Sie öffnen das Fenster in die Vergangenheit
Wie Archäologen arbeiten, erklärt Dr. Ruth Sandner vom Landesamt für Denkmalpflege. Und warum es besser ist, wenn nicht alle Funde ans Licht kommen
Thierhaupten/untermeitingen Scherben, Schmuck oder ganze Skelette: Was die Archäologen alles im Boden finden und was die Wissenschaftler daraus ableiten können, war Thema bei der jüngsten Seminarreihe des Heimatvereins für den Landkreis Augsburg. Dr. Ruth Sandner vom Landesamt für Denkmalpflege im Kloster Thierhaupten berichtete aus dem Alltag – sie ist seit 2016 als Gebietsreferentin für den Landkreis Augsburg zuständig. Wir sprachen mit ihr.
In Ihrem Vortrag berichteten Sie mit einem Augenzwinkern, dass man eigentlich überall dort, wo auf einem Feld ein Sonnenschirm steht, auf archäologische Ausgrabungen treffen könne. Was machen die Archäologen eigentlich, wenn die Sonne nicht mehr scheint und es jetzt in den Herbst und Winter geht?
Dr. Ruth Sandner: Weiter ausgraben, solange es die Witterung zulässt. Im Anschluss an die Ausgrabungen müssen dannjeweils Berichte angefertigt werden.
Welche stehen aktuell auf der Liste?
Sandner: Das sind sehr viele. Wie bei den Ausgrabungen geht es bunt durch alle Zeiten, also vom Neolithikum bis in die jüngste Vergangenheit.
Was fasziniert Sie am meisten?
Sandner: Da gibt es keinen Schwerpunkt. Weil es ja auch keine besondere Wertung geben kann. Alle angetroffenen Funde und Befunde sind gleich wichtig und müssen auch gleich behandelt werden.
Warum wird eigentlich nicht noch mehr ausgegraben?
Sandner: Uns liegt daran, dass das Denkmal ungestört im Boden erhalten bleiben kann. Eine Ausgrabung ist ja eine dokumentierte Entfernung. Wenn die Planungen so angepasst werden können, dass das Denkmal ungestört im Boden bleibt, dann ist das das Beste im Sinne des Denkmalschutzgesetzes.
Das heißt ja auch, dass den nachfolgenden Generationen noch Arbeit bleibt.
Sandner: Das muss so sein. Vielleicht lassen sich in der Zukunft mit verbesserten Methoden auch noch mehr Informationen aus den Bodendenkmälern gewinnen.
Was wäre denkbar? Haben Sie ein Beispiel?
Sandner: Die Entwicklung der natur- wissenschaftlichen Analysen geht auf jeden Fall weiter. Wenn man an Skelette denkt, dann ist heute nicht nur die anthropologische Bestimmung – ob Mann oder Frau – möglich, sondern auch Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand, medizinische Versorgung und Verwandtschaft.
Apropos Skelette: Die kamen auch bei der Ausgrabung am neuen Kindergarten in Thierhaupten zum Vorschein.
Sandner: Dazu gibt es leider noch keine Interpretation.
Die Ausgrabung in Thierhaupten ist abgeschlossen. In Untermeitingen wird noch weiter im Baugebiet gegraben.
Sandner: Zutage gekommen sind vorgeschichtliche Siedlungsbefunde im Bereich der römischen Straße, die auf die günstige Siedlungslage wie Naturraum oder Bodengüte zurückzuführen ist. Dort wurde eigentlich durch alle Generationen hindurch gelebt – bis heute.
Ein idealer Lebensraum?
Sandner: Ganz genau.