Der Sprachlosigkeit eine Stimme geben
Der Königsbrunner Trauerredner Günter Sonnenwald greift ein Thema auf, vor dem sich viele am liebsten drücken. Doch es gibt auch Momente, in denen es für ihn schwierig wird
Königsbrunn Günter Sonnenwald hat eine Berufung: Er will der Sprachlosigkeit eine Stimme geben, so formuliert er es auch auf seiner würdevollen Empfehlungskarte.
Sich als Trauer- und Grabredner zu betätigen, diesen Entschluss fasste Sonnenwald auf einer Beerdigung vor rund fünf Jahren. Dort fiel ihm auf, dass der Verstorbene kaum erwähnt wurde, der Redner hauptsächlich allgemeine Aussagen traf und ein Großteil der Trauerfeier mit Gebeten und anderen Riten gefüllt war. „Für mich gehört der Verschiedene in den Mittelpunkt einer Trauerfeier und ist nicht nur Beiwerk“, erklärt der Königsbrunner, den viele Menschen kennen. Sei es als ehemaligen Stadtrat, als Moderator beim Seemannschor oder als Geschäftsmann.
Das Thema Tod interessiere ihn, sagt Sonnenwald: „Natürlich mache ich mir auch Gedanken über meine eigene Bestattung“. Für sich selbst hat er auch schon das meiste entschieden, viele Menschen möchten sich aber mit der Fragestellung „Was passiert nach meinem Tod?“im Vorfeld nicht auseinandersetzen. Und auf einmal haben die Hinterbliebenen die Aufgabe, für einen Verstorbenen eine würdige Trauerfeier zu organisieren. Oft genug seien die nächsten Angehörigen emotional in einer Ausnahmesituation.
Er selbst spricht völlig unbefangen über seine Rolle als Redner auf Beerdigungen und übernimmt nicht nur diesen Teil, sondern betätigt sich auch als Zeremonienmeister.
Sonnenwald, der diese Tätigkeit nebenberuflich ausübt, seitdem er im Ruhestand ist, wird von den Beerdigungsinstituten dann empfohlen, wenn die Hinterbliebenen oder auch der Verstorbene selbst keinen Pfarrer mit dieser Aufgabe betrauen wollen. Wobei die Wahl des Friedhofes keine Rolle spielt. Er ist sowohl in der städtischen, als auch der evangelischen oder katholischen Aussegnungshalle im Einsatz. Und auch nicht nur in Königsbrunn, sondern auch außerhalb.
Bevor es jedoch so weit ist, nimmt er sich die Zeit, mit den Hinterbliebenen ein ausführliches Gespräch zu führen und sagt: „Der Seelenfunke zwischen den Menschen und mir sollte überspringen.“Und das sei bisher auch immer der Fall gewesen.
Rund 80 Fragen über den oder die Verstorbene(n) flechte er im Gedankenaustausch ein. Gedankenaustausch deshalb, weil es eben keine Frage und Antwortrunde sei. Er scheue sich auch keineswegs, seine eigene Seelenlage im Gespräch sichtbar zu machen. Zu Beginn bittet er um ein Foto der Person, die gegangen ist, weil er wissen möchte, über wen er spricht. „Es muss auch nicht immer tieftraurig sein, nette Anekdoten wünsche ich mir, es muss auch mal erlaubt sein, zu schmunzeln“, erläutert Sonnenwald und führt aus: „Auch gerne während der Rede dann selbst.
Diese zu formulieren und aufzusetzen dauert seine Zeit, da sitze ich schon länger, um die richtigen Worte zu finden“. Und das sei manchmal schon sehr schwer, gerade bei Suiziden.
Wenn ihm mitten in der Nacht ein Gedanke kommt, steht er auf, um diesen zu formulieren und niederzuschreiben, sonst ist er am nächsten Morgen weg. „Ich versuche mit dem Instrument „Worte“Trost zu vermitteln“, erklärt der Trauerredner, wobei er trotz allem Mitgefühl darauf achtet, seine eigene Rührung nicht zu zeigen.
Um als Sprecher angemessen zu agieren, hat er eine professionelle Sprachausbildung absolviert. Auch ist ihm der Augenkontakt mit der Trauergemeinde während seines Vortrages wichtig.
Deshalb liest er sich die ausgearbeitete Rede mehrmals laut vor, um sich den Text einzuprägen. Auch legt er großen Wert darauf, diese mit den Angehörigen im Vorfeld durchzugehen. „Denn wenn ich etwas laut auf der Beerdigung ausgesprochen habe, dann ist es gesagt und kann nicht zurückgenommen werden“, erklärt Sonnenwald dazu. Eine Mutter habe beim Vorlesen vorab auch schon mal gesagt: „Die Rede ist so schön, ich freue mich schon darauf, sie beim Abschiednehmen zu hören.“
Auch eine Nachsorge gehört bei Sonnenwald dazu, wenn die Beerdigung vorbei ist, treffe er sich mit den Hinterbliebenen noch mal persönlich. Er hat schon so einiges erlebt als Trauerredner und ist auch offen für die Wünsche der Hinterbliebenen „Das einzige, was ich nicht mache, ist als Trauer- und Grabredner aktiv sein, wenn mir nahestehende Menschen sterben, das könnte ich gefühlsmäßig nicht mit der nötigen Contenance durchführen.“