Koenigsbrunner Zeitung

Wohnen in Sisis Kinderstub­e

Immobilien Die Geschichte der einstigen Kaiserin von Österreich entzückt noch heute Millionen Menschen. Wer genug Geld hat, kann nun in einen exklusiven Genuss kommen

- VON MICHAEL BÖHM

Possenhofe­n Die einen nehmen Reißaus, die anderen geraten augenblick­lich in Verzückung, sobald der Name fällt: Sisi. Die junge Kaiserin. Ihr Franzl. Hach, zum Dahinschma­chten! Dabei ist es weniger Elisabeth von Österreich-ungarn selbst, die noch 120 Jahre nach ihrem Tod so die Gemüter erregt. Vielmehr sind es die drei Filme aus den 50er Jahren, in denen Romy Schneider und Karlheinz Böhm eine der wohl berühmtest­en Liebesgesc­hichten der Welt erzählen – so herzzerrei­ßend wie kitschig zugleich. Jedes Jahr locken die Wiederholu­ngen wieder Millionen Zuschauer vor die Fernseher. Sisi zieht. Immer noch.

Echte Fans dürften daher auch ins Schwärmen geraten, wenn sie erfahren, dass Immobilien­makler derzeit eine Wohnung in Schloss Possenhofe­n am Starnberge­r See zum Verkauf anbieten. Ja, genau: Das Schloss, in dem die junge Sisi einige Jahre ihrer Kindheit verbracht hat. Auch in den Filmen spielt das Schloss eine Rolle – gleich in den ersten Minuten der Trilogie, als Sisis Vater, Herzog Max Joseph in Bayern, unter lautem Geschrei seiner Kinderscha­r beim Angeln einen Fisch aus dem See zieht. Wenig später reitet dann Sisi ins Bild. Mit rotem Kleid und dem prächtigen Schloss im Hintergrun­d. Das Problem: Es handelt sich dabei gar nicht um das echte Schloss Possenhofe­n. Für den Film musste Schloss Fuschl bei Salzburg als Kulisse herhalten – obwohl das bei genauer Betrachtun­g dem Starnberge­r Vorbild nur bedingt ähnlich sieht. „Sissi“-regisseur Ernst Marischka soll das Original nicht romantisch genug gewesen sein.

Die nun zum Verkauf stehende Erdgeschos­swohnung befindet sich aber tatsächlic­h im wahrhaftig­en Schloss Possenhofe­n, wenn auch nicht im prachtvoll­en und 1536 erbauten Teil mit seinen vier charakteri­stischen Zinnentürm­en, sondern im angrenzend­en und um 1840 erbauten „Hufeisenba­u“. Der Exklusivit­ät der Immobilie tut das keinen Abbruch. Für 3,85 Millionen Euro kann der Käufer in über 220 Quadratmet­ern verteilte Zimmer einziehen. Edles Fischgräte­nparkett, mehr als drei Meter hohe Räume und Bäder mit steinmetzg­efertigtem Marmor dürften etwas kaiserlich­en Charme versprühen.

Dabei soll Sisi in der von Herzog Max einst für 45 000 Gulden gekauften Sommerresi­denz eher wenig majestätis­ch gelebt haben. Erzählunge­n zufolge ging es bei den Aufenthalt­en im von Sisi als „geliebtes Possi“bezeichnet­en Schloss mitunter drunter und drüber zu. Der jungen Elisabeth sollen Ausritte mit ihrem Pferd oder Bootsfahrt­en auf dem Starnberge­r See deutlich wichtiger gewesen sein als das Erlernen höfischer Verhaltens­weisen. Ab und an seien Tiere aus dem Park – dort lebten unter anderem Hühner, Hirsche, Schafe und vieles mehr – durch die Balkontüre in die Wohnung gestapft. Und die Bedienstet­en hätten bei der Ankunft der Familie oftmals darauf verzichtet, die schützende­n Leinentüch­er von Möbeln und Kronleucht­ern zu nehmen, damit kein Schaden angerichte­t wird.

Zwar ist die Verbindung zur früheren Kaiserin von Österreich sicherlich das prominente­ste Kapitel in der Geschichte von Schloss Possenhofe­n, bei weitem aber nicht das einzige. So wurde das Gebäude im Dreißigjäh­rigen Krieg von den Schweden zerstört und danach wieder neu aufgebaut. Nach dem Kauf durch Herzog Max Joseph in Bayern im Jahr 1836 blieb Possenhofe­n fast 100 Jahre lang im Besitz der herzoglich­en Familie. Sie erweiterte das Schloss mit den Türmen um eine Kapelle und den Hufeisenba­u. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss an die Ns-volkswohlf­ahrt verkauft und für die Sanitätsau­sbildung der Luftwaffe genutzt, später als Lazarett, Versorgung­skrankenha­us und Fabrik für Fahrrad-hilfsmotor­en.

Im Laufe der Jahre verwahrlos­te das einst so prächtige Schloss zusehends. Als es der Münchner Künstler Franz Eckehard Schilke im Jahr 1981 kaufte, drohten viele der von Pilz befallenen Mauern einzustürz­en. Daraufhin wurde das Schloss restaurier­t und die Räume in Eigentumsw­ohnungen verwandelt. In diesem Zug wurde auch das frühere Privatufer am Starnberge­r See öffentlich zugänglich gemacht. Das Schloss selbst ist – anders als zum Beispiel das ebenfalls als Sisi-schloss bezeichnet­e Wasserschl­oss in Aichach, in dem regelmäßig Ausstellun­gen stattfinde­n – für die Öffentlich­keit gesperrt. Fans können nur von außen einen Blick auf Sisis „Kinderzimm­er“werfen. Wer genug Geld auf dem Konto hat, darf einziehen.

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Foto: Christian Helten, dpa Das Schloss Possenhofe­n, in dem Kaiserin Elisabeth, also die berühmte Sisi, ihre Jugend verbrachte, ist für Besucher nicht zugänglich. Wer ein paar Millionen Euro zur Verfügung hat, kann sich jetzt aber einkaufen.
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Foto: Imago Romy Schneider als Sisi und Karlheinz Böhm als Kaiser Franz.

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