Einblicke ins Wolkeninnere
Ein Würzburger Forscher und zwei Kollegen wollen herausfinden, wie Wolken zusammengesetzt sind. Warum sie dafür nun einen mit 14 Millionen Euro dotierten Preis erhalten
Würzburg Was die Forscher da vorhaben, klingt wie das Drehbuch eines Science-Fiction-Films: Eine Formation aus zehn Kleinst-Satelliten soll mit Methoden der Computer-Tomografie die genaue Zusammensetzung von Wolken erfassen. Mit diesen Informationen sollen dann Klimamodelle verbessert und Vorhersagen zuverlässiger werden. Denn nicht erst seit diesem Sommer bereiten Experten die Auswirkungen von Klimaschwankungen Sorgen. Wolken kontrollieren den Wasserhaushalt der Erde und gelten mit als größte Unsicherheitsfaktoren in aktuellen Klimamodellen.
Die Bedeutung eines solchen Forschungsvorhabens ist immens – weshalb nun auch ein deutsch-israelisches Wissenschaftlerteam um den Würzburger Raumfahrt-Professor Klaus Schilling vom „Zentrum für Telematik“einen mit 14 Millionen Euro dotierten Forschungspreis des Europäischen Forschungsrates erhält. Das gab der Forschungsrat am Dienstag in Brüssel bekannt. Das Projekt ist auf sechs Jahre angelegt.
Die EU vergibt Preise in der Kategorie „Synergy Grant“ausschließlich an Forschungsverbünde verschiedener Disziplinen, fast 300 hatten sich beworben. Erst zweimal ging dieser Preis nach Bayern, beide Male 2012 an MaxPlanck-Institute. Schilling hatte bereits vor fünf Jahren allein einen mit 2,5 Millionen Euro dotierten „Advanced Grant“der EU für seine Satellitenforschung bekommen.
Jetzt arbeitet er mit den israelischen Professoren Yoav Schechner aus Haifa, ein Spezialist für Computer-Tomografie, und Ilan Koren aus Rehovot, ein Atmosphärenphysiker, im Projekt „CloudCT“zusam- men. Dabei wird das Sonnenlicht genutzt, um einen Blick in das Innere der Wolken zu werfen. Zehn Kleinst-Satelliten, die eigens in Würzburg gebaut werden, empfangen aus verschiedenen Blickrichtungen das Streulicht. Mithilfe ausgefeilter Software können sie dann das Wolkeninnere aus den Kamerabildern rekonstruieren.
Schilling sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Bahnbrechende Entdeckungen sind am ehesten noch an den Rändern der etablierten Disziplinen zu machen.“Über die Nachricht aus Brüssel habe er sich gefreut. Dort habe man sich im September den kritischen Fragen der Auswahlkommission gestellt. Normalerweise kämen bei dem Preis in Deutschland nur Max-Planck-InstiTeams tute zum Zuge, so Schilling. Dass ihr Team mit diesen Instituten auf Augenhöhe gesehen werde, „ist für das Zentrum für Telematik eine tolle Sache“.
Die außeruniversitäre Einrichtung, kurz ZfT, wurde vor mehr als zehn Jahren gegründet. „Telematik“ist ein Kunstwort aus Telekommunikation, Automatisierung und Informatik. Das ZfT mit Sitz am neuen Campus Nord der Universität Würzburg beschäftigt mittlerweile über 40 Mitarbeiter und wird durch private und öffentliche Mittel finanziert. Im Kern entwickelt man dort Dienstleistungen wie die Fernwartung von Maschinen oder ganzen Fabriken über Kontinente hinweg. Hier bringt Schilling die Expertise aus der Satellitensteuerung ein.
Mit 14 Millionen Euro haben er und seine beiden Kollegen aus Israel den Maximalbetrag des Forschungspreises des Europäischen Forschungsrates erhalten. Sie dürfen über den Betrag frei verfügen. Schilling geht davon aus, dass das Gros des Geldes in Würzburg bleibt – schließlich werden hier die zehn Spezialsatelliten hergestellt. Mit einer Höhe von 30 Zentimetern und einer Grundfläche von zehn mal zehn Zentimetern sind sie in etwa so groß wie Bordsteine.
„Es sind noch bahnbrechende Entdeckungen zu machen“Professor Klaus Schilling