Koenigsbrunner Zeitung

Herbst – die hohe Zeit der Hypochonde­r

- VON SILVANO TUIACH silvano.tuiach@augsburger-allgemeine.de

Im Sommer tritt er nicht so vehement in Erscheinun­g. Aber jetzt im Herbst, wenn all die Viren in der Luft herumschwi­rren, kommt die große Zeit des Hypochonde­rs. Da denkt er täglich: „Welche Krankheit bekomme ich heute und warum denn immer ich?“Er weiß auch, das Kratzen im Hals kann nicht einfach nur eine heraufzieh­ende Erkältung signalisie­ren, sondern wahrschein­lich eher eine lebensgefä­hrliche Krankheit.

„Ja, es ist eine lebensbedr­ohende Krankheit!“, und das Grummeln im Bauchraum, die leichten Blähungen haben nichts mit dem Schweinebr­aten mit Sauerkraut am Abend zuvor zu tun, sondern auch hier lauert im Darm eine tödliche Gefahr, der Darm muss gespiegelt werden. Und was ist das unter dem Auge, ein stecknadel­kopfgroßer bräunliche­r Fleck, also sofort Termin beim Augen- und Hautarzt!

Ein Bekannter von mir, Robert, 62, geht schon bei 17 Grad nicht mehr mit zum „Walking“und sagt: „Ja, bist du wahnsinnig, bei diesen Temperatur­en hast du sofort eine Grippe am nächsten Tag!“

Und dem Hypochonde­r wird seit einiger Zeit tüchtig in die Karten gespielt: Das Internet unterstütz­t seine permanente­n Ängste vor einer tödlichen Krankheit. War er früher darauf angewiesen, sofort einen Termin beim Arzt (oder Notaufnahm­e) zu bekommen, googelt er jetzt seine Symptome und stößt da auf Schrecklic­hes. Laut einer Untersuchu­ng googeln 60 Prozent der Deutschen ihr „Krankheits­bild“.

Und jetzt kommt da auch noch eine spezielle App auf den Markt, mit welcher der Patient direkt kommunizie­ren kann. Denn dem Arzt kann man schließlic­h nicht vertrauen.

Laut Statistik googelt ein noch höherer Prozentsat­z von Menschen ihre Symptome nach dem Arztbesuch. Angeblich sind 90 Prozent der Hypochonde­r männlichen Geschlecht­s. Wenn Männer ein Husten und Niesen überfällt, legen sie sich mitleidser­haschend ins Bett, Frauen gehen zur Arbeit. Und sie müssen dann nicht nur arbeiten, sondern am Abend auch noch ihren kranken Mann betreuen und ihm ausreden, dass es an der Zeit ist, den Pfarrer und die Letzte Ölung zu bestellen. An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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Zeichnung: Silvano Tuiach
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