Gestatten, das ist Altstadt-Bewohner „Bertolt Hecht“
Innenstadt Derzeit sind die Stadtkanäle abgelassen. Bei dem niedrigen Wasserstand zeigt sich manchmal eine Überraschung
Drei Mal im Jahr wird an verschiedenen Stellen in Augsburgs Kanälen das Wasser abgelassen. Manchmal kommen dabei Dinge zum Vorschein, die in den Gewässern entsorgt wurden. Fahrräder sind ein Klassiker. Was aber derzeit im Vorderen Lech im Restwasser schwimmt, ist auch nicht alle Tage in den Stadtkanälen zu beobachten.
Heidi Münch wusste erst gar nicht, was das unten am Grund sein soll. Als die langjährige Mitarbeiterin der Gerberei Aigner in der Altstadt aus dem Fenster schaute, entdeckte sie in dem abgelassenen Stadtkanal nämlich etwas Eigenartiges. „Ich dachte erst an eine Art Platte. Ich ging nach draußen und sah nach.“Die Platte entpuppte sich als äußerst lebendig. Es handelte sich um einen rund 60 Zentimeter langen Fisch.
Das schnabelähnliche Maul ließ sofort auf einen Hecht schließen. Der Raubfisch dümpelte seelenruhig im Kanal vor dem Ledergeschäft vor sich hin. Denn auch wenn die Kanäle abgelassen werden – etwas Restwasser bleibt immer vorhanden, erklärt Karoline Pusch vom Tiefbauamt. „Vor über zehn Jahren wurde uns auferlegt, restliches Wasser in den Kanälen zu behalten. Damit sollen die Tiere geschützt werden.“Früher hingegen habe man die Kanäle noch abgefischt und anschließend komplett trockengelegt. Dabei blieb sicherlich der ein oder andere Fisch auf der Strecke. Der Hecht bei Leder Aigner scheint ein äußerst ruhiger Geselle zu sein. Er bewegt sich nur hin und wieder, verlässt seine Stelle kaum. Ob er sich in die Altstadt verirrt hat?
Nein, sagt Peter Steinle, Vorsitzender des Fischereivereins Augsburg. Es sei normal, dass Fische, die im Lech leben, auch den Weg in die Kanäle finden. „Nur: Der Hecht wird dort nicht die Größe erreichen, wie vielleicht im Lech.“In den Stadtkanälen hielten sich etwa auch viele Äschen auf. Ein Fisch, der als gefährdet gilt. „Außerhalb der Stadt haben die Äschen ein Riesenproblem mit den Vögeln, die Jagd auf sie machen“, berichtet Steinle. In der Stadt jedoch könnten die Fische geschützt leben.
Bis Samstag noch muss der Hecht im Vorderen Lech mit dem seichten Wasser Vorlieb nehmen. Dann werden die Schleusen geöffnet und in den Stadtkanälen wird es wieder rauschen und plätschern. Vielleicht wird der träge wirkende Hecht dann auch etwas munterer. Zu sehen wird er jedenfalls nicht mehr sein. Schade eigentlich.
Denn Heidi Münch und Thomas Aigner haben sich an den tollen Hecht vor ihrem Geschäft schon etwas gewöhnt. Sie haben dem Fisch sogar einen Namen verpasst. „Mit Bezug auf Brecht heißt er jetzt Bertolt, unser Altstadt-Hecht“, sagt Münch und lacht.