Ein traumatisches Erlebnis überschattet seine Karriere
Luiz Felipe Scolari hat große Erfolge gefeiert – und eine schwere Niederlage erlebt
São Paulo Seine schwerste Niederlage kassierte Luiz Felipe Scolari bei der Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land. Das 1:7 der brasilianischen Seleção im WM-Halbfinale 2014 gegen Deutschland hat das Selbstverständnis der Fußballnation tief erschüttert. Doch Felipão – der große Felipe – will sich nicht vom dunkelsten Moment seiner Trainerkarriere definieren lassen. „Das 1:7 war eine Katastrophe, aber es hat nicht meine Karriere zerstört. Das Leben geht weiter“, sagt er.
Nach der Demütigung von Belo Horizonte heuerte Scolari zunächst bei Grêmio Porto Alegre an – und blieb dort glücklos. Nach zehn Monaten zog er weiter, nach China: Während seiner zwei Jahre im Reich der Mitte holte Scolari mit Guangzhou Evergrande den chinesischen Titel und die Asienmeisterschaft. Seit diesem Jahr steht er wieder bei Palmeiras São Paulo unter Vertrag. Er brachte den Verein bis ins Halbfinale der Copa de Libertadores und musste sich schließlich dem Finalisten Boca Juniors aus Buenos Aires geschlagen geben. Seinen Geburtstag kann er ganz entspannt feiern: Am Freitag wird er 70 Jahre alt.
Scolari gilt als Magier auf dem Platz, der wie kaum ein Zweiter eine Gruppe starker Persönlichkeiten zu einem Team formen kann – der „Familie Scolari“. Er pflegt ein väterliches Verhältnis zu den Spielern, stellt sich vor sie und verteidigt sie gegen Kritik. Im Gegenzug verlangt er harte Disziplin und bedingungslose Loyalität. Bei der WM 2002 holte Scolari den fünften Titel für Brasilien, bei der EM 2004 führte er Portugal bis ins Finale. Die WM 2014 in Brasilien endete mit einem Trauma. Dennoch ist er einer der besten und erfahrensten WM-Trainer der Welt: Dreimal führte er seine Teams mindestens bis ins Halbfinale und saß bei 21 WM-Partien auf der Bank.
Mit seinem Stil eckt Scolari auch immer mal wieder an. Er ist kein Anhänger des „Jogo bonito“(schönes Spiel), viele Brasilianer sehen in seinem defensiven Ansatz einen Verrat an der Fußballtradition des Landes. „Das Jogo bonito ist etwas für Freundschaftsspiele und Benefiz-Turniere“, sagte er einmal. „Wichtig ist zu gewinnen.“