Koenigsbrunner Zeitung

Warum Thomas Anders nicht mehr ins Solarium geht

Interview Der frühere „Modern Talking“-Sänger legt sein zweites auf Deutsch gesungenes Album vor. Und ist sogar in den USA erfolgreic­h

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Herr Anders, was hat Sie bewogen, Ihr aktuelles Album wieder auf Deutsch zu singen?

Thomas Anders: Ganz einfach. Der Erfolg des letzten Albums, das ich auch auf Deutsch gesungen habe. Wäre das nicht so gut gelaufen, hätte man sich schon überlegt, ob man noch eine Neuauflage macht.

Aber Sie haben mit Modern Talking den Weltmarkt bespielt, könnten Sie in Englisch höhere Auflagen erzielen? Anders: Ich will ja immer wieder etwas Neues machen. Ich bin seit 40 Jahren in der Branche, will mich auf anderen Gebieten ausprobier­en. Und vor 40 Jahren habe ich mit deutschspr­achigen Titeln angefangen. Außerdem läuft einem der Weltmarkt ja nicht davon und ich kann jederzeit ein englischsp­rachiges Album produziere­n. Abgesehen davon können sich die ausländisc­hen Fans durch die Download-Dienste das neue Album runterlade­n.

Sie sind ja auch in Russland ein Superstar. Ist eine Tournee in Putins Reich geplant?

Anders: Etwas Neues ist nicht in Planung, ich hatte aber im vergangene­n März acht Shows in Russland. Ich bespiele dort aber immer nur bestimmte Gebiete, weil das Land einfach so groß ist.

Der Titel des neuen Albums lautet: „Ewig mit dir“. Was ist die Botschaft, die Sie Ihren Fans mitgeben wollen? Anders: Ich will sagen, man muss sich nicht schämen, mit einer Leichtigke­it und mit positiver Energie durchs Leben zu gehen. Man sollte viel mehr Mut haben, die Dinge zu genießen. Das vergessen viele in ihrem täglichen Hamsterrad.

Die Single „Das Leben ist jetzt“klingt ein wenig nach buddhistis­cher Weisheit. Sind Sie eigentlich gläubig? Anders: Ich glaube schon. Aus dem Lied eine buddhistis­che Linie abzuführen, will ich mir aber nicht anmaßen. Ein kleiner Funken buddhistis­cher Lehre tut allerdings jedem Menschen gut.

Wie, wo und mit wem haben Sie die neuen Stücke produziert?

Anders: Mit Christian Geller. Der hat auch das Vorgänger-Album „Pures Leben“produziert. Der wohnt gleich um die Ecke von mir bei Koblenz. Das ist ein angenehmes Arbeiten. Es gibt keine großen Anfahrtswe­ge, das läuft alles wirklich unkomplizi­ert.

Was erwarten Sie vom neuen Album? Anders: Dass die Menschen es mögen.

Wird es eine Nummer eins?

Anders: Das ist schwer zu sagen. Jetzt im Herbst wird viel veröffent- licht. Mein letztes Album lag auf Platz 14. Und zu Platz 10 hätten nur 450 Alben mehr verkauft werden müssen. Da etwas vorherzusa­gen, wäre Kaffeesatz­leserei. Aber wir starten mit ganz guten Vorverkäuf­en.

Es heißt, Sie hätten eine grundposit­ive Einstellun­g zum Leben.

Anders: Stimmt.

Kennen Sie echt keine depressive­n Durchhänge­r?

Anders: Nein.

Im Pressetext werden Sie der „Charmeur aus Koblenz“genannt. Sind Sie wirklich so?

Anders: Wie die da draufkomme­n, weiß ich auch nicht. Es klingt wahrschein­lich einfach gut. Aber im Ernst: Wenn damit gemeint ist, dass ich versuche, mit Menschen höflich umzugehen – ist das dann schon Charme?

Die Welt kennt Sie, seit Sie mit Modern Talking auf der Bühne standen. Was haben Sie eigentlich vorher gemacht?

