Koenigsbrunner Zeitung

Entscheide­t Geld über die historisch­e Mauer?

Archäologe­n haben an der Volkhartst­raße einen wertvollen Fund gemacht. In der Frage, ob man ihn für die Nachwelt erhalten will, sind sich die Politiker noch nicht einig. Es geht um die Finanzieru­ng – und um mehr

- VON MICHAEL HÖRMANN

Wie reagiert die Politik auf die archäologi­schen Funde am Theater? Zu welchen Konditione­n könnte die alte Stadtmauer erhalten bleiben und somit in den Umbau des Theaters eingebunde­n werden? Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) sagt am Donnerstag auf Az-anfrage: „Wir haben mehrere Handlungso­ptionen vorliegen. Wir werden das diskutiere­n und dabei die Fördersitu­ation mit der Regierung von Schwaben berücksich­tigen.“

Der Stadtrat werde am Ende darüber befinden, sagt Gribl. Dass vom beauftragt­en Architektu­rbüro Walter Achatz Umbauplanu­ngen vorgelegt worden sind, hält Gribl für zwingend notwendig: „Fakten sind die einzig richtige Entscheidu­ngsgrundla­ge. Und es ist unsere Aufgabe, dem Stadtrat vollständi­ge und tragfähige Entscheidu­ngsgrundla­gen zu geben.“Das historisch­e Erbe sei wertvoller Teil der städtische­n DNA. Fachleute hätten insofern eine Bewertung aus archäologi­scher, baufachlic­her und finanziell­er Expertensi­cht vorgenomme­n. Dieses bisherige Vorgehen sei absolut sachgerech­t, so Gribl.

Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) war stets ein Gegner der aus seiner Sicht „schöngerec­hneten Theaterfin­anzierung“. Er kritisiert­e frühzeitig, dass die kalkuliert­en 186,3 Millionen Euro Gesamtkost­en nicht reichen werden. Insofern sehe er sich durch die aktuelle Entwicklun­g bestätigt.

Der Architekt zeigt sich anderersei­ts als Befürworte­r, die alte Stadtmauer zu erhalten: „Die Funde sind kulturhist­orisch hochkaräti­g, sie müssen alternativ­los erhalten und als dauerhafte­s Zeugnis der Stadtgesch­ichte der Bürgerscha­ft sichtbar gemacht werden.“Dies umso mehr, weil die Mauer „im Rahmen eines Kulturbaue­s zu Tage tritt und es ein kulturelle­r Frevel erster Kategorie wäre, auf diese Weise historisch­es Kulturgut zu zerstören“. Städte wie Ulm sicherten sogar im Rahmen von Parkbauten unter der Neuen Straße Stadtmauer­reste und machten diese den Bürgern sichtbar, so Schafitel.

Zum Thema Geld sagt der Freie Wähler: „Die Integratio­n der jetzigen Stadtmauer­funde stellen einen ersten kulturelle­n Beitrag im Rahmen der Theatersan­ierung dar. Es könnten noch weitere folgen.“Die Kosten hierfür müsse man sich leisten können, wenn man an solchen Orten baue. „Das Vorkommen von hochkaräti­gen kulturhist­orischen Funden bei archäologi­schen Grabungsar­beiten in diesem Umfeld war vorhersehb­ar.“

In der Csu-fraktion ist das Thema besprochen worden, ohne sich zum jetzigen Zeitpunkt festzulege­n. Andreas Jäckel, kulturpoli­tischer Sprecher der CSU, sagt: „Das ist in der Tat eine Frage der Abwägung.“Drei Punkte, die es dabei zu berücksich­tigen gelte, führt er an: Zum einen geht es um die mögliche finanziell­e Beteiligun­g des Freistaats, zum anderen um eine denkbare Bauzeitver­längerung des Theaterumb­aus mit möglichen Zusatzkost­en. Dritter Aspekt sei ein „kulturelle­r Mehrwert“, der durch die optisch ansprechen­de Freilegung der Stadtmauer zu erzielen sei.

Jäckel sagt, dass es nicht zwingend bereits am 24. Oktober eine Entscheidu­ng im Stadtrat geben müsse: „Dieses Thema eignet sich nicht für einen Schnellsch­uss, es be- darf einer gründliche­n Untersuchu­ng.“Csu-fraktionsc­hef Bernd Kränzle verweist auf einen weiteren Punkt: „Wir müssen schauen, wie es beim Römischen Museum weitergeht.“Die Politik stehe im Wort, das Projekt voranzutre­iben: „Deshalb gibt es eine sogenannte Verpflicht­ungsermäch­tigung im Doppelhaus­halt 2019/2020.“Dies heißt, die Stadt verpflicht­et sich, Geld für das Römische Museum bereitzust­ellen. Vorgesehen sind aktuell etwas mehr als drei Millionen Euro, die für die neue Bodenplatt­e in der Dominikane­rkirche gedacht sind.

Eine politische Bewertung des Sachverhal­ts kommt für Margarete Heinrich, Vorsitzend­e der Spdstadtra­tsfraktion, zu früh: „Wir haben stets gesagt, dass die archäologi­schen Funde am Theater eine besondere Komponente sein werden.“Dass nun Teile der Stadtmauer in diesem Ausmaß gefunden worden seien, „ist eben nicht zu ignorieren“. Die Wertschätz­ung der Archäologi­e sei ein wichtiger Punkt. Heinrich sagt aber auch: „Wir können wohl keinen Präzedenzf­all schaffen.“Wenn Privatpers­onen bei Bauten auf Relikte der Vergangenh­eit stoßen, seien sie gehalten, die Funde in Übereinsti­mmung mit den zuständige­n Fachbehörd­en zu sichern. Wenn es um die mögliche Finanzieru­ng des dann teurer werdenden Theaterumb­aus gehe, müsse sich die Stadt mit dem Landesamt für Archäologi­e abstimmen.

Linken-stadtrat Otto Hutter, der zur Ausschussg­emeinschaf­t gehört, sagt: „Augsburg muss mit seiner Geschichte punkten und darf sein Erbe nicht weiter zerstören.“Den Vorschlag mit der Glasplatte halte er für „charmant“. „Zur Kostendeck­ung schlage ich Einsparung­en bei der städtische­n Propaganda vor, namentlich beim Hauptamt Kommunikat­ion.“Noch keine Positionie­rung gibt es bei den Grünen, die mit CSU und SPD im Rathaus regieren. Fraktionsc­hefin Martina Wild erläutert: „Wir werden das Thema in der Fraktionss­itzung am Dienstag erörtern. Diese Woche fiel die Sitzung ersatzlos, weil unser Bundesvors­itzender Robert Habeck Gast im Augsburger Rathaus war.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Im vorderen Bereich dieses Bilds sind die Teile der historisch­en Stadtmauer zu sehen, um die es in der aktuellen Debatte geht: Sie stammen zum Teil aus dem 13. Jahrhunder­t, später wurden Wehrtürme angebaut. Die Entwicklun­g der Stadtbefes­tigung lässt sich an diesem Mauerwerk bis ins 19. Jahrhunder­t nachvollzi­ehen.
Foto: Silvio Wyszengrad Im vorderen Bereich dieses Bilds sind die Teile der historisch­en Stadtmauer zu sehen, um die es in der aktuellen Debatte geht: Sie stammen zum Teil aus dem 13. Jahrhunder­t, später wurden Wehrtürme angebaut. Die Entwicklun­g der Stadtbefes­tigung lässt sich an diesem Mauerwerk bis ins 19. Jahrhunder­t nachvollzi­ehen.

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