Koenigsbrunner Zeitung

Hoeneß kündigt Rückzug an

Der Präsident der Münchner spricht davon, sein Amt in den nächsten drei Jahren abzugeben. Wer sein Nachfolger werden soll, ist noch völlig offen

- VON TILMANN MEHL

München Uli Hoeneß überrascht gerne. Dem Präsidente­n des FC Bayern gefällt es, in verdutzte Gesichter zu schauen. So war es vor wenigen Wochen, als er auf der jetzt schon legendären Pressekonf­erenz die Medien ansatzlos angriff und nebenbei noch eine fundierte Analyse für den Verkauf des Linksverte­idigers Juan Bernat lieferte. Der habe einen gehörigen „Scheißdrec­k“gespielt. Nach dem ChampionsL­eague-Spiel seiner Bayern gegen Athen verblüffte der 66-Jährige schon wieder. Diesmal ließ er Züge von Demut erkennen. Demnach sei die Führungset­age der Münchner „nicht so arrogant, wie ihr alle glaubt“. „Ihr“– das sind die Journalist­en, die den Münchnern aus unerfindli­chen Gründen nachsagen, den deutschen Fußball immerzu dominieren zu wollen.

Die größte Überraschu­ng aber lieferte Hoeneß tags darauf. Im Rahmen des sächsische­n Wirtschaft­sdialogs „saxxess“in Dresden kündigte der Präsident der Münchner an, sein Amt nicht mehr allzu lange fortführen zu wollen. „Ich mache diesen Job noch zwei, drei Jahre und will meinem Nachfolger eine volle Kasse übergeben. Dann können sie mit dem Geld machen, was sie wollen“, sagte er laut Bild. Offenbar hängt die prägende Figur des FC Bayern der vergangene­n 30 Jahre nicht mehr derart fest an seinem Verein, wie viele annahmen. Ginge es nach ihm selbst, würde er schon schnell seine Ämter abgeben. „Der Nachfolger sollte jemand sein, der eine menschlich­e Seite hat. Und einer, der aus dem Fußball kommt. Wir müssen die Eier legende Wollmilchs­au suchen. Das wird schwer. Wenn ich wüsste, der oder der kann das, würde ich nächstes Jahr aufhören.“Hoeneß ist Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats und Präsident des FC Bayern. In dieser Funktion ist er bis zum November 2019 gewählt.

Durch seine Rücktritts­ankündigun­g hat Hoeneß Druck von der Mannschaft genommen. Bereits nach dem Spiel gegen Athen hatte er gesagt, dass die Münchner natürlich auch gerne ein siebtes Mal in Folge die Schale in Empfang nehmen würden, „aber wenn es mal nicht so ist, wird der FC Bayern auch nicht untergehen“. In das Spitzenspi­el am Samstag in Dortmund würde die von Niko Kovac trainierte Mannschaft als Außenseite­r gehen. „Wir haben eine Mannschaft, die im Umbruch ist. Wir haben einen jungen Trainer, der sich hier reinarbeit­en muss. Da muss man Geduld haben“, so Hoeneß – der bislang nicht durch ein Übermaß an Geduld mit den Trainern seines Vereins aufgefalle­n ist. Mit dem Ausblick auf eine Zeit ohne den Patriarche­n richtet sich der Fokus nun verstärkt auf Hoeneß – und mögliche Nachfolger. Gäbe es einen natürliche­n Erben, wäre er bekannt. So aber kann nur spekuliert werden, wer die Bayern künftig derart selbstbewu­sst präsentier­en soll, wie es bislang nur Hoeneß im Stande war. Möglicherw­eise zieht der Rückzug von Hoeneß größere strukturel­lere Umbauten nach sich. Kandidaten wie Philipp Lahm oder Oliver Kahn sind eher am operativen Geschäft interessie­rt denn am Repräsenti­eren. Dafür aber müssten Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidz­ic Teile ihrer Befugnisse abgeben.

Einmal in Laune, verblüffte Hoeneß die Zuhörer in Dresden noch ein weiteres Mal. Zur Pressekonf­erenz vor drei Wochen sagte er, man habe die „Wertigkeit mit dem Grundgeset­z etwas zu hoch gesetzt. Dadurch bekam alles einen etwas pathetisch­en Anstrich.“Einsicht bei Hoeneß. Und dann war da auch noch die Sache mit dem ehemaligen Linksverte­idiger. „Ich habe den Ex-Spieler Bernat in einer Art und Weise beleidigt, die nicht in Ordnung war. Ich würde das nie mehr in der Öffentlich­keit sagen, ich würde es höchstens denken.“Das geht ja beinahe schon als Entschuldi­gung durch. Der Macher des FC Bayern ist immer für eine Überraschu­ng gut. Das soll ihm erst mal einer nachmachen.

 ?? Foto: Teresa Tropf, dpa ?? Seit über 30 Jahren leitet Uli Hoeneß die Geschicke des FC Bayern in unterschie­dlicher Funktion. Nun ist ein Abschied von seinem Verein absehbar. In spätestens drei Jahren will sich der Präsident zurückzieh­en.
Foto: Teresa Tropf, dpa Seit über 30 Jahren leitet Uli Hoeneß die Geschicke des FC Bayern in unterschie­dlicher Funktion. Nun ist ein Abschied von seinem Verein absehbar. In spätestens drei Jahren will sich der Präsident zurückzieh­en.

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