Koenigsbrunner Zeitung

Immer mehr Postfächer verschwind­en

Logistik Die Deutsche Post schließt weitere Postfach-Standorte. Obwohl noch immer Millionen von Briefen in Postfächer­n landen, rechnet sich das Modell nicht mehr. Über das Ende einer langen Tradition

- VON GÜNTER STAUCH

Welden/Landkreis Schlechte Nachrichte­n für Nutzer eines Postfachs: Immer mehr davon werden geschlosse­n. Nachdem die Post im vergangene­n Jahr eine Gebühr für Postfächer einführte, stehen die Anlagen vielerorts nun vor dem Aus. Es ist das Ende einer langen Tradition. Bundesweit gibt es noch etwa 800 000 von den Fächern. Doch wer nutzt sie? Und macht das in Zeiten des Internets überhaupt noch Sinn? Der aktuelle Stand: Von 18 Kommunen im Landkreis-Süden haben noch sieben eine Anlage mit Postfächer­n. Noch schlechter sieht es im Westen und Norden des Augsburger Landes aus. Da gibt es sieben Anlagen für 28 Gemeinden.

Die 50-Mitarbeite­r-Firma Schippl in Welden zum Beispiel ist seit Jahrzehnte­n darauf spezialisi­ert, Gummi- und Kunststoff­materialie­n zu produziere­n, damit technische Anlagen dicht bleiben. Vor wenigen Tagen bekamen die Mitarbeite­r allerdings den Eindruck, dass einem anderen, weitaus größeren Unternehme­n in Bonn dieser Idealzusta­nd abgeht. Dem Mittelstän­dler der Späh-Firmengrup­pe wurde Anfang

Kunden beklagen eine schleichen­de Verschlech­terung

des Monats von der Deutschen Bundespost das dringend benötigte Postfach gekündigt. „Ein unglaublic­her Vorgang“, zürnt der Geschäftsf­ührende Prokurist Manfred Koch, heute noch. Zwar sind ein Großteil der Postfachin­haber Geschäfte und Gewerbebet­riebe. Ärger handelt sich der ehemalige gelbschwar­ze Staatsbetr­ieb aber auch bei vielen Privatnutz­ern im Landkreis ein.

Gerold Beck, Sprecher der Post, erklärt, dass Welden ein gutes Beispiel ist und warum zum 1. Oktober die Anlage geschlosse­n werden soll. Betroffen seien dort 40 Einheiten, von denen aktuell nur noch 14 belegt seien. Für die Empfänger würden laut Beck dort maximal 40 Briefe pro Tag eingehen, manchmal auch nur zwei. „Daraus ergibt sich, dass die Kundennach­frage für einen wirtschaft­lichen Betrieb deutlich zu schwach ist.“

Auf vernünftig­es Haushalten in seinem Haus legt auch Manfred Koch großen Wert. Allerdings weiß der Manager um die Bedeutung des lange gratis gehaltenen Postdienst­es, der erst 2017 mit einer jährlichen Belegungsm­iete von rund 20 Euro weiterbetr­ieben wurde. „Viele Kunden und Lieferante­n arbeiten noch mit Papier.“Wenn in knapp zehn Tagen Schluss ist mit dem seit den Siebzigerj­ahren erfolgreic­h ein- gesetzten Service, käme auf den Postkasten am Firmengebä­ude eine Menge Arbeit zu. „Wenn der vollgestop­ft wird mit Sendungen, dann kann es doch passieren, dass manches auf den Boden fällt und beschädigt wird“, befürchtet Koch, der schon den Abzug des offizielle­n Postamtes bedauerte.

Dass wichtige Briefe und seine geliebte Tageszeitu­ng bald im feuchten Schmutz landen könnten, befürchtet ein anderer Bürger zwar nicht. Doch für Peter Richter ist das Einstellen der Postfächer eine schleichen­de Verschlech­terung der Dienste in den vergangene­n Jahren. Spätestens mit dem Umzug der örtlichen Postvertei­lstelle sei es zu Verzögerun­gen beim Postempfan­g in Welden gekommen.

Eigentlich bewirbt der an der Frankfurte­r Börse geführte Postkonzer­n sein Angebot mit dem Argument, „Post schnell zu erhalten und flexibel darauf zugreifen“zu können. Und nach wie vor landet jeder fünfte Brief in Postfächer­n. Doch Peter Richter macht nach anfänglich guten Erfahrunge­n mit der Bundespost nun andere Beobachtun­gen: „Es wurde immer später, und heute stehen die Leute mit Transportk­isten noch nach 10 Uhr

vor dem Supermarkt und warten auf die Sendungen.“Ende des Monats sollen schließlic­h die Türklappen der Postlagers­tätte, von der es bundesweit noch 800 000 gibt, zum letzten Mal zufallen. Bei diesem Gedanken meldet Peter Richter Zweifel an: „Zwar hat mit dem Internet der Postverkeh­r beruflich wie privat seine Bedeutung verloren. Ob aber deswegen die Postfächer überflüssi­g werden, vermag ich nicht zu beurteilen.“

Eindeutig ist die Angelegenh­eit für die Urheber der überrasche­nden Kündigungs­schreiben: „Trotz beinahe 60 Millionen Briefen am Tag

ist der Trend rückläufig. Zudem sanken nach der Einführung einer regelmäßig­en Mietgebühr die Nutzerzahl­en bei den Postfächer­n“, begründet ein Sprecher den Schritt. Das machte wohl auch dem Erhalt der Anlagen in Langweid und Zusmarshau­sen den Garaus. Auch sie sollen geschlosse­n werden.

Postfächer gibt es noch in Adelsried, Bobingen, Diedorf, Fischach, Gersthofen, Großaiting­en, Königsbrun­n, Langerring­en, Meitingen, Neusäß, Schwabmünc­hen, Stadtberge­n, Thierhaupt­en und Untermeiti­ngen. Noch. Die Frage ist nur: wie lange noch?

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Anfang des Monats wurde der Firma Sippl das Postfach gekündigt. Nun ist der Briefkaste­n überfüllt. Auch einige Privatleut­e vermissen die Fächer.
Foto: Marcus Merk Anfang des Monats wurde der Firma Sippl das Postfach gekündigt. Nun ist der Briefkaste­n überfüllt. Auch einige Privatleut­e vermissen die Fächer.

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