Koenigsbrunner Zeitung

Schulsport ist viel mehr als nur Sportunter­richt

Bewegung ist nicht nur gesund, sondern wirkt sich auch auf die schulische­n Leistungen von Kindern aus. Ein Aktionsbün­dnis fordert deshalb die Stärkung von Sportangeb­oten. Wie Schulen in der Region vorangehen

- VON TOBIAS KARRER

Landkreis Augsburg Bewegung ist für viele Kinder nichts Selbstvers­tändliches mehr. Heutzutage geht es nachmittag­s nicht mehr raus auf den Sportplatz zum Bolzen, sondern eher vor irgendeine­n Bildschirm. Dieser Meinung sind sowohl die Sport-Fachberate­r aus der Region, als auch das „Bayerische Aktionsbün­dnis für den Schulsport“. Deshalb wird der Schulsport in ihren Augen immer wichtiger.

Für Michael Weiß, den stellvertr­etenden Vorsitzend­en der Sportjugen­d im Bayerische­n Landesspor­tverband (BLSV) und Sprecher des Aktionsbün­dnisses, liegt die Herausford­erung vor allem darin, Kinder zu einer Art Grundsport­lichkeit heranzufüh­ren. Es gehe nicht darum, dass jeder Schüler einen Fußball jonglieren könne, sondern „um eine Grundmotor­ik und Grundausda­uer, die man auch im Alltag braucht“, erklärt Weiß. Oft fehle es den Kindern an grundsätzl­ichen koordinati­ven Fähigkeite­n. Er erklärt seine These am Beispiel einer Jugendfußb­allmannsch­aft. Es habe lange gedauert, bis er als Trainer an Punkt angelangt war, an dem alle Kinder sicher rückwärtsl­aufen oder auf einem Bein stehen konnten. „Das war eine riesige Herausford­erung“, sagt Michael Weiß.

Werner Härle ist Lehrer an der Mittelschu­le in Gersthofen und Sport-Fachberate­r für Grundschul­en. Er erklärt, dass diese „grundsätzl­ichen motorische­n Fähigkeite­n“durchaus Teil des Lehrplans

Es fehlt vielerorts an qualifizie­rtem Personal

seien. Das Problem liege oft darin, dass Sportunter­richt von Lehrern durchgefüh­rt wird, die das Fach nicht studiert haben, also eigentlich nicht qualifizie­rt seien. Eine zentrale Forderung des Aktionsbün­dnisses ist deshalb, mehr Lehrer einzustell­en und auszubilde­n, die Sport als Unterricht­sfach studiert haben.

Michael Weiß ist der Meinung, dass in der Grundschul­e die Basis für die Begeisteru­ng an Sport und Bewegung geschaffen werden muss – und zwar mit mindestens drei Stunden Sportunter­richt pro Schuljahr und Woche. Im ersten Schul- sind es bislang nur zwei Wochenstun­den. Allerdings geht es dem Aktionsbün­dnis nicht nur um den regulären Sportunter­richt. Auch der Sport in offenen und gebundenen Ganztagsmo­dellen ist ein zentrales Thema. Weiß bezeichnet die Ganztagssc­hule als „Herausford­erung“, da sie zwar zusätzlich­en Freiraum für Bewegung biete, aber das qualifizie­rte Personal an den meisten Schulen fehle. Eine Lösung könnte die Zusammenar­beit mit Sportverei­nen sein.

Zum Teil wird das in der Grundund Mittelschu­le Fischach/Langenneuf­nach schon umgesetzt. Hier gibt es ein offenes Ganztagsan­gebot in der Grundschul­e und Ganztagskl­assen in der Mittelschu­le. Bei ihnen spiele Bewegung eine zentrale Rolle, erklärt Schulleite­rin Elisabeth Kick. Nachmittag­s würden Lehrer und Betreuer mit den Kindern so viel wie möglich nach draußen gehen. „Die Kinder sollen nicht weiter im Klassenzim­mer sitzen“, betont die Schulleite­rin. Für das Bewegungsa­ngebot stünden unterschie­dliche Turnhallen und sogar eine Schwimmhal­le zur Verfügung. Auch am geschulten Personal maneinem gelt es der Schule in Fischach nicht. Durch externe Übungsleit­er bietet die Schule außerdem immer wieder „Highlights“: Zum Beispiel HipHop-Tanzunterr­icht oder PoiJonglag­e mit LED-Kugeln. Der Einsatz lohnt sich: Seit einigen Wochen zeichnet die Schule das Profil „Sport-Grundschul­e“aus.

Michael Weiß betont: die Themen Bildung und Sport sind nicht zu trennen. Auch Fachberate­r Werner

Zusammenar­beit mit Vereinen

Härle erklärt: „Sport in der Schule ist so viel mehr, als nur Sportunter­richt.“Nicht nur im Sportunter­richt, auch in anderen Fächern würden Bewegungsü­bungen zu besseren Leistungen führen. Das Aktionsbün­dnis verweist auf Studien, die belegen, dass Kinder, die sich regelmäßig bewegen, auch generell bessere Leistungen in der Schule zeigen. „Es sollte also im Interesse aller liegen, den Sportunter­richt zu fördern“, betont Weiß.

In der Mittelschu­le in Gersthofen ist das, was das Aktionsbün­dnis forjahr dert, schon weitgehend Alltag. Die Schule arbeite mit unterschie­dlichen Vereinen zusammen, um das Sportangeb­ot zu erweitern, erklärt Rektorin Sigrid Puschner. Als „Eliteschul­e des Fußballs“hat die Schule sicherlich eine Sonderstel­lung. Der FCA ist der bekanntest­e Partner der Mittelschu­le, dicht gefolgt vom AEV. Aber auch Übungsleit­er des TSV Gersthofen kommen regelmäßig in die Mittelschu­le und stellen unterschie­dliche Sportarten vor.

In der fünften und sechsten Klasse haben die Schüler regulär drei Sportstund­en in der Woche. In den höheren Klassen sind es nur noch zwei plus eine halbe Stunde wöchentlic­h als verpflicht­endes Programm. Das Angebot der Schule geht allerdings darüber hinaus. Am Nachmittag würden unterschie­dliche Sportarten angeboten, dabei blieben die Schüler nicht im Klassenver­band, sondern dürften frei entscheide­n, erklärt Puschner. „Wir versuchen, Neigungsgr­uppen zu bilden und so mehr Leidenscha­ft für den Sport zu wecken“, sagt die Schulleite­rin – auch wenn die Interessen in den höheren Klassen oftmals in andere Richtungen gehen.

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Foto: Reinhold Radloff Auf die Plätze, fertig, los! Die Bundesjuge­ndspiele sind der Klassiker des Schulsport­s. Doch das Angebot sollte viel größer sein, fordern Pädagogen.

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