Nicht den Anschluss verlieren
Radfahren Augsburgs Rennbahn ist im Winter beliebter Anlaufpunkt für Breiten- und Leistungssportler. RSG-Chef Hofstetter will verhindern, dass andere Standorte vorbeiziehen
Im Sommer war Albert Hofstetter auf einem Segelschiff im Mittelmeer unterwegs. 70 Jahre ist der Augsburger alt, da kann man sich mal Urlaub gönnen. Zuhause hingegen hätte ihn Stress erwartet. Hofstetter ist seit 30 Jahren als Funktionär in der Radsportgemeinschaft Augsburg (RSG) tätig, seit zwei Jahrzehnten leitet er den Verein als Vorsitzender. Als Hofstetter im Juni Sonne und Meer genoss, fanden gleichzeitig auf der Radrennbahn in Lechhausen bayerische Meisterschaften statt.
Dass Hofstetter bei einer Großveranstaltung seines Vereins fehlt, könnte künftig öfter vorkommen. Er will kürzertreten, will nicht mehr für alles und jeden den Kopf hinhalten, wie er es nennt. Seinen Posten als Vorsitzender will er zur Verfügung stellen. Und das nicht aus einer Laune heraus. „Ich bin wild entschlossen“, bekräftigt Hofstetter.
Er fügt aber zugleich hinzu, dass er niemanden im Stich lassen werde, weiterhin wolle er mit Rat und Tat zur Seite stehen – wenn gewünscht. Der umtriebige Vereinschef betont: „Ich bin bereit, im Hintergrund zu helfen.“
Auf der nächsten Ausschusssitzung will Hofstetter seinen Wunsch äußern, sich in die zweite Reihe zurückzuziehen, auf der Hauptversammlung im Februar soll ein neuer Vereinsboss gewählt werden. Das ändert nichts daran, dass sich Hofstetter weiterhin für die Belange seines Vereins interessiert. Und dass er sich für diese einsetzt. Ihn hat daher gestört, dass die Radrennbahn im Südosten Augsburgs im Sport- und Bäderentwicklungsplan der Stadt bisher keine größere Beachtung gefunden hat. Am Donnerstag bespricht sich Hofstetter deshalb mit Sportreferent
Dirk Wurm, der sich vor Ort ein Bild machen soll.
Die Halle gehört der Stadt, der Verein ist als Betreiber für den Unterhalt und Renovierungen verantwortlich. Seit 2015 hat die RSG rund 100000 Euro investiert, allein 40000 Euro haben spezielle Brandschutzfenster gekostet. Dringend erforderlich wäre jetzt eine bessere Beleuchtung in der Halle. Die aktuelle ist 30 Jahre alt, berichtet Hofs- tetter. „Aber selbst mit Zuschüssen können wir uns das momentan nicht leisten.“
Radfahren wird im Entwicklungsplan vor allem unter einem Aspekt behandelt: als Freizeitaktivität, die im Freien und in der Regel vereinsungebunden ausgeübt wird. Der Leistungsgedanke kommt Hofstetter in dieser Formulierung zu kurz. Er verweist darauf, dass die Holzbahn im Umkreis von 500 Kilometern einzigartig sei und als Anziehungspunkt für Leistungssportler gelte. Demnächst könnte Augsburgs Bahn innerhalb Bayerns Konkurrenz bekommen. In Nürnberg soll die 400 Meter lange Betonbahn am Reichelsdorfer Keller abgerissen und durch ein Hightech-Velodrom ersetzt werden. Kosten in Höhe von rund zehn Millionen Euro sind für den Neubau veranschlagt.
Nürnberg könnte mit seiner modernen Halle Augsburg den Rang ablaufen. RSG-Chef Hofstetter erhofft sich nicht nur von der Stadt finanzielle Unterstützung, ebenso setzt er auf den deutschen Radsportverband (BDR). Noch ist die Reform der Bundesstützpunkte nicht abgeschlossen, noch nicht geklärt, wie die Sportförderung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) künftig aussehen wird. Hofstetter fasst zusammen: „Das Konzept ist noch nicht verabschiedet. Es wäre schön, wenn der Verband endlich in die Puschen kommen würde.“
Wie beliebt die Augsburger Bahn ist, zeigt sich in den Wintermonaten. An den Abenden tummeln sich Fahrer auf der Bahn, das Gros zählt zu den Stammgästen, die sich für 90 Euro eine sechsmonatige Winterkarte zulegen. Statt in einem Keller oder in einem Fitnessstudio auf der Rolle an ihrer Form zu arbeiten, drehen sie auf der Bahn Runden.
Zudem mieten Verbände, Vereine und Profis für 60 Euro die Stunde das Holzoval, um sich für Wettkämpfe zu rüsten. Am Montag etwa strampelte ein Australier auf der Bahn. Geboten bekommen die Radsportler Kabinen, eine warme Dusche, einen Aufenthaltsraum sowie beste Bahnbedingungen.
Eine ehrenamtliche Aufsicht sorgt dafür, dass die Regeln eingehalten werden. Wobei die RSG hier allmählich an personelle Grenzen stößt. „Wir sind langsam an einem Punkt angelangt, an dem die Auslastung zur Belastung wird“, berichtet Hofstetter. Niemand kann das besser beurteilen als er.