Koenigsbrunner Zeitung

Köln ist dem Brandansch­lag entgangen

Terror Am Tag nach der Geiselnahm­e am Hauptbahnh­of hat die Polizei Haftbefehl gegen einen Syrer erlassen. Ein Überwachun­gsvideo zeigt, dass der Mann deutlich mehr Menschen treffen wollte

- (afp)

Köln Bei der Geiselnahm­e im Kölner Hauptbahnh­of ist die Stadt offenbar einem Brandschla­g von immenser Zerstörung­skraft entgangen. Hätte der inzwischen als Täter identifizi­erte 55-jährige Syrer seinen Gesamtbest­and an Benzin und Gaskartusc­hen zur Explosion gebracht, wäre bei dem Gewaltverb­rechen am Montag ein „weitaus größerer Schaden“entstanden, sagte Kölns Kripochef Klaus-Stephan Becker am Dienstag vor Journalist­en in Köln.

Zugleich wurde bekannt, dass die Bundesanwa­ltschaft in Kürze die Ermittlung­en in dem Kölner Fall an sich ziehen dürfte. Es sei damit zu rechnen, „dass wir dieses Verfahren aller Voraussich­t nach übernehmen werden“, sagte Markus Schmitt von der obersten Anklagebeh­örde in Köln. Dies würde bedeuten, dass die Ermittler einem Anfangsver­dacht auf einen terroristi­schen Hintergrun­d der Tat nachgehen.

Die Kölner Polizei zeigte einen Videomitsc­hnitt aus dem Schnellres­taurant im Kölner Hauptbahnh­of, in dem der Syrer am Montagmitt­ag einen Brandansch­lag begangen hatte. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, die in Panik vor einem großen Feuerball fliehen. Nach dem Anschlag hatte der Täter einen Großteil des Brandbesch­leunigers und der Gaskartusc­hen in dem Restaurant zurückgela­ssen und war aus zunächst ungeklärte­n Grün- in eine benachbart­e Apotheke geflohen. Als er dort später eine weibliche Geisel mit einem Feuerzeug anzuzünden drohte, stürmten SEK-Beamte die Apotheke und schossen den Angreifer nieder.

Nach einer Notoperati­on befand sich der Mann am Dienstag nicht mehr in Lebensgefa­hr. Er lag aber im Koma und war für die Ermittler nicht ansprechba­r. Bei dem Anschlag und der Geiselnahm­e wurden eine 14-Jährige und die Geisel verletzt. Während die Geisel am Dienstag das Krankenhau­s verlassen konnte, musste sich das Mädchen einer weiteren Operation unterziehe­n.

Nach Angaben des Kölner Kripochefs ist unterdesse­n zweifelsfr­ei erwiesen, dass es sich bei dem Täter um den 55-jährigen Syrer handelt, dessen Ausweisdok­ument am Tatort in der Apotheke gefunden wurde. Der Mann lebt demnach seit März 2015 in Deutschlan­d, die meiste Zeit in Köln. Der anerkannte Flüchtling habe eine Aufenthalt­serlaubnis bis Juni 2021.

Der Mann sei in der Vergangenh­eit „kriminalpo­lizeilich umfangreic­h in Erscheinun­g getreten“, sagte Becker. In insgesamt 13 Fällen sei es um Drogen, Diebstahl, Bedrohung, Betrug und Hausfriede­nsbruch gegangen. Bei der Durchsuden chung seiner Wohnung seien arabische Schriftzei­chen mit muslimisch­em Bezug gefunden worden. Es gebe dabei aber keinen konkreten islamistis­chen Bezug, insbesonde­re nicht zur Terrormili­z IS.

Nach Angaben der Ermittler leben auch der Bruder des Manns und sein Sohn in Deutschlan­d. Seine Frau soll sich demnach aber noch in Syrien aufhalten. Ihre Anträge auf Einreise nach Deutschlan­d seien zweimal „von den zuständige­n Stellen“abgelehnt worden.

Gegen den 55-Jährigen wurde derweil Haftbefehl unter anderem wegen zweifachen Mordversuc­hs erlassen, wie die Kölner Staatsanwä­ltin Natalie Neuen mitteilte. Die Ermittler bestätigte­n zugleich Berichte, wonach an den Gaskartusc­hen teilweise Stahlkugel­n angebracht waren. Bei einer Explosion hätten diese Kartuschen einen „immensen Schaden“angerichte­t, sagte Becker.

Laut Polizei lebte der Syrer in einer Kölner Flüchtling­sunterkunf­t. Einer Arbeit ging er demnach nicht nach, weil er dazu offenbar psychisch nicht der Lage war. Unklar blieb auch am Tag nach dem Verbrechen zunächst, ob der 55-Jährige Mittäter oder Gehilfen bei seinen Taten hatte. Hinweise auf einen Begleiter bei dem Brandabsch­lag und der Geiselnahm­e gab es Becker zufolge zunächst nicht.

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Foto: imago Polizisten stehen vor der Apotheke am Kölner Hauptbahnh­of, in der sich am Montag ein Geiselnehm­er mit Gasflasche­n und Stahlkugel­n verschanzt hatte.
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Foto: Polizei Köln, dpa Die Polizei bittet nach der Geiselnahm­e im Kölner Hauptbahnh­of um Hinweise zu einem roten Rollkoffer und einer braunen Umhängetas­che.

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