Koenigsbrunner Zeitung

Trump will keinen Frieden

Hintergrun­d Nach den Wahlen zeigt sich der US-Präsident aggressive­r denn je. Er feuert seinen Justizmini­ster und sperrt Journalist­en aus

- VON KARL DOEMENS

Washington Seit fünf Jahren gehörte der Gang durch das nordwestli­che Eingangsto­r des Weißen Hauses für Jim Acosta zur täglichen Routine. Der CNN-Reporter zeigte dem Secret-Service-Mann bei der vorgelager­ten Sicherheit­skontrolle kurz seinen postkarten­großen Hausauswei­s und konnte passieren. Am Rande der Wiese hinter dem Gatter haben die großen Fernsehsen­der in wetterfest­en Zelten permanent ihre Kameras mit Blick auf das Regierungs­gebäude aufgebaut. Doch als der prominente Journalist mit den Gesichtszü­gen des jungen George Clooney am Mittwochab­end kurz vor 20 Uhr zu einer Live-Schalte eilen wollte, wurde er unerwartet gestoppt. Ein Beamter forderte die Herausgabe des Ausweises und zog ihn auf Anweisung der Regierung ein. Profi Acosta hielt die Szene in einem wackligen Handy-Video fest. „Ich weiß, Sie können nichts dafür“, sagt er dem Uniformier­ten höflich.

Genauso ist es. Kein Geringerer als der Präsident der Vereinigte­n Staaten von Amerika dürfte nämlich hinter dieser beispiello­sen Aktion stehen. Stunden zuvor hatte er sich mit Acosta in einer Pressekonf­erenz ein wildes Wortgefech­t geliefert. „Sie sind eine unverschäm­te Person. Sie sind ein Volksfeind“, hatte Donald Trump dem 47-Jährigen zugerufen. Anschließe­nd warf Trumps Sprecherin Sarah Sanders dem Journalist­en vor, die Hand einer Mitarbeite­rin berührt zu haben, die ihm das Mikrofon entreißen wollte. Als Beleg twitterte sie später ein offensicht­liches bearbeitet­es Video. Acostas Akkreditie­rung werde „bis auf Weiteres“entzogen, erklärte Sanders. Damit kommt Acosta nicht mehr an seinen Arbeitspla­tz und kann an den Regierungs-Pressekonf­erenzen nicht mehr teilnehmen.

Obwohl sich Trump nach den Kongresswa­hlen, bei denen die opposition­ellen Demokraten das Repräsenta­ntenhaus eroberten, die Republikan­er aber den Senat verteidigt­en, eigentlich als „großer Sieger“präsentier­en wollte, schaltete er bald auf einen extrem aggressive­n Angriffsmo­dus um. Er drohte den Demokraten, beschimpft­e und beleidigte mehrere Journalist­en, feuerte seinen seit langem angezählte­n Justizmini­ster Jeff Sessions und ließ seinem Lieblingsf­eind Acosta den Ausweis entziehen.

Kritiker werfen Trump vor, er handele nach der Devise: Angst gebiert Loyalität. Trump sieht Angriff als die beste Verteidigu­ng. „Hoffentlic­h wird der Umgangston jetzt etwas freundlich­er“, gab er sich bei der Pressekonf­erenz zunächst staatsmänn­isch versöhnlic­h. Doch schon im nächsten Satz drehte er die Richtung und beklagte sich, die Medien würden laufend Unwahrheit­en über ihn verbreiten: „Ich habe jedes Recht zurückzusc­hlagen“.

So lösten sich am ersten Tag nach den schicksalh­aften Kongresswa­hlen, denen ein hasserfüll­ter Wahlkampf Trumps mit rassistisc­hen Untertönen vorausgega­ngen war, alle Hoffnungen auf eine politische Entspannun­g und überpartei­liche Zusammenar­beit in nichts auf.

Bei einer Pressekonf­erenz im Weißen Haus las Trump zunächst von seinem Manuskript ab: „Jetzt ist die Zeit, parteipoli­tische Differenze­n zurückzust­ellen. Ich würde gerne Einigkeit sehen.“Doch kaum wurde ihm die erste Frage zu den Russland-Ermittlung­en gestellt, änderte er seinen Ton. Eine Journalist­in wollte wissen, wie er auf Untersuchu­ngen durch den Kongress reagieren würde. „Wenn das passiert, machen wir das Gleiche, und die Regierung kommt zum Stillstand. Und ich werde sie (die Demokraten, Anm. d. Red.) dafür verantwort­lich machen“, konterte der Präsident.

Anschließe­nd zog er namentlich über alle republikan­ischen Politiker her, die sich von ihm im Wahlkampf distanzier­t hatten. „Mia Love hat mich nicht geliebt“, verulkte er eine republikan­ische Kongressab­geordnete aus Utah: „Und sie hat verloren. Tut mir leid, Mia!“

In einer feindselig­en Atmosphäre ging Trump dann einzelne Journalist­en an. „Setzen Sie sich. Ich habe Sie nicht aufgerufen“, herrschte er eine schwarze Reporterin an, die eine Frage stellen wollte. Eine andere schwarze Fernsehkor­respondent­in fragte Trump, was er davon halte, dass rechtsextr­eme Rassisten seine Selbstbeze­ichnung als „Nationalis­t“als stillschwe­igende Bestätigun­g empfänden. „Das ist eine rassistisc­he Frage“, fuhr der Präsident die Journalist­in empört an.

Mit Acosta, der Trump seit langem wegen dessen unerschroc­kenen Fragen und politische­n Statements ein Dorn im Auge ist, lieferte sich Trump ein wildes Wortgefech­t. „Es reicht. Es reicht. Es reicht“, zischte er schließlic­h und deutete einer Mitarbeite­rin an, sie solle dem Reporter das Mikrofon wegnehmen. Dass Acosta das Mikrofon festhielt und kurz mit seiner Rückhand den Oberarm der Praktikant­in berührte, wird ihm nun vom Weißen Haus als Handgreifl­ichkeit ausgelegt.

Fragen zu seinem Justizmini­ster Sessions wehrte Trump bei der Pressekonf­erenz zunächst ab. Eine Stunde später erklärte der erzreaktio­näre Ex-Senator, der zu den frühesten Unterstütz­ern Trumps gehörte, auf ausdrückli­chen Wunsch des Präsidente­n seinen Rücktritt. Trump war seit langem mit Sessions unzufriede­n, weil dieser die Russland-Untersuchu­ngen von Sonderermi­ttler Robert Mueller nicht beendete. In Washington wird nun befürchtet, dass der Präsident als nächstes Mueller entlassen oder ihm die Geldmittel streichen lassen könnte. In der kriegerisc­hen Stimmung dazu scheint Trump gerade zu sein. „Ich könnte jeden feuern!“, brüstete er sich am Mittwoch.

„Sie sind eine unverschäm­te Person. Sie sind ein Volksfeind.“Donald Trump zu einem Journalist­en

 ?? Foto: Christy Bowe, Imago ?? Gute Laune sieht anders aus. US-Präsident Trump bügelt bei der Pressekonf­erenz nach den Kongresswa­hlen den CNN-Journalist­en Jim Acosta ab. Später verlor der prominente Medien-Mann seine Akkreditie­rung.
Foto: Christy Bowe, Imago Gute Laune sieht anders aus. US-Präsident Trump bügelt bei der Pressekonf­erenz nach den Kongresswa­hlen den CNN-Journalist­en Jim Acosta ab. Später verlor der prominente Medien-Mann seine Akkreditie­rung.

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