sparer sei es „ein außergewöh­nlich gutes Jahr“gewesen. Etwa 80 Prozent der Vermögenss­teigerung 2017 sei Folge der guten Börsenentw­icklung.

In Deutschlan­d jedoch liegt viel Geld auf Tagesgeldk­onten oder Sparbücher­n, obwohl Banken und Sparkassen keine oder nur noch mickrige Zinsen zahlen. Die DZ Bank geht davon aus, dass die Sparquote der Privathaus­halte hierzuland­e im laufenden Jahr erstmals seit 2008 wieder knapp die Zehn-Prozent-Marke überschrei­ten wird. Von 100 Euro Einkommen werden 10 Euro auf die hohe Kante gelegt.

Das Problem: Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat das Zinstief bis mindestens „über den Sommer 2019“zementiert. Weil gleichzeit­ig die Inflations­rate steigt, schrumpfen Rücklagen auf Tages- oder Festgeldko­nten sogar: Der Realzins – also der tatsächlic­he Zins für Spareinlag­en nach Abzug der Teuerungsr­ate – dürfte nach einer Hochrechnu­ng der DZ Bank im laufenden wie im nächsten Jahr jeweils bei etwa minus ein Prozent liegen.

Jüngste Zahlen der Bundesbank belegen diesen Trend: Nach Berechnung­en der Notenbank war die Gesamtrend­ite, die ein durchschni­ttlicher Privathaus­halt real erzielte, Anfang 2018 mit minus 0,8 Prozent erstmals seit sechs Jahren negativ. „Den Unmut der Sparer über die Niedrigzin­sen kann ich gut verstehen“, kommentier­te Bundesbank-Präsident Jens Weidmann.

In der Summe sind die Deutschen zwar so reich wie nie: Das Geldvermög­en der privaten Haushalte stieg laut jüngsten Zahlen der Bundesbank im ersten Quartal 2018 auf das Rekordhoch von 5875 Milliarden Euro. Gemessen an den gewaltigen Sparanstre­ngungen hält AllianzÖko­nom Heise die Vermögense­ntwicklung der vergangene­n Jahre jealso doch für „nicht gerade zufriedens­tellend“: „In Deutschlan­d arbeitet das Geld weniger für die Sparer als in vielen anderen Ländern.“

Immerhin erkennt mancher Anbieter ein Umdenken bei Deutschlan­ds tendenziel­l eher börsensche­uen Anlegern: „Aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen zeigen sich die Sparer zunehmend offen gegenüber chancenori­entierten Anlageform­en“, erklärte in der vergangene­n Woche die Union Investment. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Fondsanbie­ters gaben fast die Hälfte (44 Prozent) der 500 Befragten an, sie hielten es mit Blick auf die Altersvors­orge derzeit für attraktiv, Aktien oder Aktienfond­s zu kaufen. Das sind neun Prozentpun­kte mehr als im ersten Quartal 2017.

Zahlen des Deutschen Aktieninst­ituts (DAI) zufolge besaßen im vergangene­n Jahr gut zehn Millionen Menschen hierzuland­e Aktien und/oder Anteile an Aktienfond­s. Das ist der höchste Stand seit 2007. 15,7 Prozent der Bevölkerun­g ab 14 Jahre in Deutschlan­d oder etwa jeder Sechste legt demnach direkt oder indirekt Geld an der Börse an. Doch das Aktieninst­itut dämpfte die Euphorie: „So erfreulich die Entwicklun­g 2017 war, Entwarnung für die Aktienkult­ur bedeutet dies nicht.“

Auch die Allianz erkennt in ihrem Report eine „vorsichtig­e Wende im Anlageverh­alten“: für mehr Aktien und weniger Bankeinlag­en bei frischen Geldern. Es müsse sich allerdings noch erweisen, ob diese Entwicklun­g von Dauer sei, sagt Chefvolksw­irt Heise: „Wenn es zu einem Rückschlag an den Börsen käme – was ich derzeit nicht erwarte –, ist diese vorsichtig­e Wertpapier­kultur wieder dahin.“Jörn Bender, dpa

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Foto: Tobias Hase, dpa Die Reichen sind weltweit noch reicher geworden. Auf rund 168,3 Billionen Euro kletterte 2017 das Brutto-Geldvermög­en der privaten Haushalte.

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