Herbst – die hohe Zeit der Hypochonder
Im Sommer tritt er nicht so vehement in Erscheinung. Aber jetzt im Herbst, wenn all die Viren in der Luft herumschwirren, kommt die große Zeit des Hypochonders. Da denkt er täglich: „Welche Krankheit bekomme ich heute und warum denn immer ich?“Er weiß auch, das Kratzen im Hals kann nicht einfach nur eine heraufziehende Erkältung signalisieren, sondern wahrscheinlich eher eine lebensgefährliche Krankheit.
„Ja, es ist eine lebensbedrohende Krankheit!“, und das Grummeln im Bauchraum, die leichten Blähungen haben nichts mit dem Schweinebraten mit Sauerkraut am Abend zuvor zu tun, sondern auch hier lauert im Darm eine tödliche Gefahr, der Darm muss gespiegelt werden. Und was ist das unter dem Auge, ein stecknadelkopfgroßer bräunlicher Fleck, also sofort Termin beim Augen- und Hautarzt!
Ein Bekannter von mir, Robert, 62, geht schon bei 17 Grad nicht mehr mit zum „Walking“und sagt: „Ja, bist du wahnsinnig, bei diesen Temperaturen hast du sofort eine Grippe am nächsten Tag!“
Und dem Hypochonder wird seit einiger Zeit tüchtig in die Karten gespielt: Das Internet unterstützt seine permanenten Ängste vor einer tödlichen Krankheit. War er früher darauf angewiesen, sofort einen Termin beim Arzt (oder Notaufnahme) zu bekommen, googelt er jetzt seine Symptome und stößt da auf Schreckliches. Laut einer Untersuchung googeln 60 Prozent der Deutschen ihr „Krankheitsbild“.
Und jetzt kommt da auch noch eine spezielle App auf den Markt, mit welcher der Patient direkt kommunizieren kann. Denn dem Arzt kann man schließlich nicht vertrauen.
Laut Statistik googelt ein noch höherer Prozentsatz von Menschen ihre Symptome nach dem Arztbesuch. Angeblich sind 90 Prozent der Hypochonder männlichen Geschlechts. Wenn Männer ein Husten und Niesen überfällt, legen sie sich mitleidserhaschend ins Bett, Frauen gehen zur Arbeit. Und sie müssen dann nicht nur arbeiten, sondern am Abend auch noch ihren kranken Mann betreuen und ihm ausreden, dass es an der Zeit ist, den Pfarrer und die Letzte Ölung zu bestellen. An dieser Stelle blickt der Kabarettist Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.