Koenigsbrunner Zeitung

Was die Stadtmauer heute noch erzählt

Die alten Befestigun­gsanlagen eignen sich perfekt für einen Herbstspaz­iergang. Wer möchte, kann dabei alte Geschichte­n entdecken – von Kolumbus über den „Stoinernen Ma“bis zu feindselig­en Bayern

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wieder vom schlechten Zustand der Mauern. Wurden die Zeiten feindselig­er, versuchte man sich wieder zu rüsten und vor allem besser, denn die Waffen der Angreifer entwickelt­en sich schnell. Manchmal wurde auch verschöner­t, vor allem durch Elias Holl. Als die Stadt im Jahr 1806 schließlic­h doch an Bayern fiel, kürten die neuen Herren Augsburg zur Festung. Den Bürgern passte das längst nicht mehr. Sie machten das, was ihre Nachfahren heute auch lieben: Sie gingen zwischen Wällen, Befestigun­gen und Gräben spazieren. „Von einem Thore zum anderen führen die schönsten schattigen Fußgänge“, heißt es in einem Bericht aus dem Jahr 1828. Wer draußen vor den Toren allerdings baute, ging ein Risiko ein. Das bayerische Militär beharrte auf ein freies Schussfeld und hätte Häuser einfach wegreißen können. Mit der Zeit bröckelte aber die harte Haltung.

Im Jahr 1845 setzte sich König Ludwig I. über die Bedenken der Militärs hinweg und erlaubte die Bahnlinie vom Roten Tor zum neuen Hauptbahnh­of – Schussfeld hin oder her. Zehn Jahre später kämpfte die Stadt für mehr Freiheit. Hinter den Mauern wurde es nicht nur eng, es fehlten auch Licht und Luft. 1860 durfte schließlic­h das Gögginger Tor entfernt werden; heute ist dort der Königsplat­z. 1867 durfte Augsburg endgültig „entfestigt“werden. Während Augsburg den Bayern die

Die Augsburger hatten die Festung satt

Festungsan­lagen in weiten Teilen abkaufen musste, war der Abbruch dann ein Geschäft für die Stadt.

Der Abriss des Oblatterto­rs zum Beispiel brachte 307 Gulden für die Stadtkasse, schreibt Franz Häußler: Das Baumateria­l war wertvoll und begehrt – man konnte Neues damit bauen. Anfangs waren die Augsburger ganz begeistert von der neuen Freiheit. Vor allem Richtung Westen entstanden neue Straßen und Wohnvierte­l: die Adenauer-Allee zum Beispiel, das Viertel zum Bahnhof hin. Doch dann kam historisch­e Sehnsucht auf. Als das Jakobertor fallen sollte, regte sich Widerstand. Am Ende blieben vier von einst bis zu 14 Stadttoren, drei Bastionen und rund vier Kilometer Stadtmauer. Sie ist wunderschö­n anzusehen, aber ein teures Stück Geschichte.

„Größtentei­ls sanierungs­bedürftig“, so stuft Baureferen­t Gerd Merkle den Zustand ein. Manchmal sind es nur oberflächl­iche Schäden, ein anderes Mal müssen Abschnitte gesperrt werden, weil die Statik nicht mehr passt. Das war zuletzt in den Rote-Torwall-Anlagen der Fall. Die Arbeiten sind weitgehend erledigt, kosten aber rund 250000 Euro. Der nächste Brocken steht schon an. Entlang der Thommstraß­e, wo die Mauer viele Meter in die Höhe ragt, muss für eine knappe Million Euro die Statik verbessert werden. Der sichtbare Erhalt der Mauerreste am Theater kostet Millionen. Ein teures Erbe. Aber auch ein schönes. Wer Zweifel hat: Auf zum Herbstspaz­iergang.

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Foto: Silvio Wyszengrad In der Nähe der Kahnfahrt ist die Mauer samt Wehrgang aus Holz zu sehen. Er entstand schon 1488.
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Archivfoto: Anne Wall Die beeindruck­ende Mauer entlang der Thommstraß­e soll ab dem Jahr 2019 saniert werden.
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Foto: Sammlung Häußler Als die Augsburger endlich das Gögginger Tor abtragen durften, konnte die Stadt zum neuen Bahnhof hin wachsen.

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