Mio – ein schwacher, ein mutiger, ein starker Held
Regisseur Joachim von Burchard inszeniert Astrid Lindgrens „Mio, mein Mio“auf der Bühne des Martiniparks
In Bo Wilhelm Olsson, genannt Bosse, schlummert die Sehnsucht nach einer heilen Familie. Der Stockholmer Waisenjunge wünscht sich Eltern, die ihn lieben. Einen Vater wie Kumpel Benka ihn hat. Am Sonntag, auf der Bühne des Augsburger Martiniparks, erfüllen sich die Wünsche des Jungen. Im Land der Ferne begegnet er sei- nem Vater, dem König. Als Prinz Mio erfährt Bosse die Liebe, die ihm nie zuteilwurde. Getrübt wird das neue Familienglück allerdings von einer bösen Macht, dem despotischen Ritter Kato.
Regisseur des Familienstücks „Mio, mein Mio“ist Joachim von Burchard. Der 60-jährige Hannoveraner, selbst Schauspieler, gehört seit Beginn seines Studiums 1981 der Theaterszene an. Gründete sein eigenes Theater namens „Mahagoni“, inszenierte theaterfremde Stücke, schrieb selbst, entwarf und baute Bühnenbilder. Seit 2000 inszeniert und spielt er mit Theater 21 und Theater Matz für Kinder. Von Burchard arbeitet regelmäßig auch für deutsche Staatstheater, in Augsburg nun zum ersten Mal.
Astrid Lindgrens Märchen „Mio, mein Mio“ist nicht das erste Kinderstück, das von Burchard auf die Bühne bringt. Im Kinder- und Jugendtheater kennt er sich aus. Trotzdem sei die Inszenierung des Kinderbuchs absolutes Neuland, sagt er. Sein letztes Werk – der gestiefelte Kater – lebte wie viele andere seiner Kinderstücke von der Komödie. „Jetzt setzen wir weniger auf Klamauk, sondern mehr auf das Narrative.“Die Geschichte liefere eine große Portion erzählerischen Stoffs. Sie ist anrührend, verletzlich.
Mio wuchs in einer trostlosen Mietshausgegend auf, lebte dort unbeachtet von seinen Pflegeeltern. Doch die Tristesse der Geschichte bleibt bei von Burchard weitgehend im Hintergrund. Grund sei die Länge des Stoffs. Gleichzeitig will der Regisseur die Dramatik der Geschichte reduzieren. Sein Stück als Kinderkomödie zu bezeichnen, lehnt der 60-Jährige dennoch ab.
Ein bisschen Trauer bleibt. „Wir versuchen, den Stoff mit einer moderaten Portion Humor leichter zu machen.“Zum Beispiel, indem die Szenen im geheimnisvollen Land der Ferne auf eine noch surrealere Ebene gehoben werden. „Das geht über das Bühnensetting.“Aus der Burg des bösen Ritters Kato erwächst im Martinipark ein übergroßer Fisch und aus dem Pferd Miramis eine fliegende Wolke.
Auf einer Projektionsfläche sehen Zuschauer Landschaften, die mittels drei übereinanderliegender Videoebenen Lebendigkeit schaffen. Filmische Sounds untermalen das Stück zusätzlich. „Wir haben versucht, die Geschichte mit der heutigen Erzählebene der Kinder zu betrachten.“Vom Plot hält sich Regisseur von Burchard an Lindgrens Vorlage. Nur die Dramaturgie ändert er ab. Im Märchen stellt Mios Leben bei den Pflegeeltern eine große Sequenz dar. Auf der Augsburger Bühne ersetzt ein kurzer Prolog diesen Teil. Vordergründig geht es um die beiden Welten im Land der Ferne: das Wiedersehen zwischen Vater und Sohn sowie Mios Kampf gegen die dunkle Macht des Ritters Kato. Mit seinem Freund Jum Jum will er die Menschen vom Bösen befreien. Dabei entwickelt er sich zum tapferen Helden der Geschichte.
„Mio, mein Mio“zeige Kindern, was es heißt, mutig zu sein, Herausforderungen anzunehmen, sich gleichzeitig eigene Schwächen einzugestehen. „Weine, wenn du weinen willst, aber gehe darüber hinaus. Das ist die Moral von der Geschichte“, sagt von Burchard.
Sechs Darsteller präsentieren die Inszenierung am Sonntag im Martinipark. Das eineinhalbstündige Familienstück zur Weihnachtszeit läuft bis zum 17. Januar.