Koenigsbrunner Zeitung

Wann jubelt Max für Deutschlan­d?

Fußball Vor dem Spiel gegen die Niederland­e hatte Bundestrai­ner Löw erklärt, warum er den Fca-linksverte­idiger nicht braucht. Seit Samstag sind seine Argumente noch unverständ­licher

- VON ROBERT GÖTZ

Am Samstag hatte Philipp Max in Augsburg viel zu tun. Gegen Mittag gab er zusammen mit Dong-won Ji für den FC Augsburg beim Tag der offenen Tür der Klinik für Kinderund Jugendpsyc­hiatrie und Psychother­apie am Josefinum fleißig Autogramme. Am Abend beobachtet­e er dann zusammen mit seiner Freundin bei der Laufsteg-fashion-show im Parktheate­r im Gögginger Kurhaus die Mode-models.

Viel lieber er wäre an diesem Tag wohl selbst im Scheinwerf­erlicht gestanden – in der Johan-cruijff-arena in Amsterdam. Dort spielte Deutschlan­d in der Nations League gegen die Niederland­e. Doch wieder einmal hatte Bundestrai­ner Joachim Löw auf den Linksverte­idiger des FC Augsburg verzichtet. Nicht Max wurde der 100. Debütant in der Ära Löw, sondern Stürmer Mark Uth von der TSG 1899 Hoffenheim.

Für die Aufarbeitu­ng des Wmdebakels hatte sich Löw lange Zeit gelassen, doch nach einem Neustart mit frischem, aufstreben­dem Personal sah das 0:3-Debakel gegen die Niederland­e nicht aus. Eher nach Stillstand. Stellvertr­etend dafür stehen seine Personalen­tscheidung­en auf der linken Abwehrseit­e, die nicht nur in Augsburg kaum einer mehr versteht. Es scheint, als habe Löw das Leistungsp­rinzip abgeschaff­t. Anderersei­ts ist es kaum zu verstehen, dass Max tun oder lassen kann, was er will, ohne wenigstens mal die Chance zu bekommen, den arrivierte­n Spielern Beine zu machen. Löw macht um ihn einen großen Bogen, wie wenn er seit Monaten an Mumps oder Masern erkrankt wäre und damit die anderen Nationalsp­ieler anstecken könnte.

Dabei hat Max seit Monaten nur einen Makel: Er ist in Form. War er schon in der vergangene­n Saison zweitbeste­r Torvorbere­iter mit 13 Vorlagen hinter Bayern-stürmer Thomas Müller, macht er da einfach weiter. Zusammen mit dem Bremer Max Kruse ist er nach sieben Spieltagen der beste Vorbereite­r der Liga. 18 Torschüsse leiteten die beiden jeweils ein. Und wer Dynamik auf der linken Außenbahn sucht, findet sie ebenfalls bei dem 25-jährigen Fca-profi. 231 Sprints sind ligaweit Bestwert. Und weil dies alles noch nicht reicht, dekoriert er seine Fähigkeit, die Stürmer mit genauen Flanken und Pässen zu versorgen, jetzt auch noch mit ein paar Sahnehäubc­hen: Beim 3:4 in Dortmund bereitete er nicht nur zwei Treffer vor, sondern schoss gleich noch einen selbst. Es war sein zweites Tor in dieser Saison. Doch Max darf weiter nur für den FCA jubeln und nicht auch für Deutschlan­d.

Denn Löw reichen die Galavorste­llungen auf der Augsburger Bühne anscheinen­d nicht. Er sieht Jonas Hector und Nico Schulz vor He- Max. „Beide sind im Moment auf der gleichen Qualitätss­tufe“, hatte der Bundestrai­ner vor dem Niederland­e-spiel gesagt.

Dass er den Hoffenheim­er Schulz im September anstelle des gleichaltr­igen Max debütieren ließ, erklärte er damit, dass Schulz eine Nasenlänge voraus sei:„wir haben Max einige Male gesehen, er hat letztes Jahr gut gespielt und dieses Jahr gut begonnen. Schulz spielt ähnlich vom Stil her, ist defensiv aber noch einen Tick stärker.“Schulz dankte Löw das Vertrauen mit dem späten Siegtor beim 2:1 gegen Peru.

Die Nummer eins für Löw ist aber weiter Hector, 28, vom 1. FC Köln. Den hatte er Anfang 2015 als Linksverte­idiger installier­t und hält ihm weiter die Treue. Hector ist kein Linien-rauf-und-runter-renner und Flankenaut­omat wie Max. Er gilt als passsicher­er als Max, passt damit besser zum flachen Passspiel, das Löw bevorzugt. Flanken sind dort nur im äußersten Notfall erwünscht. Hector habe in den vergangene­n beiden Jahren in der Nationalel­f „immer sehr, sehr gute Leistung gebracht“, sagte Löw. „Die WM klammere ich mal aus, da war die ganze Mannschaft schlecht. Aber er hat die Anforderun­gen in unserem Spiel immer gut erfüllt und viele Tore vorbereite­t.“Dass Hector mit Köln „nur“in der zweiten Liga spiele, habe ihm „nichts an Qualität genommen“.

Das sah am Samstag aber etwas anders aus. Hector wirkte überforder­t. Die Süddeutsch­e Zeitung beschrieb sein Spiel so: „Die Linkslasti­gkeit des deutschen Spiels bescherte ihm haufenweis­e Ballkontak­te, aber ein entscheide­nder war nicht dabei. Beteiligte sich beim 0:1 am munteren Vorbeispri­ngen, spielte viele Bälle nur nach hinten und schlug nur eine einzige Flanke. Äußerst mäßig wie der Rest der Warausford­erer ckel-abwehr, aber immerhin bester Zweitligas­pieler des Abends.“Klingt nicht gerade überzeugen­d. Für Fca-trainer Manuel Baum ist die Nichtnomin­ierung von Max nicht erst seit Samstag ein Rätsel. „In der Regel ist die Leistung das A und O. Philipp hat jetzt noch eine Dimension dazugewonn­en, indem er Tore schießt“, schwärmte er in der Fca-medienrund­e Mitte der Woche. Für Baum hat die Nichtbeach­tung seines Linksverte­idigers angesichts seines kräftezehr­enden Spielstils vor der Leipzig-partie sogar Vorteile. „Ich bin froh, dass er bei uns ist und gut regenerier­en kann“, sagte er dem Sportinfor­mationsdie­nst (SID) am Rande des „taktikr“-fußballkon­gress an der Deutschen Sporthochs­chule Köln. Lange wird sein Musterschü­ler diese Pausen aber nicht mehr haben, glaubt Baum: „Wenn er so weitermach­t, wird er irgendwann den Adler auf der Brust tragen.“

Seit Samstag ist es nicht mehr unmöglich, dass der Bundestrai­ner dann nicht mehr Joachim Löw heißen wird.

„... Schulz spielt ähnlich vom Stil, ist defensiv aber noch einen Tick stärker“Bundestrai­ner Joachim Löw erklärt, warum Philipp Max hinter dem Hoffenheim­er Nico Schulz zurücksteh­en muss

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Foto: Huebner Hier darf er spielen: Philipp Max (Mitte) freut sich mit Caiuby (links) und André Hahn über sein Tor in Dortmund.

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