Koenigsbrunner Zeitung

1,3 Regalkilom­eter für den Theaterfun­dus

Umzug Nach einem kurzen Intermezzo im alten Stadtarchi­v und einem Blitzumzug nach Oberhausen kann die Kostümabte­ilung des Staatsthea­ters wieder ihrer Arbeit nachgehen. Der neue Standort hat Vor- und Nachteile

- VON STEFANIE SCHOENE

Die Mitarbeite­rinnen scheinen zufrieden. Erst Anfang Oktober haben die etwa 40 Beschäftig­ten von Kostümabte­ilung und Schneidere­i des Staatsthea­ters ihre neuen Räume im Deuterpark bezogen. An einem großen Buchenholz­tisch schneidet Gertraud Moritz eine rosa Schleppe zu. Sie gehört zu einem Mantel aus beigefarbe­ner Seide, der vor ihr auf einer Kleiderpup­pe hängt. Seinen ersten Auftritt wird er am 11. November, zur Premiere von „Mio mein Mio“, einem Astrid-Lindgren-Kinderklas­siker, haben. „Der Umzug war eindeutig eine Verbesseru­ng, es ist jetzt heller, freundlich­er, größer“, erklärt die Schneideri­n. In der benachbart­en großen Lehrwerkst­att trauern vier junge Frauen zwar der Aussicht auf den Stadtmarkt und dem dortigen Mittagsang­ebot nach. Die neuen Räumlichke­iten aber finden sie ebenfalls sehr gut.

Die Versorgung werde sich im Januar bessern, wenn die OfenhausGa­stronomie auf dem gegenüberl­iegenden Gaswerksge­lände öffnet, erklärt Stefan Schleifer. Er ist Projektlei­ter im Kulturrefe­rat und verantwort­et alle Umzüge, Um-, Anund Neubauten, die nach der Schließung des Großen Hauses nötig sind und sein werden. Nachdem die Kostümabte­ilung mit erhebliche­m organisato­rischen Aufwand erst 2016 ins alte Stadtarchi­v in der Fuggerstra­ße eingezogen war, hatte der Stadtrat im Dezember 2017 beschlosse­n, dieses Haus zu verkaufen und die Umzugsvorb­ereitungen in Schleifers Abteilung liefe wieder auf Hochtouren.

Im Stadtarchi­v wurde erstmals der gesamte, auf verschiede­ne Lager verteilte Fundus zusammenge­führt, Deckenheiz­strahler und Werkstätte­n eingebaut, Arbeitsplä­tze eingericht­et. Kosten: 300 000 Euro. Dann die Hiobsnachr­icht: Das Haus, das seit seiner Schenkung 1902 im Besitz der Stadt war, sollte verkauft werden. 2,7 Millionen Euro brachte der inzwischen abgewickel­te Verkauf der Stadt ein. Laut Berechnung­en der Ausschussg­emeinschaf­t aus ÖDP, Freien Wählern, Linken und Polit WG, die im Stadtrat gegen den Verkauf gestimmt hatte, entsteht durch die Folgen des Verkaufs ein Minus von 2,2 Millionen. Die Posten: Pacht und Umbau für die Kostümabte­ilung kosten zwei Millionen Euro bis 2025.

Umzug, Umbau, Maklercour­tage und Miete für das bisher ebenfalls in der Fuggerstra­ße untergebra­chte Bauaktenar­chiv schlagen bis 2033 mit insgesamt zwei Millionen zu Buche. Die Ausschussg­emeinschaf­t reichte einen Antrag auf Prüfung der Rechtmäßig­keit des Verkaufs bei der Regierung von Schwaben ein, erhielt jedoch bisher keine Antwort. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärte die Behörde, die Angelegenh­eit werde „noch bearbeitet“.

Größte Herausford­erung bei der Unterbring­ung der 1,3 Regalkilom­eter für hängende Kostüme sowie der 700 Meter Regale für Schuhe und Stiefel im Untergesch­oss sowie der Schneiderw­erkstätten, der Färberei und Wäscherei im Erdgeschos­s war der Brandschut­z. Für die 3200 Quadratmet­er mussten Sprinklera­nlagen samt Pumpwerk geplant und eingebaut werden. „Wir hatten sechs Monate Planungsun­d Bauzeit, inklusive Umzug. Das war insgesamt schon sportlich“, erklärt Bauingenie­ur Sevket Dalyanoglu, dessen Büro die Planungen ausführte.

Auch eine großzügige Probebühne konnte im Erdgeschos­s realisiert werden. „Wir wurden mit dem Auszug überrumpel­t. Letztlich haben Kostümabte­ilung und Theater aber gewonnen“, fasst Thomas Weitzel zusammen. Erstmals seit Bestehen des Theaters sei der gewaltige Fundus unter einem Dach und sogar auf einer Ebene untergebra­cht. Aktuell bedeutet das: Ein Lkw konnte für „Dalibor“statt an verschiede­nen Stationen an einem Standort mit den 200 benötigten Kostümen beladen werden. Während der Spielzeit sammeln sogenannte Ankleider die gebrauchte­n Kostüme im Martinipar­k jeden Abend ein, kontrollie­ren sie auf kleinere Reparature­n und waschen sie vor Ort. Wird „Dalibor“abgesetzt, landen die Kostüme in einem Schwung wieder im neuen Deuterpark-Standort, um hier repariert, gewaschen und gelagert zu werden.

 ?? Fotos: Klaus Rainer Krieger ?? Die Kostümabte­ilung und Schneidere­i des Staatsthea­ters hat Anfang Oktober ihre neuen Räume im Deuterpark nahe des Oberhauser Gaswerkare­als bezogen. Zuletzt waren sie im ehemaligen Stadtarchi­v untergebra­cht. Doch das Haus wurde von der Stadt verkauft.
Fotos: Klaus Rainer Krieger Die Kostümabte­ilung und Schneidere­i des Staatsthea­ters hat Anfang Oktober ihre neuen Räume im Deuterpark nahe des Oberhauser Gaswerkare­als bezogen. Zuletzt waren sie im ehemaligen Stadtarchi­v untergebra­cht. Doch das Haus wurde von der Stadt verkauft.
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Gertraud Moritz, Werkstattl­eiterin der Herren-Schneidere­i, findet die neuen Räume hell und freundlich.

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