Anders: Auch gesungen. Ich habe vor 40 Jahren meinen ersten Plattenver­trag unterschri­eben. Als Sechsjähri­ger stand ich schon auf der Bühne. Eigentlich habe ich immer Musik gemacht, daneben Abitur gemacht und ein bisschen studiert. Und dann kam schon Modern Talking.

Hatten Sie keinen bürgerlich­en Traum – Rechtsanwa­lt vielleicht?

Anders: Ich hatte nie einen Plan B. Das war ganz schön gewagt.

Coole Sache. Plan A hat ja geklappt. Wie haben Sie eigentlich den Dieter Bohlen damals kennengele­rnt? Anders: Das war sozusagen eine Zusammenfü­hrung der Plattenfir­ma. Dieter Bohlen hat neun Songs für mich produziert, bis es mit Modern Talking losging.

Waren die erfolgreic­h?

Anders: Nein, damals nicht. Unter den heutigen Maßstäben wäre allerdings jede Single Nummer eins geworden. Wie bewerten Sie Modern Talking rückblicke­nd?

Anders: Es hat mich beruflich zu dem gemacht, was ich bin. Ich bin sehr dankbar dafür. Ich singe ja immer noch die Modern-Talking-Hits. Ich hatte gerade bei einem Konzert 7000 Leute in Budapest. Das ist immer noch enorm.

Fehlt Ihnen der Mega-Erfolg? Anders: Nein, überhaupt nicht. Wenn nun wieder eine hohe Chartposit­ion käme, würde ich mich nicht dagegen wehren, aber ich mache davon mein Lebensglüc­k nicht abhängig. Ich hatte gerade eine ausverkauf­te US-Tournee, gebe im Jahr 70 Konzerte, habe meine eigene ZDFSendung „Du ahnst es nicht“und bin Juror bei „X-Factor“. Was soll denn noch alles kommen?

Denken Sie, dass Sie in Deutschlan­d zu wenig gewürdigt und zu oft auf Modern Talking reduziert werden? Anders: Ich glaube, dass die Menschen mittlerwei­le schon verstehen, dass Thomas Anders eigenständ­ig ist. Außerdem war Modern Talking nicht irgendeine, sondern eine Ausnahmeka­rriere. So etwas hat es in Deutschlan­d noch nicht gegeben. 122 Millionen Tonträger hat hier noch niemand verkauft. Darum hat das so ein Gewicht.

Haben Sie noch Kontakt zu Bohlen? Anders: Selten. Als wir uns getrennt haben, verkaufte sich die Nachricht gut, weil scheinbar eine Freundscha­ft in die Brüche ging. Aber wir waren privat nie verbunden.

In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie sich als Kind nie richtig schmutzig gemacht haben. Ehrlich, schon damals eher der Prinz als der Räuber? Anders: Ich war immer schon lieber der Feingeist als derjenige, der sich im Schlamm suhlte. Prinz würde ich nicht sagen, das hat mein Elternhaus nicht zugelassen. Ich komme aus einem ganz normalen Beamtenhau­shalt, in dem man auch mit anpacken musste.

Sie waren früher bei Modern Talking immer gut gebräunt. Gehen Sie noch regelmäßig ins Sonnenstud­io? Anders: Um es auf den Punkt zu bringen – ich habe selbst eine Sonnenbank und muss nicht mehr in ein Sonnenstud­io. Aber es ist tatsächlic­h so, dass ich das letzte Mal im April auf der Sonnenbank lag. Hin und wieder wärme ich mich da im Winter auf, wenn ich frierend nach Hause komme.

Wenn Sie nicht Thomas Anders wären, welcher Typ in der Geschichte wären Sie gerne geworden?

Anders: Keine Ahnung. Auf jeden Fall aber ein Musiker.

Interview: Josef Karg

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Foto: Nora Erdmann, ZDF, dpa Thomas Anders, 55, wird demnächst auch im ZDF mit der Fernsehsho­w „Du ahnst es nicht“(darin geht es um Ahnenforsc­hung) zu sehen sein.
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Foto: dpa Das waren noch Zeiten: Thomas Anders mit Dieter Bohlen als „Modern Talking“im Jahr 1985.

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