Laute Kritik durch leise Töne
Die Vivid Curls bieten in der Buchhandlung Schmid mehr als nur gefühlvolle Musik
Schwabmünchen Abende mit ganz besonderer Atmosphäre, die sind das Publikum in der Buchhandlung Schmid in Schwabmünchen gewöhnt. Besonders gut war so manchem Fan der erste Abend mit den Vivid Curls, den lebendigen Locken, dort in Erinnerung. Und deshalb war die Vorfreude auf das erneute Konzert mit den beiden Allgäuerinnen riesig. Und wieder ging niemand enttäuscht nach Hause, im Gegenteil. Und: Auch diesmal gab es in Bayerns bester Buchhandlung wieder eine Premiere.
Groß waren die Erwartungen auf den Abend beim vorrangig weiblichen Publikum, vorrangig eingefleischten Fans, vorrangig Gästen nicht aus der direkten Umgebung von Schwabmünchen, anscheinend vorrangig eingefleischte Fans von Irene Schindele und Inka Kuchler, einem ganz speziellen Duo. Als die jungen Frauen auf die kleine Bühne der Buchhandlung kommen, herrscht Stille nach dem Empfangsapplaus.
Berechtigt, denn es folgte ein gefühlvoller Auftakt. Und nicht nur das. Es bleibt bei dieser Stimmung. Die Mädels singen und erzählen aus ihrem Leben, Szenen, die jeden irgendwie in den Bann ziehen, betroffen, nachdenklich oder glücklich machen, auch wenn, oder vielleicht gerade deshalb, sie ganz alltäglich sind.
Es geht um Menschlichkeit, Liebe, Gerechtigkeit, Gleichheit, ob auf Englisch, Französisch oder Allgäuerisch. Die gelockten Mädels, schwarze Strumpfhosen, Stiefel, Häkelkleider aus den Siebzigern, gesunde Gesichtsfarbe, sie harmonieren nicht nur optisch wie Zwillingsschwestern. Ihr Gesang, Sopran und Rockröhre, ergänzt sich perfekt. Harmonie auch beim Gitarrespiel.
Diese musikalische und optische Übereinstimmung und Ergänzung lässt sie auch bei ihrem, neben der Musik, großen Anliegen authentisch erscheinen: „Wir wollen die Welt verändern. Davon träumen wir mit offenen Augen“, betonen die beiden Wiggensbacherinnen, die sogar eine Hymne auf ihre Heimat und das Allgäu geschrieben haben und sie gefühlvoll darbringen. Die beiden Mütter von vier Kindern aber deswegen als Träumer zu bezeichnen, wäre falsch. „Wir wissen, dass wir unser Ziel noch nicht erreicht haben“, meinen sie. „Doch wir kämpfen weiter.“
Die Demokratie nicht als selbstverständlich hinnehmen, den Kampf gegen Rechts weiterführen, sich gegen Kindsmisshandlung, Umweltzerstörung und Gotteskrieger auflehnen, das tun sie mit leisen Tönen und finden gerade dadurch Anerkennung beim Publikum.
Nach der Pause geht es aber wieder mit gefühlsbetonten Themen weiter: Lieder für die Oma, die Augsburger Puppenkiste, die Liebe und das Glück. „Einfach mal grundlos glücklich sein, das ist doch schön, oder“, meinen die beiden, die der festen Überzeugung sind, dass Glück wie Mathematik oder Deutsch in der Schule als Unterrichtsfach den gleichen Stellenwert haben sollte.
Diese Idee finden die Fans im Publikum ebenso schön wie die von Hand gestalteten Fair-trade-eine-welt-t-shirts, die die Wiggensbacherinnen reihenweise verkaufen, genauso wie ihre CDS. Die jungen Frauen sind also auch geschäftstüchtig.
Was lassen sich die nächsten Künstler auf der Bühne bei Hans Grünthaler einfallen, um ein Alleinstellungsmerkmal zu erreichen?