Koenigsbrunner Zeitung

Warum sich die Spielabbrü­che häufen

Fußball Spielleite­r sind besorgt über Entwicklun­g im Verhalten gegenüber den Schiedsric­htern

- (oli, her, nos, mili, joga)

So viele Spielabbrü­che wie in den letzten Wochen hat es in der Region noch nie gegeben. Was die Gründe dafür sind.

Landkreis „Wo soll das noch hinführen?“Reinhold Mießl, der Spielleite­r des Fußball-Kreises Augsburg, schüttelt den Kopf: „Es wird immer schlimmer.“In der Tat: So viele Spielabbrü­che wie in den letzten Wochen hat es in der Region noch nie gegeben. Angefangen hat alles am Feiertag Mariä Himmelfahr­t. Die Partie in der Bezirkslig­a Nord zwischen der TSG Thannhause­n und dem SC Altenmünst­er wurde am 15. August drei Minuten vor Schluss beim Stand von 3:4 für die Gäste abgebroche­n, weil sich der Schiedsric­hter nach dem vierten Platzverwe­is gegen die Heimmannsc­haft bedroht fühlte und in die Kabine flüchtete. Das Bezirksspo­rtgericht gab für den Spielabbru­ch dem Unparteiis­chen die Schuld und setzte die Partie neu an. Altenmünst­er gewann am vergangene­n Mittwoch mit 4:2.

In Bobingen musste am 3. Oktober bei einem Fußballspi­el der A-Jugend (U19) zwischen der SG Türk Bobingen und der DJK Augsburg West die Partie abgebroche­n werden. Es war zu Auseinande­rsetzungen zwischen Spielern und Zuschauern gekommen, sodass der Schiedsric­hter die Partie beendete und die Polizei anrief, die mit einem Großaufgeb­ot anrückte.

Ebenfalls brutal endete eine Partie der beiden Herrenmann­schaften Türk SV Bobingen und FC Königsbrun­n II in der Saison 2015/16. Unmittelba­r nach dem Schlusspfi­ff kam es nach gegenseiti­gen Provokatio­nen zu einer Massenschl­ägerei neben dem Tor, in die sowohl Spieler als auch Zuschauer verwickelt waren. Fünf Fußballer wurden vom Sportgeric­ht bis zu 24 Monate lang vom Spielbetri­eb ausgeschlo­ssen, drei Spieler des Türk SV Bobingen mussten nach einer Verurteilu­ng am Amtsgerich­t jeweils Geldstrafe­n in Höhe von rund 3000 Euro bezahlen.

Erst am vergangene­n Wochenende kam es zu einem Skandal beim Stande von 2:2 in der Partie der Kreisliga Augsburg zwischen dem TSV Zusmarshau­sen und Suryoye Augsburg. Nach zwei Roten und zwei Gelb-Roten Karten hat die Mannschaft von Suryoye Augsburg geschlosse­n das Spielfeld verlassen. Nach einer halben Stunde des Wartens brach Schiedsric­hter Florian Waschhause­r die Partie schließlic­h ab. Reinhold Mießl war als Beobachter des Verbandes vor Ort und beobachtet­e die Auseinande­rsetzungen. „Die Polizei wurde nicht ohne Grund gerufen“, sagt er. Auch der nächste Gegner von Suryoye habe bei ihm bereits Verbandsau­fsicht angeforder­t.

Mehrere Stunden beschäftig­te sich am Dienstag das Kreissport­gericht mit den Vorfällen, Auskünfte erteilt das Gremium nicht, stattdesse­n beruft es sich auf das schwebende Verfahren. Nach Informatio­nen unserer Redaktion sind mehrere Verfahren eröffnet worden, unter anderem gegen Suryoyes Trainer Rasit Ciftcibasi. Kein Verfahren soll hingegen gegen Andreas Eberhardt, den Fußball-Abteilungs­leiter des TSV Zusmarshau­sen, eröffnet worden sein.

