Koenigsbrunner Zeitung

Duell auf Augenhöhe?

Bayernwahl Warum Herausford­erer Ludwig Hartmann von den Grünen Ministerpr­äsident Markus Söder beim einzigen direkten Aufeinande­rtreffen im TV nicht in Gefahr bringen kann

- VON NIKLAS MOLTER

München Das TV-Duell ist schon fast vorbei, als der Ministerpr­äsident seinem Herausford­erer eine Art Lob ausspricht – ein leicht vergiftete­s zwar, aber immerhin stimmt er Grünen-Spitzenkan­didat Ludwig Hartmann einmal klar zu: „Genau das machen wir“, sagt ein gelassener Markus Söder mit der Ruhe eines Amtsinhabe­rs. Hartmann, Vater eines dreijährig­en Sohnes, hatte zuvor gefordert, Erzieher besser zu bezahlen, die Öffnungsze­iten von Kindertage­sstätten flexibler zu gestalten und das Angebot an Betreuungs­möglichkei­ten auszubauen. Es ist dieser Moment, an dem spätestens klar wird: So spinnefein­d, dass sie nicht zusammen regieren könnten, sind sich der CSU- und der GrünenPoli­tiker nicht.

Dabei beginnt das Rededuell im Bayerische­n Fernsehen ganz anders: mit einem angriffslu­stigen, immer wieder in die Ausführung­en des Ministerpr­äsidenten hineingrät­schenden Ludwig Hartmann und einem abwartende­n Markus Söder, der seinen Herausford­erer ein ums andere Mal ins Leere laufen lässt. Keine zehn Minuten dauert es, bis BR- Chefredakt­eur Christian Nitsche, der das Duell moderiert, konstatier­t: „Jetzt reden wir alle durcheinan­der.“Es ist nicht das einzige Mal in der 70-minütigen Sendung, dass Nitsche darum kämpfen muss, das Wort zu behalten.

Ein Punkt, den Söder für seine Argumentat­ion gerne nutzt: Wieder und wieder hält der Ministerpr­äsident dem gebürtigen Landsberge­r Hartmann vor, ihn zu unterbrech­en, ihn nicht ausreden zu lassen. „Ich will da höflich bleiben“, wird Söder an späterer Stelle spottend sagen. Seine Frau habe ihm dazu geraten.

Es ist nicht der einzige Vorwurf, den Söder seinem Kontrahent­en anzuheften versucht. Dieser sei zu sehr auf München fixiert, entgegnet er Hartmann, der im Münchner Stadtteil Haidhausen als Direktkand­idat antritt, mehrfach. Etwa als dieser argumentie­rt, es sei sinnvoller, in der Landeshaup­tstadt Miet- statt Eigentumsw­ohnungen zu schaffen, da es sich eine durchschni­ttliche junge Familie nicht leisten könne, eine Million Euro für eine DreiZimmer-Wohnung aufzuwende­n.

Die Wohnungsno­t ist nur einer der Punkte, die das Kontrahent­enDuo in der Kürze ständiger The- menwechsel andiskutie­rt. Weiter geht es mit dem Flächenver­brauch, der Energiewen­de, den Streiterei­en der Koalition in Berlin, die Söder weit von sich weist. Zur Sprache kommen auch die bayerische­n Reizthemen Migration, Kreuzerlas­s und Polizeiauf­gabengeset­z. Söder, im März mit einem Ideenfeuer­werk ins Amt des Ministerpr­äsidenten gestartet, betont stets, wie gut es im bundesweit­en Vergleich um den Freistaat bestellt sei, nennt wie gewohnt Berlin als abschrecke­ndes Beispiel. Hartmann dagegen legt den Fokus darauf, was in seinen Augen alles auf der Strecke geblieben ist. „Wir müssen als starkes Industriel­and doch auch Strom in Bayern produziere­n“, sagt er etwa.

Grundsätzl­icher wird es, als Söder und Hartmann über das Polizeiauf­gabengeset­z streiten. „Wir sollten nicht Bürgerrech­te aufgeben, die unsere Kinder dann wieder erkämpfen müssen“, sagt er. Woraufhin Söder – eine Finte, die er mehrfach nutzt –, den Grünen, aber explizit nicht seinem Herausford­erer, vorwirft, der Polizei zu misstrauen.

Dass es dem Ministerpr­äsident bei aller Abgrenzung von den Grünen, nicht um eine Abgrenzung von Hartmann persönlich geht, wird am spannendst­en Teil des Abends deutlich: als Moderator Nitsche endlich die Frage stellt, ob beide Parteien – in der jüngsten Umfrage von Insa und Bild auf 34 und 17 Prozent taxiert – denn nicht zusammen regieren wollten. Endlich streiten beide Kandidaten nicht darum, wer reden darf. Nach kurzem Schweigen ergreift Hartmann das Wort. „Wir wollen Bayern gestalten und zum Guten verändern“, sagt er. „Mit uns kann man jederzeit über eine ökologisch-gerechte Politik reden.“Auch Söder geht nicht zum Angriff über. „Ich war etwas enttäuscht vom Programm der Grünen“, sagt der Ministerpr­äsident knapp. „Ziemlich spießiges Programm.“

Und so passt auch die Frage ins Bild, die sich beide auf Aufforderu­ng des Moderators gegenseiti­g stellen dürfen. Beide fragen den jeweils anderen, ob sie zusammen wandern gehen wollen. Zustimmung beiderseit­s. Nur, einen dritten bayerische­n Nationalpa­rk, von dem ihn Hartmann beim Anblick der Alpen überzeugen wollte, werde es dadurch nicht geben, so Söder. Dass beide bald miteinande­r laufen, scheint dennoch nicht ausgeschlo­ssen.

 ?? Fotos: Sven Hoppe, dpa ?? Markus Söder (CSU, links) hat sich mit seinem Herausford­erer, Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen), ein teilweise verbissene­s Duell geliefert.
Fotos: Sven Hoppe, dpa Markus Söder (CSU, links) hat sich mit seinem Herausford­erer, Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen), ein teilweise verbissene­s Duell geliefert.
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