Gericht verurteilt Attacke auf Infostand der AfD
Fünf Angehörige der linken Szene griffen im Wahlkampf einen Stand der rechten Partei an. Nun standen sie deshalb vor Gericht – die Vorwürfe reichten bis zum versuchten Raub. Wie das Verfahren ausgegangen ist
Die Demokratie lebt vom politischen Engagement der Bürger. Das Ausfechten der Meinungen findet aber seine Grenzen im Strafrecht. Dies war Konsens bei einem Prozess vor dem Amtsgericht gegen fünf Aktivisten der linken Szene. Sie hatten im Juli vorigen Jahres einen AfD-Infostand in der Annastraße angegriffen. Dabei waren zwei Menschen verletzt worden. Wegen einer Verfahrensabsprache, bei der alle Angeklagten die Vorwürfe einräumten, ging die Verhandlung ruhig und sachlich in nur knapp zwei Stunden über die Bühne.
An jenem Samstag im Juli 2017 hatte die AfD in der Fußgängerzone um Unterschriften für ein Volksbegehren zur Abschaffung der Rundfunkgebühren geworben. Es war die Zeit vor der Bundestagswahl. Plötzlich waren etliche vermummte Angreifer aufgetaucht und hatten den Stand überrannt. Sie rissen Plakatständer um und warfen Werbematerial der Partei zu Boden. Ein AfDMitglied wurde durch einen Faustschlag verletzt, ein zweites – ein 68-jähriger Mann – stürzte zu Boden. Die Polizei konnte wenig später fünf Verdächtige festnehmen. Auch deren Handys wurden beschlagnahmt und ausgewertet. Es handelte sich um drei Frauen und zwei Männer, die nun wegen Landfriedensbruch, teils auch wegen Körperverletzung angeklagt waren.
Den schwersten Vorwurf machte Staatsanwältin Yvonne Möller einem 26-Jährigen, der versucht hatte, am Stand liegende Unterschriftenlisten wegzunehmen. Er war deshalb auch des versuchten Raubes angeklagt. Der Sitzungssaal war voll besetzt. Alle Besucher – sie kamen fast ausschließlich aus der linken Szene – waren von der Polizei kontrolliert worden. Das Gericht hatte vorab strengere Sicherheitsvorkehrungen angeordnet, um mögliche Störungen zu vermeiden.
Der Szenetreff „Die Ganze Bäckerei“hatte die Anhänger im Internet dazu aufgerufen, zu dem Prozess im Strafjustizzentrum zu kommen und die fünf Angeklagten zu unterstützen. In dem Aufruf wurden die Tatvorwürfe als „absurd“bezeichnet. Jeglicher Widerstand und antifaschistisches Engagement solle offensichtlich „eingeschüchtert und maximal kriminalisiert“werden, hieß er darin außerdem. Zwischenfälle gab es in der Verhandlung am Donnerstagvormittag dann allerdings keine.
Da zwei der Angeklagten zur Tatzeit noch unter 21 Jahre alt waren, fand die Verhandlung vor einem Jugendschöffengericht statt. Die Verteidiger Moritz Bode, Cornelia McCready, Martina Sulzberger, Werner Ruisinger und Peter Monz hatten offenbar schon vor dem Prozess an die Einsicht ihrer Mandanten appelliert. Gegenüber der Polizei hatte die fünf Aktivisten zunächst noch geschwiegen. Die Vorarbeit der Verteidiger trug aber offenkundig Früchte. Das Gericht unter Vorsitz von Bernhard Kugler, die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger einigten sich bei einer Verfahrensabsprache hinter verschlossenen Türen auf mögliche Strafen, die von den Angeklagten dann auch akzeptiert wurden. So konnte das Gericht auf Zeugen, darunter die vom Übergriff betroffenen AfDMitglieder, verzichten.
Die Angeklagten äußerten sich zwar nicht selbst. Sie bekannten sich aber über ihre Anwälte zu der Aktion, die, so vermuteten es die Verteidiger, wegen der Gruppendynamik aus dem Ruder gelaufen war. Richter Bernhard Kugler machte klar, dass es sich um kein politisches Verfahren handle, sondern es ausschließlich um strafrechtliche Inhalte gehe. Der wegen der gewichtigsten Vorwürfe angeklagte 26-Jährige wurde zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt, zwei Angeklagte erhielten Geldstrafen, die beiden Heranwachsenden kamen mit Verwarnungen nach dem Jugendstrafrecht davon. Zum Teil verhängte das Gericht als Auflage soziale Hilfsdienste. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Am Tag der Bundestagswahl im September 2017 hatte eine Gruppe von Vermummten auch das Lokal in der Altstadt aufgesucht, in dem die AfD abends feierte. Sie warfen unter anderem Tomaten auf Personen, die vor dem Lokal standen, trafen aber nicht. Die Polizei ermittelt deshalb unter anderem wegen Sachbeschädigung. Die Beteiligten der Aktion konnten bisher aber nicht identifiziert werden, sagte ein Sprecher.