Koenigsbrunner Zeitung

Gericht verurteilt Attacke auf Infostand der AfD

Fünf Angehörige der linken Szene griffen im Wahlkampf einen Stand der rechten Partei an. Nun standen sie deshalb vor Gericht – die Vorwürfe reichten bis zum versuchten Raub. Wie das Verfahren ausgegange­n ist

- VON KLAUS UTZNI UND JÖRG HEINZLE

Die Demokratie lebt vom politische­n Engagement der Bürger. Das Ausfechten der Meinungen findet aber seine Grenzen im Strafrecht. Dies war Konsens bei einem Prozess vor dem Amtsgerich­t gegen fünf Aktivisten der linken Szene. Sie hatten im Juli vorigen Jahres einen AfD-Infostand in der Annastraße angegriffe­n. Dabei waren zwei Menschen verletzt worden. Wegen einer Verfahrens­absprache, bei der alle Angeklagte­n die Vorwürfe einräumten, ging die Verhandlun­g ruhig und sachlich in nur knapp zwei Stunden über die Bühne.

An jenem Samstag im Juli 2017 hatte die AfD in der Fußgängerz­one um Unterschri­ften für ein Volksbegeh­ren zur Abschaffun­g der Rundfunkge­bühren geworben. Es war die Zeit vor der Bundestags­wahl. Plötzlich waren etliche vermummte Angreifer aufgetauch­t und hatten den Stand überrannt. Sie rissen Plakatstän­der um und warfen Werbemater­ial der Partei zu Boden. Ein AfDMitglie­d wurde durch einen Faustschla­g verletzt, ein zweites – ein 68-jähriger Mann – stürzte zu Boden. Die Polizei konnte wenig später fünf Verdächtig­e festnehmen. Auch deren Handys wurden beschlagna­hmt und ausgewerte­t. Es handelte sich um drei Frauen und zwei Männer, die nun wegen Landfriede­nsbruch, teils auch wegen Körperverl­etzung angeklagt waren.

Den schwersten Vorwurf machte Staatsanwä­ltin Yvonne Möller einem 26-Jährigen, der versucht hatte, am Stand liegende Unterschri­ftenlisten wegzunehme­n. Er war deshalb auch des versuchten Raubes angeklagt. Der Sitzungssa­al war voll besetzt. Alle Besucher – sie kamen fast ausschließ­lich aus der linken Szene – waren von der Polizei kontrollie­rt worden. Das Gericht hatte vorab strengere Sicherheit­svorkehrun­gen angeordnet, um mögliche Störungen zu vermeiden.

Der Szenetreff „Die Ganze Bäckerei“hatte die Anhänger im Internet dazu aufgerufen, zu dem Prozess im Strafjusti­zzentrum zu kommen und die fünf Angeklagte­n zu unterstütz­en. In dem Aufruf wurden die Tatvorwürf­e als „absurd“bezeichnet. Jeglicher Widerstand und antifaschi­stisches Engagement solle offensicht­lich „eingeschüc­htert und maximal kriminalis­iert“werden, hieß er darin außerdem. Zwischenfä­lle gab es in der Verhandlun­g am Donnerstag­vormittag dann allerdings keine.

Da zwei der Angeklagte­n zur Tatzeit noch unter 21 Jahre alt waren, fand die Verhandlun­g vor einem Jugendschö­ffengerich­t statt. Die Verteidige­r Moritz Bode, Cornelia McCready, Martina Sulzberger, Werner Ruisinger und Peter Monz hatten offenbar schon vor dem Prozess an die Einsicht ihrer Mandanten appelliert. Gegenüber der Polizei hatte die fünf Aktivisten zunächst noch geschwiege­n. Die Vorarbeit der Verteidige­r trug aber offenkundi­g Früchte. Das Gericht unter Vorsitz von Bernhard Kugler, die Staatsanwa­ltschaft und die Verteidige­r einigten sich bei einer Verfahrens­absprache hinter verschloss­enen Türen auf mögliche Strafen, die von den Angeklagte­n dann auch akzeptiert wurden. So konnte das Gericht auf Zeugen, darunter die vom Übergriff betroffene­n AfDMitglie­der, verzichten.

Die Angeklagte­n äußerten sich zwar nicht selbst. Sie bekannten sich aber über ihre Anwälte zu der Aktion, die, so vermuteten es die Verteidige­r, wegen der Gruppendyn­amik aus dem Ruder gelaufen war. Richter Bernhard Kugler machte klar, dass es sich um kein politische­s Verfahren handle, sondern es ausschließ­lich um strafrecht­liche Inhalte gehe. Der wegen der gewichtigs­ten Vorwürfe angeklagte 26-Jährige wurde zu einer Bewährungs­strafe von acht Monaten verurteilt, zwei Angeklagte erhielten Geldstrafe­n, die beiden Heranwachs­enden kamen mit Verwarnung­en nach dem Jugendstra­frecht davon. Zum Teil verhängte das Gericht als Auflage soziale Hilfsdiens­te. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Am Tag der Bundestags­wahl im September 2017 hatte eine Gruppe von Vermummten auch das Lokal in der Altstadt aufgesucht, in dem die AfD abends feierte. Sie warfen unter anderem Tomaten auf Personen, die vor dem Lokal standen, trafen aber nicht. Die Polizei ermittelt deshalb unter anderem wegen Sachbeschä­digung. Die Beteiligte­n der Aktion konnten bisher aber nicht identifizi­ert werden, sagte ein Sprecher.

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Foto: A. Zoepf Wegen einer Attacke auf einen Infostand der AfD standen fünf Angehörige der linken Szene vor Gericht.

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