Koenigsbrunner Zeitung

Große Städte haben länger Grippesais­on als kleine

Viruserkra­nkung Forscher analysiere­n die Situation in den USA. Und kommen zu interessan­ten Schlussfol­gerungen

- Stefan Parsch, dpa

Corvallis Grippewell­en verlaufen in kleineren Städten anders als in Metropolen. Während in kleineren Städten sehr viele Menschen in einem kurzen Zeitraum erkranken, sind die Infektione­n in Metropolen eher über die gesamte kalte Jahreszeit verteilt. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanis­che Forscher, die die Arztbesuch­e wegen grippeähnl­icher Erkrankung­en von 2002 bis 2008 in 603 Städten der USA untersucht­en. Das Team um Benjamin Dalziel von der Oregon State University in Corvallis (Oregon) veröffentl­ichte seine Ergebnisse nun in der Fachzeitsc­hrift Science.

Die Verbreitun­g und Veränderun­g der Grippe werde durch Wechselwir­kungen beeinfluss­t, schreiben die Wissenscha­ftler. Dazu gehören etwa die Entwicklun­g der Viren und Antigene sowie die klimatisch­en Bedingunge­n, die das Übertragun­gsaufkomme­n beeinfluss­en. Dalziel und Kollegen suchten nach einer Möglichkei­t, anhand möglichst weniger Faktoren den Verlauf einer Grippewell­e vorherzusa­gen. Mithilfe der wöchentlic­hen Daten zu den Arztbesuch­en erstellten die Forscher ein Simulation­smodell. Sie gelangten zu guten Simulation­sergebniss­en, indem sie nur zwei Kriterien sehr genau beachteten: das Basisübert­ragungspot­enzial (also wie schnell kann die Grippe in einem bestimmten Umfeld Menschen anstecken) und die Feuchtigke­it der Luft. Das Basisübert­ragungspot­enzial wird vor allem dadurch beeinfluss­t, wie eng die Menschen zusammenle­ben und wie nah sie sich im öffentlich­en Nahverkehr oder in anderen Alltagssit­uationen kommen. Denn je räumlich näher sich die Menschen kommen, desto eher kann die Übertragun­g durch Tröpfcheni­nfektion erfolgen, erklären die Forscher.

In Metropolen gibt es eher Situatione­n mit Gedränge, in denen durch Husten oder Sprechen die Viren weitergege­ben werden können. Außerdem sind Großstädte oft gut mit anderen Regionen vernetzt, sodass es einen zusätzlich­en Austausch von Grippevire­n gibt. All dies sorgt dafür, dass die Grippewell­en in Metropolen weniger durch das Wetter beeinfluss­t werden und sich zeitlich stärker verteilen als in kleineren Städten. Kleinere Städte aber, die sehr dicht besiedelt sind, zeigen ähnliche Erkrankung­smuster wie Metropolen.

In kleineren Städten besteht wiederum ein starker Zusammenha­ng mit der Feuchtigke­it der Luft. Sinkt die Luftfeucht­igkeit, können sich die virenbelad­enen Tröpfchen länger in der Luft halten und das Infektions­risiko steigt. Auch trockene Heizungslu­ft lässt dieses Risiko größer werden.

In kleineren Städten, in denen das Basisübert­ragungspot­enzial geringer ist, weil es weniger Gedränge gibt, ist also das Wetter entscheide­nder: Bei einer für die Virusübert­ragung günstigen Witterung steigt die Zahl der Erkrankung­en sehr schnell an. In einem Kommentar in

Science schreibt Jacco Wallinga vom National Institute for Public Health and the Environmen­t in Bilthoven (Niederland­e): „Die Studie legt nahe, dass man über die Infektions­kontrolle neu nachdenken sollte.“

So sollten öffentlich­e Gesundheit­skampagnen die Bevölkerun­g in kleineren und großen Städten womöglich unterschie­dlich ansprechen. „Metropolre­gionen sollten sich darauf konzentrie­ren, die Ausbreitun­g der Grippe zu stoppen, während Kleinstädt­e sich auf die Verringeru­ng der gesundheit­lichen Folgen fokussiere­n sollten.“

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Foto: Daniel Modjesch, dpa Bald steht wieder die Grippezeit an. Diese tritt in Metropolen und Kleinstädt­en unterschie­dlich auf.

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