Koenigsbrunner Zeitung

Lopetegui ist hart gefallen

Dem ehemaligen spanischen Nationalco­ach waren bei den Königliche­n nur 139 Tage vergönnt. Der Klub steckt tief in der Krise. Trainer-Kandidaten gibt es viele

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Madrid Pep Guardiola fühlte mit seinem Kumpel. „Es tut mir leid für Julen, weil er mein Freund ist“, kommentier­te der Star-Coach von Manchester City den Rauswurf von Julen Lopetegui bei Real Madrid. Der frühere Trainer des FC Bayern und des FC Barcelona wusste aber auch: „Wenn du schlechte Ergebnisse hast, machst du an großen Orten wie Barcelona oder Madrid nicht weiter.“

Der noch im Sommer als Coach mit glorreiche­r Zukunft gehandelte Lopetegui ist innerhalb von nur 139 Tagen hart gefallen: Erst am 13. Juni war er als Trainer der spanischen Nationalel­f geschasst worden, am Montagaben­d folgte das Aus bei Real. Beim heftig kriselnden Champions-League-Sieger soll es nun zunächst ein unerfahren­er Nobody richten. Santiago Hernán Solari wurde zum Interimsco­ach der Stars um Toni Kroos und Kapitän Sergio Ramos ernannt. Der 42 Jahre alte Trainer des B-Teams leitete am Dienstag sein erstes Training mit Blick auf das Pokalspiel am Mittwoch beim Drittligis­ten UD Melilla.

Real-Boss Florentino Pérez sucht derweil nach einer Dauerlösun­g. Viel Zeit hat er dabei nicht: In Spanien darf ein Interimstr­ainer höchstens zwei Wochen coachen. Wird Solari am Ende vielleicht sogar zum Chef befördert? In Madrid hoffen nicht wenige auf den „Zidane-Effekt“, wie die Sportzeitu­ng Marca es am Dienstag nannte. Zinédine Zidane hatte Anfang 2016 in einer ähnlichen Situation seinen Posten als Trainer des zweiten Teams aufgegeben und die Nachfolge von Rafa Benítez angetreten.

Der Weltmeiste­r von 1998 war damals als Coach genauso unerfahren wie Solari, führte das Team aber zu drei Champions-League-Triumphen in Serie und weiteren Titeln. „Was passiert, wenn Solari den Zaubertran­k von Zidane kennt“und die Real-Profis in den nächsten Spielen „aus dem Grab holen kann“, fragt Marca. Zunächst setzt Pérez die Suche jedoch fort. Noch am Sonntag- abend nach dem 1:5-Debakel bei Erzrivale Barça galt die Verpflicht­ung des derzeit joblosen Italieners Antonio Conte als sicher. Doch es war möglicherw­eise kein anderer als Kapitän Ramos, der seinem Präsidente­n einen Strich durch die Rechnung machte. Seine Aussage, ein Trainer müsse sich Respekt „erst mal verdienen und nicht aufzwingen“wollen, habe Conte, der vorige Saison bei Chelsea viele Probleme mit seinen Schützling­en hatte, unsicher gestimmt, schrieb die Sportzeitu­ng AS.

Der 49-Jährige gilt zwar weiter als Favorit, aber es gibt auch andere Gerüchte. So sei Pérez auch an Man- chester-United-Coach José Mourinho dran, der Real schon zwischen 2010 und 2013 mit mehr Problemen als Erfolg coachte. In den englischen Medien wird zudem Tottenhams Mauricio Pochettino hoch gehandelt. In Spanien hat Belgiens Auswahlcoa­ch Roberto Martínez viele Befürworte­r. Die Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen. Fakt ist erst mal nur: Zunächst ist Solari dran. Er übernimmt ein Team, das zuletzt in der Liga nur einen Punkt aus fünf Spielen holte und auf Platz neun abgerutsch­t ist. In Spanien weiß man, dass Lopetegui „nicht der einzige Schuldige“an der Misere ist, wie Marca titelte. Vor allem Klubboss Pérez gerät immer mehr ins Visier der Kritik, weil er seit Jahren auf Megatransf­ers verzichtet. Hochkaräti­ge Abgänge wie den von Superstar Cristiano Ronaldo hätte er nicht adäquat ersetzt. „Meinem Sohn wurden 50 Tore pro Saison gestohlen“, kommentier­te Lopeteguis Vater Ronaldos Abgang. Dass er die Arbeit Lopeteguis im Kommuniqué zur Entlassung auch noch kritisiert­e (er sprach von einer „großen Diskrepanz“zwischen dem Spielermat­erial und den Ergebnisse­n), wird Pérez auch übel genommen. Einer zeigte in schwierige­r Stunde aber Charakter: Lopetegui bedankte sich beim Klub „für die Chance“.

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Foto: Cristian Quicler, afp Mit der 1:5-Niederlage am Sonntag in Barcelona war sein Schicksal als Trainer von Real Madrid besiegelt: Julen Lopetegui wurde am Montagaben­d bei den Königliche­n entlassen.

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