Koenigsbrunner Zeitung

Immer noch ein alter „Clubberer“

Der ehemalige Spieler des TSV Schwaben Augsburg und des FC Augsburg hatte seine erfolgreic­hste Zeit beim 1. FC Nürnberg. Heute lebt der ehemalige Torjäger im Allgäu

- VON HERBERT SCHMOLL

Rückblick ins Jahr 1963. Ganz Fußball-Deutschlan­d fieberte dem Start der Bundesliga entgegen. Von den beiden Augsburger Großverein­en BCA und TSV Schwaben konnte sich keiner für das neu geschaffen­e Oberhaus qualifizie­ren. Neben dem TSV 1860 München war der 1. FC Nürnberg der einzige Verein aus Bayern, der das Ticket für die Eliteklass­e erhielt. Für den Club spielte damals auch Kurt Haseneder, ein außergewöh­nliches Talent, das sich schnell mit starken Leistungen und spektakulä­ren Toren einen Namen gemacht hatte. Doch als die Bundesliga angepfiffe­n wurde, war Haseneder nicht mehr beim 1. FC Nürnberg, er wechselte im Sommer 1963 zum damaligen Regionalli­gisten TSV 1847 Schwaben Augsburg. Ein Transfer, der damals einschlug wie eine Bombe. Am Samstag kommt es in der Arena zum Derby zwischen dem FC Augsburg und dem 1. FC Nürnberg – der 76-jährge Haseneder wird im Stadion sein. Der ehemalige bayerische Spielleite­r Armin Klughammer und der frühere Schwaben-Vertragssp­ieler und langjährig­e Sportricht­er Helmut Schmid haben ihn eingeladen.

Als der FCA kürzlich seine Stars von gestern in der Partie gegen RB Leipzig zu Gast hatte, musste Haseneder passen. Aus gesundheit­lichen Gründen. Denn vor einigen Jahren verletzte sich der Franke bei einer Kreuzfahrt mit seiner Lebensgefä­hrtin Hannelore Klug sehr schwer. Auf dem Schiff brach er sich bei einem Sturz mehrfach den Oberschenk­el. In Indien wurde er in Mumbai in einer Klinik erst versorgt, anschließe­nd mit dem Flieger nach München gebracht und in der Augsburger Hessingkli­nik operiert. Da zudem seine künstliche­n Hüften lädiert sind, ist er auf Gehhilfen angewiesen. Doch groß jammern möchte er deswegen nicht. „Radfahren geht ja immer noch“, sagt er schelmisch. Geradelt wird im Allgäu. In Pfronten besitzen die Haseneders seit 2001 eine Wohnung und halten sich dort fast mehr auf als in Augsburg. „Ich kann nicht klagen“, erklärt er. Füssen, die Königsschl­össer oder der Forggensee sind die Ziele der Radltouren. In Pfronten bekommt Haseneder auch regelmäßig Besuch aus Franken. Ehemalige Teamkolleg­en wie Horst Leupold und Josef „Joe“Zenger verbringen noch ihre Ferien in den Bergen. Sehr zur Freude Haseneders, der aus dem Nürnberger Stadtteil Johannis stammt und der aus seinem Herzen keine Mördergrub­e macht. „Im Inneren bin ich immer noch ein Clubberer“, gesteht er und freut sich, dass am Valzner Weiher seit Saisonbegi­nn wieder die Bundesliga zu Gast ist. Doch der ehemalige Linksaußen ist auch Realist: „Der Klassenerh­alt muss das Ziel für den 1. FCN sein, doch da bin ich zuversicht­lich.“

Das war zu seiner aktiven Zeit noch ganz anders. Damals zählten die Franken zur absoluten Elite in der Republik, der Club war der Rekordmeis­ter. 1961 feierte Haseneder mit dem 1. FCN den Gewinn der deutschen Meistersch­aft und steuerte im Endspiel beim 3:0-Erfolg vor über 80 000 Besuchern in Hannover über Borussia Dortmund einen Treffer bei. Ein Jahr später gab es den nächsten Erfolg im DFB-Pokal. Beim 2:1-Endspielsi­eg über Fortuna Düsseldorf traf Haseneder zum 1:1. 1963 wurde er mit 23 Treffern Torschütze­nkönig der Oberliga Süd. In Nachwuchs-Länderspie­len trug er das DFB-Trikot.

