Vorschulkinder sollen zentral untersucht werden
Die Eingangsuntersuchung findet im Kreis Aichach-Friedberg seit diesem Schuljahr im Gesundheitsamt statt – zum Unmut vieler Eltern. Im Kreis Augsburg wird die Zentralisierung diskutiert, in der Stadt ist sie Normalität
Region Vor der Einschulung werden alle Kinder untersucht. Dabei werden unter anderem sprachliche Fähigkeiten abgefragt, es wird überprüft, ob das Kind zählen und Farben erkennen kann. Daneben werfen die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes auch einen Blick in die Impfbücher und begutachten die motorischen Fähigkeiten der Kinder. Das Ziel ist es, die Schuleignung zu prüfen und gegebenenfalls Defizite frühestmöglich zu erkennen.
Genau diese Schuleingangsuntersuchung sorgt nun in den Landkreisen Aichach-Friedberg und Augsburg für Unmut. Im Kreis AichachFriedberg wurde sie zentralisiert: Das bedeutet, dass die Kinder nicht mehr in ihren Kindergärten untersucht werden, sondern zentral am Gesundheitsamt in Aichach. Im Kreis Augsburg gibt es ähnliche Überlegungen: Dort wird derzeit im Gesundheitsamt überlegt, ob die medizinischen Untersuchungen künftig im Landratsamt in Augsburg stattfinden sollen, wo das Gesundheitsamt angesiedelt ist.
Der Frust bei den Eltern in den Landkreisen ist groß, denn die Fahrzeit aus entfernteren Gemeinden ist oft beträchtlich. Kita-Leiterin Josefine Peter aus Merching sagt über die alte Regelung: „Für die Eltern hatte das Vorteile, die konnten sich die Termine gut legen.“Nun hätten sie Probleme durch die weite Anfahrt. So betrage die Fahrzeit von Merching aus mindestens 40 Minuten. Kolja Kröger aus Merching ist dreifacher Vater und von der neuen Regelung betroffen: „Hier wird eine sehr familienfreundliche Lösung durch eine familienunfreundliche Ökologisch sei diese Handhabung auch nicht sinnvoll. So würden tausende zusätzliche Kilometer mit dem Auto zurückgelegt.
Die neue Regelung stehe im Landkreis Aichach-Friedberg aber fest. Laut Wolfgang Müller, Sprecher des Landratsamtes, laufen die Schuleignungstests bereits. Laut Angaben des Amtes sind etwa 1300 Kinder pro Jahrgang betroffen. Die Eltern seien im Oktober angeschrieben worden.
In der kommenden Zeit würden sie über die Kitas erfahren, wann eine Terminvereinbarung für ihre Kinder möglich sei. Müller: „Es ist definitiv so, dass alle Eltern zum Gesundheitsamt müssen.“Zum einem soll diese Handhabung dazu führen, dass die Untersuchung unter stan- dardisierten Bedingungen stattfinden könne. Zum anderen führten personelle Engpässe zu dieser neuen Regelung. Das Amt erhofft sich dadurch eine Entlastung seiner Mitarbeiter. 160 Stunden wären allein die sozialmedizinischen Assistentinnen einer internen Untersuchung zufolge dafür jährlich unterwegs gewesen und mussten zudem schwere Untersuchungsgeräte schleppen, was die Arbeitsschutzsicherheit auf den Plan rief.
Im Gesundheitsamt des Landkreises Augsburg gibt es dieselben Überlegungen. „Wegen Personalknappheit haben auch wir bereits überlegt, ob es besser wäre, die Untersuchungen im Gesundheitsamt in Augsburg durchzuführen“, sagt die dort tätige Ärztin Dr. Kirsten Höersetzt.“ per. Diese Regelung hätte auch andere Vorteile. So müssten bisher einige Kinder ohnehin an einem gesonderten Termin zum Schularzt ins Gesundheitsamt ins Landratsamt nach Augsburg gebracht werden, wenn etwa eine Frage offen bleibe oder die U-9-Untersuchung noch nicht vorliege.
Ob die Untersuchung künftig zentral in Augsburg stattfindet und falls ja, ab wann, steht Höper zufolge derzeit noch nicht abschließend fest. „Im aktuellen Untersuchungszeitraum, also bis zur nächsten Einschulung, werden wir die Schuluntersuchungen sicher noch weiterführen wie bisher“, sagt sie.
Künftig soll sich die Schuleingangsuntersuchung ohnehin grundlegend ändern: Ab 2019/2020 soll schrittweise in ganz Bayern die Schuleingangsuntersuchung vom sogenannten Gesundheits- und Entwicklungsscreening im Kindergartenalter (Gesik) abgelöst werden. Augsburg gehört schon seit zwei Jahren zur Gesik-Modellregion im Freistaat. „Auf freiwilliger Basis können in Augsburg die Eltern ihre Kinder bereits im Alter zwischen vier und fünf Jahren freiwillig für die Gesik-Untersuchung anmelden. Im zweiten Jahr sind in Augsburg bereits 40 Prozent der Eltern diesen Weg gegangen“, sagt Waltraud Görs vom Staatlichen Schulamt.
So könne der eventuelle Förderbedarf noch früher festgestellt werden. Bei der derzeitigen Regelung würden diese Erkenntnisse teils sehr spät ans Tageslicht kommen. Görs: „Es geht nicht darum, die Kinder zu trimmen, sondern für Chancengleichheit zu sorgen.“
Die Schuleignungsuntersuchung wie auch die Gesik-Untersuchung werden in Augsburg zentral im Gesundheitsamt in der Innenstadt vorgenommen. Pro Jahrgang werden rund 2400 Kinder untersucht. „Als die Untersuchungen in Augsburg zentralisiert wurden, muss es auch viele lange Gesichter gegeben haben. Aber das Amt ist hier sehr gut mit der Straßenbahn erreichbar“, sagt Schularzt Bernhard Bobinger. Er sieht Vorteile bei der Untersuchung im Gesundheitsamt. „Viele Kindergärten haben gar nicht den richtigen Platz für solch eine Untersuchung“, sagt er.
Falls es Förderbedarf gebe, wären die Eltern gleich an der richtigen Adresse. Im Gesundheitsamt könne über weitere Maßnahmen gesprochen werden, wie sprachliche Vorkurse, Logopädische Therapie oder Ergotherapie.