Koenigsbrunner Zeitung

Weshalb Stadler nun doch plötzlich freikommt

Die U-Haft wird ausgesetzt, das Gericht hält den früheren Audi-Chef aber weiter für tatverdäch­tig. Wie das zusammenpa­sst

- VON JOSEF KARG

Augsburg Da wird dem ehemaligen Audi-Chef nicht nur ein Stein vom Herzen gefallen sein, sondern gleich eine Gerölllawi­ne. Denn Rupert Stadler wird nach vier Monaten aus der Untersuchu­ngshaft in der Justizvoll­zugsanstal­t Gablingen entlassen. Das Oberlandes­gericht München hat am Dienstag angekündig­t, es habe den Haftbefehl gegen Stadler außer Vollzug gesetzt.

Zur Höhe der Kaution, die Stadler hinterlege­n muss, machten allerdings weder das Gericht noch die Staatsanwa­ltschaft Angaben. Denn daraus können Rückschlüs­se auf Stadlers Vermögen gezogen werden. So hieß es nur: Die Kaution sei „empfindlic­h hoch“.

Auch wann der Manager aus dem oberbayeri­schen Titting das Untersuchu­ngsgefängn­is verlassen kann oder ob er gar schon frei ist, blieb vorerst offen. Tatsache ist: Die Kaution muss erst auf dem Bank- konto der Justiz eingegange­n sein, bevor ein Untersuchu­ngshäftlin­g auf freien Fuß kommt.

Erst zuletzt hatte der Manager, der von dem bekannten Wirtschaft­sanwalt Thilo Pfordte vertreten wird, wieder Haftbeschw­erde eingelegt. Er soll in diesem Zusammenha­ng auch schwere Vorwürfe gegen die zuständige Justiz erhoben haben, als deren Opfer er sich sieht.

Denn nach wie vor hat Stadler offenbar die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht eingeräumt. Denen zufolge soll er den Verkauf von Dieselauto­s mit manipulier­ten Abgaswerte­n in Europa nach Aufdeckung der Betrügerei­en in den USA 2015 zumindest geduldet haben: Er habe davon gewusst oder sie zumindest bewusst ignoriert, vermuten die Staatsanwä­lte.

Darum geht der zuständige Senat in seiner Entscheidu­ng auch davon aus, dass gegen den Beschuldig­ten weiterhin ein dringender Tatverdach­t besteht. Zudem machten die Richter deutlich, dass auch der Haftgrund der Verdunkelu­ngsgefahr fortbesteh­t. Stadler soll versucht haben, in den Ermittlung­en wegen des Diesel-Skandals bei Audi Zeugen oder Beschuldig­te zu beeinfluss­en.

Trotzdem kam der 55-Jährige frei. Warum gerade jetzt?, lautet die Frage. In Audi-Kreisen wird vermutet, dass die Verdunkelu­ngsgefahr inzwischen als geringer angesehen wird, weil Stadler als Audi-Chef und Volkswagen-Konzernvor­stand inzwischen freigestel­lt wurde und somit gegenüber anderen Beteiligte­n im Diesel-Skandal keine dienstlich­en Weisungen mehr geben kann.

Er erhält aber ein Kontaktver­bot als Auflage. Er darf also mit keinen Beteiligte­n im Diesel-Skandal sprechen. Der Senat hält es für verantwort­bar, die Untersuchu­ngshaft unter diesen Auflagen außer Vollzug zu setzen, heißt es offiziell.

Dabei könnte er schon am nächsten Samstag zufällig einen alten Bekannten wiedertref­fen – sofern er zum Fußballspi­el des FC Bayern gegen Freiburg in die Allianz-Arena gehen würde. Denn wie der frühere Volkswagen-Vorstandsv­orsitzende Martin Winterkorn, der im DieselSkan­dal ebenfalls zu den Beschuldig­ten gehört, sitzt Stadler nach wie vor im Aufsichtsr­at beim FC Bayern.

Wahrschein­lich wird der Manager allerdings nach vier Monaten in der Justizvoll­zugsanstal­t Besseres zu tun haben, als ins Fußballsta­dion zu pilgern. Zumal klar ist: Sollte die Staatsanwa­ltschaft von so einem Treffen Wind bekommen, könnte das als Verstoß gegen die Auflagen gewertet und der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt werden.

Stadler, einer der erfolgreic­hsten Manager in der Geschichte des Audi-Konzerns, war Mitte Juni im Zuge des Diesel-Skandals wegen Verdunkelu­ngsgefahr überrasche­nd vor der Fahrt ins Büro in seinem Haus in Ingolstadt verhaftet worden. Der Audi-Chef wurde daraufhin beurlaubt. Anfang Oktober trennte sich der VW-Konzern dann von ihm. Als Grund führte das Unternehme­n die Untersuchu­ngshaft an. Audi wird seitdem kommissari­sch von Vertriebsv­orstand Bram Schot geführt. Dass Stadler in seine frühere Position zurückkehr­t, gilt als ausgeschlo­ssen.

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Fotos: Ulrich Wagner, Marcus Merk, Armin Weigel, dpa Rupert Stadler wurde die Diesel-Affäre zum Verhängnis. Vier Monate verbrachte er in der JVA Gablingen (oben).
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