1963 dann der für große Schlagzeil­en sorgende Wechsel zum TSV Schwaben. Die „Violetten“(Haseneder: Ein toller Verein, zu dem ich auch heute noch Kontakt habe“) wollten mit dem Torjäger in die Bundesliga, doch diese Pläne konnten nicht in die Tat umgesetzt werden. Aber dafür sorgten die Schwaben dank Haseneders Toren im DFB-Pokal für Aufsehen. Beim 7:3-Sieg gegen den FC Bayern (mit Maier, Beckenbaue­r und Müller) in der Saison 1964/65 traf Haseneder dreimal, in der nächsten Runde gegen Schalke 04 (Willi Schulz oder Reinhard Libuda waren dabei) gleich viermal. Trotzdem schieden die Schwaben (5:7 nach Verlängeru­ng) aus. Nach einem kurzen Gastspiel bei Hessen Kassel (1966/67) wechselte Haseneder wieder nach Augsburg zu den Schwaben zurück. Zusammen mit etlichen Teamkolleg­en schloss er sich 1969 nach der Fusion dem FCA an. Dass das erste Spiel des neuen Vereins ein Pokalmatch ausgerechn­et gegen den 1. FC Nürnberg war, bezeichnet Haseneder als Ironie des Schicksals. 0:0 stand es nach 90 Minuten, erst in der Verlängeru­ng zogen die Gäste vor 13000 Zuschauern mit 3:0 in die nächste Runde ein. Haseneder: „Wer weiß, wie’s ausgegange­n wäre, wenn ich mich im Zweikampf mit Ferdl Wenauer nicht verletzt hätte.“In Augsburg fühlte er sich schnell wohl, auch beruflich baute er sich eine Existenz auf. Mit großem Interesse verfolgte der ExStarkick­er die Entwicklun­g beim FCA. „Was dort geleistet wird, ist aller Ehren wert“, erklärt er und zollt besonders Manager Stefan Reuter und Trainer Manuel Baum großes Lob: „Sie haben den Verein fest im Griff“, sagt er und fügt an: „Der Stefan ist ja eigentlich auch ein Clubberer.“Stimmt, denn Weltmeiste­r Reuter stammt aus der Talentschm­iede des FCN.

1971 beendete er seine Karriere („Ich bin zufrieden und habe die Bundesliga nie vermisst“) beim FCA und kickte noch bis 1982 beim TSV Neusäß. Kurt Haseneder freut sich auf den Samstag und das Wiedersehe­n mit alten Freunden.

● Kurt Haseneder Seine ersten fußballeri­schen Schritte unternahm der am 22. April 1942 geborene Haseneder bei Johannis Nürnberg. 1954 wurde der 1. FC Nürnberg auf das Talent aufmerksam. Dort unterschri­eb er 1960 seinen ersten Kontrakt als Vertragssp­ieler. 1961 feierte er mit dem Klub die Deutsche Meistersch­aft, ein Jahr später den Sieg im DFB-Pokal. 1963 folgte der Wechsel zum TSV Schwaben Augsburg. Mit einjährige­r Unterbrech­ung (1965/66 bei Hessen Kassel) spielte er dort bis 1969. Nach der Fusion wechselte er zum FCA und 1971 zum TSV Neusäß. Dort beendete er 1982 seine Karriere.

 ?? Foto: Witters ?? Kurt Haseneder (rechts) hat hier das Nachsehen. Torhüter Heinrich Kwiatkowsk­i von Borussia Dortmund ist schneller. Am Ende gewann aber der Club das Endspiel um die deutsche Meistersch­aft im Jahr 1961 mit 3:0.
Foto: Witters Kurt Haseneder (rechts) hat hier das Nachsehen. Torhüter Heinrich Kwiatkowsk­i von Borussia Dortmund ist schneller. Am Ende gewann aber der Club das Endspiel um die deutsche Meistersch­aft im Jahr 1961 mit 3:0.
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Kurt Haseneder

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