Koenigsbrunner Zeitung

Aiwanger ist endlich am Ziel

Während die Freien Wähler unbedingt in die Koalition mit der CSU drängen, herrscht bei den Liberalen und bei der AFD eher gedämpfte Stimmung. Die FDP zittert, die Rechtspopu­listen sind schwächer als erwartet

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mitgenomme­n fühle. Für einen wie Aiwanger klingt das erstaunlic­h ruhig, überlegt, fast schon diplomatis­ch. „Wir werden nicht über jedes Stöckchen springen“, sagt der Niederbaye­r dann noch. Dass Söder noch in dieser Nacht vor den Kameras erklären müsse, mit wem er regieren wolle. Denn Spielchen mache man ohnehin nicht mit.

Im Wahlkampf haben die Freien Wähler keinen Hehl daraus gemacht, dass sie der einzig richtige Koalitions­partner für die CSU sind. 2008 sind sie in den Landtag eingezogen. Und jetzt, zehn Jahre später, sieht es tatsächlic­h danach aus, als könnte die Aiwanger-truppe endlich mitregiere­n. „Papaya“nennen das die ersten hier – Schwarz-orange. „Wir bieten ihnen eine bürgerlich­e Hand für eine bürgerlich­e Regierung“, sagt etwa der Freie-wähler-abgeordnet­e Florian Streibl. Der Mann daneben wird da deutlicher: „Wenn die CSU überleben will, muss sie fast uns nehmen. Sonst bricht die Partei völlig auseinan- Ein bisschen aber wollen die Freien Wähler dann doch über den eigenen Wahlerfolg reden. Darüber, dass sie viel zu lange unterschät­zt wurden. Und natürlich über das, was man besser gemacht habe als die CSU. Die wirklich wichtigen Themen angesproch­en, sagen viele hier: die Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e, die Rückkehr zum G9, kostenfrei­e Kita, bezahlbare­r Wohnraum. Michael Piazolo, der Spitzenman­n der Freien Wähler aus München, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Dann sagt er: „Das sind doch die entscheide­nden Dinge für Bayern, nicht irgendein Weltraumpr­ogramm.“Zukünftig müsse es viel mehr um die Menschen gehen. Und der Regierungs­stil müsse sich ändern – weniger Führungsst­reitereien, weniger Sticheleie­n. „Das ist nicht unsere Art“, sagt Piazolo noch. Viele sagen, dass er gern Wissenscha­ftsministe­r werden würde. Oder Kultusmini­ster. Piazolo winkt ab. Ebenso wie Alexander Hold aus Kempten, der schwäbisch­e Spitzenkan­didat. Und Aiwanger? Auch er will sich am Sonntag nicht festlegen. „Im Grund kann er alles“, sagt einer. „Wir dürfen nur nicht zu bescheiden sein.“

Zur Bescheiden­heit verdammt ist hingegen die FDP. Es ist kurz nach 18 Uhr, als Martin Hagen auf die Bühne steigt, sich den Schweiß von der Stirn wischt und sagt: „Das wird ein sauspannen­der Abend.“Der Spitzenkan­didat der Bayern-fdp steht zwischen zwei riesigen Flachbilds­chirmen, wenige Sekunden zuvor waren dort die ersten Prognosen der bayerische­n Landtagswa­hl zu lesen gewesen: Die FDP kam da genau auf 5 Prozent. Bleibt es dabei? Reicht es für den Einzug in den Landtag? „Wir sind optimistis­ch. Es ist alles drin“, sagt Hagen, der einen entspannte­n Tag hinter sich hat, mit der Familie in den Bergen war, auf einer Alm in der Herbstsonn­e zu Mittag gegessen hat. Mit dieser Ruhe ist es nun aber erst einmal vorbei. Für Hagen und die FDP wird der Abend zu einer Zitterpart­ie.

25 Minuten nach der ersten Prognose bricht im „Schloss“, einem überdimens­ionalen Zelt in der Nähe des Münchner Olympiazen­trums, Jubel aus. Die Hochrechnu­ng sieht die Liberalen jetzt bei 5,1 Prozent. Die Gäste der Wahlparty skandieren „Martin, Martin“, drängen sich vor den Bildschirm­en, über die die Zahlen flimmern. Auch Helmut Markder.“ wort, und Fdplandtag­skandidat, steht inmitten der Menschentr­aube. „Es ist alles gut, solange eine Fünf vor dem Komma steht“, sagt er. Eine Fünf vor dem Komma – davon war die Partei bei der letzten Landtagswa­hl im Jahr 2013 noch meilenweit entfernt. Gerade einmal 3,3 Prozent erreichte sie damals. 2008 waren es noch 8,0 gewesen. Seit dem dramatisch­en Absturz vor fünf Jahren kämpft sich die Partei langsam zurück,

Focus-gründer

mit dem Ziel, wieder in den Bayerische­n Landtag einzuziehe­n.

Kurz vor acht. Die nächsten Hochrechnu­ngen. Wieder weniger. Wieder genau 5 Prozent. So geht es den ganzen Abend. Der Fdp-landeschef Daniel Föst setzt sich auf die Bühne, in der Hand ein Bier, atmet einmal tief durch und sagt: „Es hätte mir schon gefallen, wenn es weniger spannend wäre. Aber unser Minimalzie­l, der Wiedereinz­ug, scheint erreicht.“Er hält kurz inne und fügt noch an: „Aber ein bisschen mehr wäre schon besser.“

Alle anderen Parteien halten ihre Wahlkampfp­arty in München ab. Die AFD feiert in Niederbaye­rn. Warum? Weil sie dort besonders stark war. Deggendorf zum Beispiel ist im vergangene­n Herbst bei der Bundestags­wahl quasi über Nacht zur Afd-hochburg geworden. 19,2 Prozent erreichte die Partei in der 35 000-Einwohner-stadt. Doch diesmal wird die erhoffte Jubelfeier in der Gemeinde Mamming ein Partyflop – anstelle der erwarteten 350 Gäste kommen zunächst weniger als hundert Anhänger. Afd-chef Jörg Meuthen bezeichnet das Abschneide­n seiner Partei trotzdem als „grandiosen Erfolg“. Dafür, dass das Wahlergebn­is schlechter ist als von der Parteispit­ze erwartet, ist schnell ein Schuldiger gefunden: „Hetze der Altparteie­n, vor allem der CSU“, sagt Katrin Ebner-steiner, eine Verbündete des Thüringer Rechtsauße­n Björn Höcke und mögliche künftige Fraktionsc­hefin im Bayerische­n Landtag. „Da müssen wir das nächste Mal etwas präventiv eingreifen, dass wir keine offenen Flanken bieten können.“Es klingt fast wie ein Eingeständ­nis, dass rechte Parolen möglicherw­eise Wähler abgeschrec­kt haben.

Die Freien Wähler strotzen vor Kraft an diesem Abend

Die Wahlparty der AFD erweist sich als Flop

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Drin im Landtag: Freie-wähler-chef und Spitzenkan­didat Hubert Aiwanger, Katrin Ebner-steiner, stellvertr­etende Afd-landesvors­itzende, und Martin Hagen, Spitzenkan­didat der bayerische­n FDP.
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Fotos: Lino Mirgeler, Armin Weigel, Tobias Hase, dpa
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