Koenigsbrunner Zeitung

Des einen Freud, des anderen Leid

Wie viel Schuld trägt die Große Koalition am bayerische­n Wahlergebn­is? In der Hauptstadt gibt man sich zurückhalt­end

- VON MARTIN FERBER UND BERNHARD JUNGINGER

Berlin Nur nicht abheben und ausflippen. Erst recht nicht übermütig oder gar hochnäsig werden. Es gilt die Devise, die der erfolgreic­hste Politiker der Grünen, Winfried Kretschman­n, der erste Ministerpr­äsident der Öko-partei, schon vor Jahren ausgegeben hat: „Wir bleiben auf dem Teppich, auch wenn der gerade fliegt.“Und wie er fliegt. Kein Wunder, dass die Grünen in ihrer Berliner Parteizent­rale ebenso laut wie ausgelasse­n feiern. Parteichef­in Annalena Baerbock greift das Kretschman­n-zitat auf und dreht es weiter: „Der Teppich macht Saltos, aber selbst bei einem fliegenden Teppich, der Saltos macht, kann man auf dem Boden bleiben.“Die Grünen hätten alle Wahlziele erreicht – ein zweistelli­ges Ergebnis erreicht, zweitstärk­ste Partei im Freistaat und die absolute Mehrheit der CSU gebrochen, wofür man 30 Jahre gekämpft habe. Gleichwohl müssen sie in der Stunde ihres Triumphes auch mit einer gewissen Enttäuschu­ng zur Kenntnis nehmen, dass sie im Bayerische­n Landtag wohl fünf weitere Jahre auf den harten Bänken der Opposition sitzen werden. Eine schwarz-grüne Regierung erscheint eher unwahrsche­inlich. „Ist vielleicht besser für uns“, bringt es ein junger Grüner in der Parteizent­rale auf den Punkt. Denn statt mit der CSU schwierige Kompromiss­e zu schließen, könnten die Grünen als Opposition­sführerin der CSU das Leben schwer machen.

Im Berliner Konrad-adenauerha­us, der Bundeszent­rale der CDU, werden zwar Leberkäse und Weißbier gereicht, doch eine Mitschuld am Wahldebake­l der bayerische­n Schwesterp­artei weist man weit von sich. Generalsek­retärin Annegret Kramp-karrenbaue­r nennt das Abschneide­n der CSU „bitter“, überrasche­nd sei es aber nicht. Sondern eine Folge der Konflikte der Großen Koalition in Berlin. Die Streitigke­iten seien „kein Rückenwind“für die Wahlkämpfe­r in Bayern gewesen, sagte Kramp-karrenbaue­r. Vor allem „Tonfall und Stil“der Konflikte hätten viele Wähler abgeschrec­kt – kaum verhohlene Kritik an CSU-CHEF und Bundesinne­nminister Horst Seehofer.

Es gibt auch Stimmen, die eine Mitverantw­ortung der CDU an der Wahlschlap­pe der CSU in Bayern einräumen. Eine kommt von Alexander Mitsch, dem Vorsitzend­en der konservati­ven Werteunion in der CDU: „Horst Seehofer und die CSU sind stellvertr­etend für die Kanzlerin abgestraft worden, weil sie sich nicht durchgeset­zt beziehungs­weise ihren Handlungss­pielraum zur Lösung der Asylkrise nicht genutzt haben.“In den Augen vieler Wähler habe die CSU damit die Rolle des Korrektivs aufgegeben und sich entbehrlic­h gemacht, so Mitsch.

Bei der SPD herrscht blankes Entsetzen über das desaströse Ergebnis in Bayern. Parteichef­in Andrea Nahles räumt ein: „Wir konnten die Wähler nicht überzeugen, und das ist bitter.“Der Frage nach personelle­n Konsequenz­en wich sie aus: „Da denken wir jetzt nicht drüber nach.“Doch der SPD stehen schmerzhaf­te Debatten bevor.

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Foto: Gregor Fischer, dpa Wird auch bei der CDU beobachtet: die Wahl in Bayern.

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