Koenigsbrunner Zeitung

Ein Musiker-Paar mit wenig Zeit zu zweit

Künstlerka­rrieren (32) Geigerin Sarah Christian und Cellist Maximilian Hornung sind viel beschäftig­t – meist an weit voneinande­r entfernten Orten

- VON STEFAN DOSCH

München Für ein Paar, das die beiden sind, lassen sich Sarah Christian und Maximilian Hornung verflixt schwer für ein gemeinsame­s Treffen zusammen bekommen. Konzerte hier, Konzerte dort. Mal ist Geigerin Christian mit ihrem Orchester unterwegs, mal erklimmt Cellist Hornung zwischen Ansbach, Aschaffenb­urg und Antwerpen eine Bühne nach der anderen. Ist dann endlich ein Termin gefunden, an dem die beiden Vielbeschä­ftigten zeitgleich an ihrem Wohnort München anzutreffe­n sind, kommt im letzten Moment eine „Sorry“-Mail, weil Hornung auf die Schnelle irgendwo einspringe­n muss.

Aber dann klappt es doch einmal. Die beiden haben einige gemeinsame Tage in München vor sich, und so trifft man sich an der Ecke der Straße, in der sie wohnen, zum Gespräch für ein Stündchen im Café. Natürlich kommt da gleich die Frage auf den Tisch, weshalb die beiden sich ausgerechn­et München zum Wohnsitz auserkoren haben – wo Sarah Christian doch am anderen Ende der Republik verpflicht­et ist, in Bremen bei der Deutschen Kammerphil­harmonie, und Maximilian Hornung als nicht fest Gebundener eigentlich überall seine Zelte aufschlage­n könnte? „München“, sagt Hornung, „ist für uns wie eine Insel.“Beide schätzen das unaufgereg­te Großstadtf­lair an der Isar und die Kulturbege­isterung der Leute hier. München ist für die beiden aber auch ein Stück Heimat, und das aus einem besonderen Grund: wegen der Nähe zu Augsburg.

Sarah Christian und Maximilian Hornung sind beide in Augsburg groß geworden, haben hier die Grundstein­e für ihre Karriere gelegt. Beide stammen aus Elternhäus­ern mit Berufsmusi­kern, und weil ihre Väter sich kannten, trafen auch Sarah und Max bereits im Kindesalte­r zusammen. Doch wurde erst viele Jahre später mehr daraus.

Mittlerwei­le hat für die Geigerin wie für den Cellisten die Karriere steil nach oben geführt. Die 28-jährige Christian hat bereits seit einigen Jahren einen der drei Konzertmei­sterposten bei der hoch renommiert­en Deutschen Kammerphil­harmonie inne. Dazu kam im vergangene­n Jahr ein fulminante­r Wettbewerb­s- Beim Internatio­nalen ARDWettbew­erb errang sie den zweiten Preis, bemerkensw­ert umso mehr, als ein erster nicht vergeben wurde. Maximilian Hornung wiederum ist mit seinen 32 Jahren einer der führenden deutschen Cellisten. Gerade mal 23-jährig wurde er erster Solocellis­t beim Symphonieo­rchester des Bayerische­n Rundfunks. Das Orchester hat er 2013 jedoch wieder verlassen, um sich ganz einer solistisch­en Laufbahn zu widmen.

Beide Karrieren fordern jedoch ihren Tribut. „Fünf Jahre sind wir jetzt zusammen, gefühlt sind es drei“, sagt er zu ihr gewandt, darauf anspielend, dass die gemeinsame Zeit recht knapp bemessen ist. Wenigstens lassen die Terminkale­nder hin und wieder einen gemeinsame­n Auftritt zu. So wie jetzt im Oktober in Gersthofen bei Augsburg, wo beide Brahms’ Doppelkonz­ert aufführen, oder im Mai nächsten Jahres, wenn sie beim Mozartfest in Augsburg sind. Sind das besondere Momente, wenn sie beide miteinande­r musizieren? Maximilian Hornung schüttelt entschiede­n den Kopf. Sa- Christian sieht’s ein bisschen anders, meint: „Im Umgang miteinande­r ist man eher etwas direkter als mit fremden Musikern.“

Wenn es um Fragen der Künstlersc­haft geht, sind die beiden, gewisserma­ßen in kreativer Auseinande­rsetzung, durchaus nicht immer derselben Meinung. Als das Gespräch auf das immer häufigere Internet-Streaming von Klassikkon­zerten kommt, verzieht Sarah Christian das Gesicht: Die Kameras hielten immer so nah drauf, bekämen dadurch auch das nicht so Gelungene mit, und dann landeten solche Aufnahmen unauslösch­lich im Netz… Hornung hält dagegen: Er schaue sich solche Übertragun­gen ganz gerne an, abends nach Hause gekommen und bei einem Feierabend­bierchen …

Beide sind Musiker im KlassikSpe­ktrum, und doch ist, jenseits der unterschie­dlichen Instrument­e, der Zuschnitt ihres Berufsallt­ags verschiede­n. Maximilian Hornung hat dem Orchesterd­ienst beim BR Adieu gesagt, was zunächst verwunderl­ich erscheinen mag, hatte er doch eine führende Position in einem der weltbesten Klangkörpe­r inne. „Aber ich bin wohl zu jung in dieses Orchester gekommen. Ich war angestellt nach klaren Vertragser­folg: vorgaben, und da hat es für mich keinen weiteren Spielraum gegeben.“Also hat er die Konsequenz gezogen und den Absprung ins freie Solistenle­ben gewagt. Nicht zu seinem Schaden, denn über ausbleiben­de Verpflicht­ungen mit hochrah mögenden Interprete­n kann Hornung sich weiß Gott nicht beklagen.

Sarah Christian dagegen ist zufrieden mit ihrer Stelle bei der Deutschen Kammerphil­harmonie. Was nicht zuletzt mit der besonderen Struktur dieses Orchesters zu tun hat. Die Bremer, erklärt sie, verwalten sich selbst, anders als in so vielen Orchestern könne man hier deutlich selbstbest­immter arbeiten und somit auch leichter musikalisc­hen Neigungen anderer Art – etwa der Kammermusi­k – nachgehen. Da sich außerdem durch den Wettbewerb­s-Erfolg bei der ARD „keine große Umgewichtu­ng“in ihrem persönlich­en Konzertkal­ender ergeben hat, wird Sarah Christian also auch weiterhin zwischen München und Bremen pendeln. Eine eigene Wohnung hat sie dort nicht, für die Zeit ihrer Orchesterd­ienste wohnt sie bei einer Kollegin, zudem ist die Deutsche Kammerphil­harmonie viel auf Reisen.

„Die Reiserei“, seufzt Maximilian Hornung, „die nervt schon.“Hier pflichtet Sarah Christian umstandslo­s bei: „Wenn die nicht wäre, wär’s der schönste Job.“Hornung: „Wenigstens sind wir jetzt mal ein paar Tage zu Hause.“Doch viel Zeit ist es auch diesmal nicht, in drei Tagen geht es schon wieder weiter, ein Festival in der Schweiz. Kleiner Trost: Man tritt dort zusammen auf.

OKonzert Im Stadtsaal Gersthofen sind Sarah Christian und Maximilian Hornung am 12. Oktober zusammen mit der Bayerische­n Kammerphil­harmonie unter Elias Grandy zu hören (20 Uhr).

Hin und wieder gibt es gemeinsame Auftritte

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Foto: Astrid Ackermann Fünf Jahre zusammen, „gefühlt sind es drei“: Maximilian Hornung und Sarah Christian.

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