Troll-Ungeheuer und eine Tasche voller Geld
Literatur Mit einer lebendigen, spannenden Performance weckt Rainer Rudloff in Bobingen die Leselust der Realschüler
Bobingen Es ist mucksmäuschenstill im kleinen Saal der Singoldhalle. Und obwohl Rainer Rudloff in einer völlig unverständlichen Sprache erzählt, lauschen die Realschüler wie gebannt. Das ist die hohe Kunst des Schauspielers und Sprachcoaches, der bereits zum zweiten Mal auf Einladung der Stadtbücherei in Bobingen zu Gast war, um Texte zu präsentieren. Für Büchereileiterin Judith Hitzelberger ging damit ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung: „Rainer Rudloff war vor fünf Jahren schon mal da, und wir waren alle total begeistert“, schwärmt sie. Für sie ebenso wie für den als Vivid Voices firmierenden Rudloff ist es ein Anliegen, die Leselust der Schüler zu wecken und zu fördern. Diesmal waren es die Realschüler der zweiten bis sechsten Klassen, denen er jeweils altersentsprechende, spannende Bücher vorstellte.
Aber alles in dieser unverständlichen Sprache? Nein, sicher nicht. Nach den ersten Sätzen verriet der Schauspieler, dass es sich dabei um Althochdeutsch handelt. „Manche Worte klingen noch ähnlich. Wie etwa ‚swister‘, das ist heute die Schwester, und da steckt das deutsche und das englische Wort drin“, erklärte er. Und er verriet den Dritt- und Viertklässlern auch, dass unser Wort ‚Buchstabe‘ darauf zurückzuführen ist, dass die Germanen ihre Schriftzeichen, die Runen, in kleine Buchenstäbe ritzten. Und dann entführte er die Schüler auch noch in die Welt von Harry Potter sowie der Trolle und Hobbits.
In der realen Gegenwart von Heranwachsenden spielen die Bücher, die Rainer Rudloff den Sechstklässlern vorstellte, oder genauer: vorspielte, wobei er die Schüler immer wieder ins Geschehen einband. Bei „Fett Kohle“von Dorit Linke verfolgten die Kinder und Jugendlichen in atemloser Spannung, was Niklas und Finn, die eine Tasche voller Geld gefunden haben, alles passiert. Eher lustig ist Oliver Uschmanns Buch „Finn remixed“, in der drei Freunde versuchen, sich – wie in den Videospielen – eine eigene Welt zu bauen und damit ihre reale Umgebung ganz schön aufmischen. Für die Schüler ein besonderes Erlebnis. „Es hat mir super gefallen“, sagt beispielsweise Kubilai. Aber lesen will er die Bücher trotzdem nicht. Anders Emily: „Mir hat das erste Buch am besten gefallen, und ich werde es bestimmt lesen“, schwärmt sie.
Von „total cool“über „super spannend“bis zu „ein WahnsinnsVorleser“und „ein krasser Schauspieler“reichten die Schülerkommentare, wie Lehrerin Anna-Marion Aunkofer berichtet: „Es waren durchweg alle Schüler völlig begeistert, ebenso wir Lehrer. Kaum in der Schule angekommen, wollten sich die ersten Schüler schon die beiden Bücher ausleihen.“