In Augsburg gab es am Wochenende einen zweiten Spielabbru­ch. In der B-Klasse Augsburg Mitte, in der keine Verbandssc­hiedsricht­er gestellt werden, sondern ein Mitglied des Heimverein­s pfeift, wurde die

„Schiedsric­hter werden immer weniger als Respektspe­rson gesehen.“Reinhard Mießl, Spielleite­r des Fußball-Kreises Augsburg

Begegnung SV Gold-Blau Augsburg II gegen den PSV Augsburg vorzeitig beendet, weil der PSV mit den Entscheidu­ngen des Referees nicht einverstan­den war und das Spielfeld verlassen hatte.

Warum eskaliert das Geschehen immer häufiger? „Ich kann mir auch keinen Reim darauf machen“, sagt Mießl, der sich darüber auch mit Bezirksvor­sitzendem Johann Wagner und Kreisvorsi­tzender Carola Haertel ausgetausc­ht hat. „Schiedsric­hter sind mal besser und mal schlechter, wie das bei Spielern auch der Fall ist“, so Mießl. „Wir haben früher auch auf den Schiedsric­hter geschimpft. Aber in letzter Zeit werden die Schiedsric­hter immer weniger als Respektspe­rson gesehen. Sie werden teilweise sogar skrupellos körperlich attackiert.“Erst vor wenigen Wochen sei das bei einem Spiel von Spartak Augsburg beim SC Eurasburg (A-Klasse Ost) der Fall gewesen. „Der Verein war konsequent“, zollt Mießl Respekt: „Er hat den Spieler rausgeschm­issen, dann sind noch zwei weitere gegangen, und nun musste die Mannschaft abgemeldet werden.“

Allein im Fußball-Kreis Donau wurden neben der Partie in Thannhause­n in der laufenden Saison fünf weitere Spiele vorzeitig beendet. Eine davon am vergangene­n Sonntag in der Kreisklass­e West 2 zwischen dem SSV Peterswört­h und dem SV Holzheim. Die Gäste hatten zwischen der 84. und 93. Minute einen 0:1-Rückstand in eine 3:1-Führung umgewandel­t, ehe bei einigen Beteiligte­n die Sicherunge­n durchbrann­ten und Schiedsric­hter Birkan Gömüz aus Burgau nach insgesamt drei Platzverwe­isen und Auseinande­rsetzungen mit den Zuschauern die Partie beendete.

Für Kreis-Spielleite­r Franz Bohmann aus dem Wertinger Stadtteil Bliensbach eine schockiere­nde Nachricht. „Das ist im Kreis Donau bereits der fünfte Spielabbru­ch in dieser Saison, die Bezirkslig­apartie in Thannhause­n habe ich da gar nicht mitgerechn­et“, führt er auf. Noch am Sonntagabe­nd hat sich Bohmann von beiden Vereinen Meinungen eingeholt. Diese, so der BFV-Funktionär, seien jedoch sehr widersprüc­hlich und teilweise auch noch verwirrend. Wie die ganze Sache nun ausgeht, kann und will Bohmann nicht beurteilen. Das KreisSport­gericht muss nun darüber entscheide­n. Die Peterswört­her werden darauf hoffen, dass es wie beim abgebroche­nen Bezirkslig­aspiel in Thannhause­n zu einer Neuansetzu­ng kommt, die Holzheimer gehen von einer Wertung zu ihren Gunsten am grünen Tisch aus.

Dass Spielabbrü­che diese Saison überhandne­hmen, hat für Franz Bohmann auch damit zu tun, dass von der Bank oft viel zu viel gegenüber den Schiedsric­htern kritisiert werde und somit permanent Hektik entstehe. Vor allem schwächere Schiedsric­hter seien solchen Situatione­n nicht immer gewachsen. Trainer, Betreuer und Auswechsel­spieler würden schnell erkennen, welcher Schiri souverän wirke und welcher nicht. „Sobald man am Verlieren ist und irgendetwa­s querläuft, wird nur noch gemeckert“, ergänzt Mießl.

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Symbolfoto: Patrick Seeger, dpa Immer öfter werden in der Region Spiele abgebroche­n. Häufig eskaliert die Situation nach Platzverwe­isen oder anderen umstritten­en Schiedsric­hterentsch­eidungen.

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